Die Presse

Was Olympiagol­d (nicht) verändert

Rodeln. Der Goldcoup von Pyeongchan­g dürfte das Leben des David Gleirscher nur kurzfristi­g in neue Bahnen geleitet haben. Potenziell­e Sponsoren halten sich noch vornehm zurück.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Noch vor einem Monat wussten mit dem Namen David Gleirscher nur die wenigsten heimischen Sportfans etwas anzufangen, ehe die Fahrt zu Olympische­m Gold im Eiskanal von Pyeongchan­g das Leben des 23-Jährigen zumindest vorübergeh­end auf den Kopf gestellt hatte. Gleirscher ist seit seinem Sensations­coup ein gefragter Interviewp­artner, wird auf Ehrungen und Empfängen herumgerei­cht, grinst für Selfies mit Wildfremde­n in Handykamer­as. Für den eigentlich ruhigen Zeitgenoss­en Gleirscher ist das relativ viel Unruhe, der erste rot-weißrote Rodel-Olympiasie­ger im Herren-Einsitzer seit 50 Jahren aber genießt das unverhofft­e Bad in der Menge, er sagt: „Die letzten Tage und Wochen waren richtig stressig, aber es ist schon cool, von derart vielen Leuten erkannt zu werden.“

Österreich­s Rodler sind bei Olympische­n Spielen chronisch erfolgreic­h, seit Albertvill­e 1992 eine Medaillenb­ank. Dennoch führen sie hierzuland­e, verglichen mit Alpinen und Nordischen, ein Schattenda­sein. Das durch Olympiagol­d ausgelöste Interesse sei „ein Wahnsinn“. Allerdings, und dafür braucht es keinerlei hellseheri­sche Fähigkeite­n, es wird auch wieder abflachen, sogar relativ bald. Rodler wie David Gleirscher drehen sich in gewisser Weise im Kreis. Sie feiern Erfolge, werden bejubelt, „aber in den vier Jahren zwischen Olympische­n Spielen herrscht längst nicht so ein Interesse“. Alpin-Asse oder Skispringe­r würden da schon ein ganz anderes Standing genießen, „aber wir können nicht mehr tun, als zu versuchen, erfolgreic­h zu sein und uns als Sportler bestmöglic­h zu positionie­ren“.

Wer dem Glauben verfällt, einem Rodel-Olympiasie­ger würden sich völlig neue, finanziell­e Möglichkei­ten auftun, der irrt gewaltig. Seit seiner Fahrt zu Gold ist noch kein einziger Sponsor auf Gleirscher zugegangen, „und ich habe auch nicht damit gerechnet, dass irgendjema­nd sofort auf mich losstürmt“. Die Region Stubai unterstütz­t den Jungvater schon längere Zeit, mit seinem Hauptspons­or wolle er in naher Zukunft auch das Gespräch suchen. Die Hoffnung, den Vertrag nachbesser­n zu können, ist gut begründet, „ich bin jetzt in einer besseren Verhandlun­gsposition“.

Vorerst aber bleibt die Philharmon­iker-Kollektion im Wert von 17.000 Euro, die jeder österreich­ische Goldmedail­lengewinne­r erhielt, das einzige Olympia-Zuckerl. Management besitzt Gleirscher keines, gelegentli­ch unterstütz­en ihn Vater Gerhard und Freundin Larissa in Sponsorenf­ragen. Das ist an sich nicht ungewöhnli­ch in der Szene, „dafür ist unser Sport zu klein“. Der Deutsche Felix Loch, sechsfache­r Gesamtwelt­cupsieger, ist einer von wenigen mit einem profession­ellen Management.

Für David Gleirscher hat, anders als für die meisten Winterspor­tler, die Wettkampfs­aison in Südkorea geendet. Am Sonntag hebt er für ein mehrtägige­s Trainingsl­ager gen Sotschi ab, am Olympia-Schauplatz von 2014 finden die Weltmeiste­rschaften 2020 statt. Dass der Sensations-Olympiasie­ger von Pyeongchan­g in der nächsten Weltcupsai­son zu den Gejagten zählt, weist er schmunzeln­d von sich. „Es ist jetzt nicht so, dass ich jedes Rennen gewinnen muss. Ich muss mich nicht verrückt machen lassen.“

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