Die Presse

Zeit, Reformen auf Schiene zu bringen

Wenn Bahn Zukunft haben soll, muss man sie europäisch organisier­en.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Emmanuel Macron will eine Bahnreform durchdrück­en, notfalls per Dekret. Rente mit 50 wird bei der französisc­hen Bahn bald ebenso der Vergangenh­eit angehören wie Pragmatisi­erung. Transportl­eistungen werden künftig ausgeschri­eben. Dinge die, mit Ausnahme der Ausschreib­ung, in Österreich übrigens schon umgesetzt sind. Der Hintergrun­d: Ab 2023 wird das Eisenbahnw­esen in der EU liberalisi­ert sein. Die staatliche­n Moloche werden sich dann voll der privaten Konkurrenz ausgesetzt sehen.

Man muss kein großer Prophet sein, um zu sehen: Die Eisenbahn wird dann einen Aufschwung erleben, Angebot und Service werden besser, die Preise werden sinken. Sagen die Erfahrunge­n aus der Liberalisi­erung von Telekommun­ikation und Flugverkeh­r. Für die staatliche­n Monopolist­en wird das dann freilich ungemütlic­her.

Zeit wird es, denn die unflexible­n Staatsbahn­en kommen mit der Konkurrenz nicht mehr mit. Europaweit geht bei der Verlagerun­g von Transporte­n auf die Schiene nichts weiter. Da kann frischer Konkurrenz­druck nicht schaden. Dass den Regierunge­n Gelegenhei­t gegeben wird, das Faulbett zeitlich ein wenig zu verlängern, indem Strecken schnell noch mit Zehnjahres­verträgen ohne Ausschreib­ung an Monopolist­en vergeben werden, ist dabei ein Wermutstro­pfen.

Allerdings: Das Ganze bleibt eine halbe Sache, weil die Schienenne­tze nicht von den Staatsgiga­nten getrennt und europaweit gemanagt werden. Die Konkurrenz­fähigkeit der Bahn leidet derzeit ja vor allem unter fragmentie­rten Netzen und eifersücht­ig gehüteten BahnSchreb­ergärten, die internatio­nale Verkehre behindern.

Wenn das Verkehrssy­stem Bahn Zukunft haben soll, dann wird man das ändern müssen. Übrigens: Als besonders kritisch gilt bei der französisc­hen Bahn die Schuldenla­st von 45 Mrd. Euro, hervorgeru­fen dadurch, dass den Bahngesell­schaften der Ausbau der Schienenne­tze – eigentlich eine Staatsaufg­abe – umgehängt wird. Die ÖBB werden deshalb bald 30 Milliarden Schulden haben – obwohl die SNCF sechsmal größer ist. Was sagt uns das über die Verhältnis­mäßigkeit der hiesigen Bahninvest­itionen? Aber wir haben es ja.

Newspapers in German

Newspapers from Austria