Was Olympiagold (nicht) verändert
Rodeln. Der Goldcoup von Pyeongchang dürfte das Leben des David Gleirscher nur kurzfristig in neue Bahnen geleitet haben. Potenzielle Sponsoren halten sich noch vornehm zurück.
Noch vor einem Monat wussten mit dem Namen David Gleirscher nur die wenigsten heimischen Sportfans etwas anzufangen, ehe die Fahrt zu Olympischem Gold im Eiskanal von Pyeongchang das Leben des 23-Jährigen zumindest vorübergehend auf den Kopf gestellt hatte. Gleirscher ist seit seinem Sensationscoup ein gefragter Interviewpartner, wird auf Ehrungen und Empfängen herumgereicht, grinst für Selfies mit Wildfremden in Handykameras. Für den eigentlich ruhigen Zeitgenossen Gleirscher ist das relativ viel Unruhe, der erste rot-weißrote Rodel-Olympiasieger im Herren-Einsitzer seit 50 Jahren aber genießt das unverhoffte Bad in der Menge, er sagt: „Die letzten Tage und Wochen waren richtig stressig, aber es ist schon cool, von derart vielen Leuten erkannt zu werden.“
Österreichs Rodler sind bei Olympischen Spielen chronisch erfolgreich, seit Albertville 1992 eine Medaillenbank. Dennoch führen sie hierzulande, verglichen mit Alpinen und Nordischen, ein Schattendasein. Das durch Olympiagold ausgelöste Interesse sei „ein Wahnsinn“. Allerdings, und dafür braucht es keinerlei hellseherische Fähigkeiten, es wird auch wieder abflachen, sogar relativ bald. Rodler wie David Gleirscher drehen sich in gewisser Weise im Kreis. Sie feiern Erfolge, werden bejubelt, „aber in den vier Jahren zwischen Olympischen Spielen herrscht längst nicht so ein Interesse“. Alpin-Asse oder Skispringer würden da schon ein ganz anderes Standing genießen, „aber wir können nicht mehr tun, als zu versuchen, erfolgreich zu sein und uns als Sportler bestmöglich zu positionieren“.
Wer dem Glauben verfällt, einem Rodel-Olympiasieger würden sich völlig neue, finanzielle Möglichkeiten auftun, der irrt gewaltig. Seit seiner Fahrt zu Gold ist noch kein einziger Sponsor auf Gleirscher zugegangen, „und ich habe auch nicht damit gerechnet, dass irgendjemand sofort auf mich losstürmt“. Die Region Stubai unterstützt den Jungvater schon längere Zeit, mit seinem Hauptsponsor wolle er in naher Zukunft auch das Gespräch suchen. Die Hoffnung, den Vertrag nachbessern zu können, ist gut begründet, „ich bin jetzt in einer besseren Verhandlungsposition“.
Vorerst aber bleibt die Philharmoniker-Kollektion im Wert von 17.000 Euro, die jeder österreichische Goldmedaillengewinner erhielt, das einzige Olympia-Zuckerl. Management besitzt Gleirscher keines, gelegentlich unterstützen ihn Vater Gerhard und Freundin Larissa in Sponsorenfragen. Das ist an sich nicht ungewöhnlich in der Szene, „dafür ist unser Sport zu klein“. Der Deutsche Felix Loch, sechsfacher Gesamtweltcupsieger, ist einer von wenigen mit einem professionellen Management.
Für David Gleirscher hat, anders als für die meisten Wintersportler, die Wettkampfsaison in Südkorea geendet. Am Sonntag hebt er für ein mehrtägiges Trainingslager gen Sotschi ab, am Olympia-Schauplatz von 2014 finden die Weltmeisterschaften 2020 statt. Dass der Sensations-Olympiasieger von Pyeongchang in der nächsten Weltcupsaison zu den Gejagten zählt, weist er schmunzelnd von sich. „Es ist jetzt nicht so, dass ich jedes Rennen gewinnen muss. Ich muss mich nicht verrückt machen lassen.“