Chinas Wirtschaft wächst stärker
Die Wirtschaft der Volksrepublik hat im Vorjahr um 6,8 Prozent zugelegt. Nun verspricht der Premier, den Markt für bislang verschlossene Sektoren zu öffnen.
Peking. Politisch erlebt China mit der Aufhebung der Amtszeitbegrenzung von Staats- und Parteichef Xi Jinping einen Rückfall in eigentlich längst überwunden geglaubte Zeiten. Mit der chinesischen Wirtschaft geht es aber weiter kräftig voran.
Zum Auftakt des Volkskongresses, Chinas einmal im Jahr tagenden Scheinparlaments, hat Premierminister Li Keqiang am Montag vor den 3000 Abgeordneten seinen Rechenschaftsbericht vorgelegt. Und die Zahlen können sich sehen lassen: Die Wirtschaft der Volksrepublik ist im vergangenen Jahr um 6,9 Prozent gewachsen und damit stärker als erwartet. Die chinesische Führung und Ökonomen hatten mit einem Wachstum von lediglich 6,5 Prozent gerechnet. Diesen Wert gibt Li nun für dieses Jahr für China vor. Die Inflation soll bei stabilen drei Prozent liegen.
Seit Xis Amtsübernahme vor fünf Jahren hat sich Chinas Anteil an der Weltwirtschaft damit von damals 11,4 Prozent auf inzwi- schen rund 15 Prozent erhöht. Das ist noch die bescheidene Lesart. Ökonomen des Internationalen Währungsfonds haben bereits vor zwei Jahren darauf hingewiesen, dass kaufkraftbereinigt Chinas Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt das der USA überholt hat. China wäre demnach bereits die größte Volkswirtschaft der Welt.
In seiner fast zweistündigen Auftaktrede am Montag hob Li vor allem Chinas Erfolge in der Digitalwirtschaft hervor. Netzwirtschaft, neue Werkstoffe und Antriebsformen für Autos, Biotechnologie, Robotik – alle diese Bereiche würden sich prächtig entwickeln, sagte Li und kündigte an, dass seine Regierung sie auch künftig üppig fördern werde. Zudem warb er um die Rückkehr der chinesischen Fachkräfte, die sich derzeit im Silicon Valley und an anderen führenden Hightechstandorten ausbilden lassen. „Gemeinsam werden wir ein digitales China aufbauen“, kündigte der chinesische Premier an.
Ein weiterer Wachstumstreiber: das Militär. Li kündigte an, dass das Verteidigungsbudget 2018 um 8,1 Prozent auf umgerechnet rund umgerechnet 142 Mrd. Euro steigen werde – so stark wie seit drei Jahren nicht mehr. Bereits in den vergangenen Wochen war durchgesickert, dass China unter anderem Tarnkappenbomber entwickele, in die Anwendung von künstlicher Intelligenz bei Waffensystemen investiere und einen Atom-Flugzeugträger baue. Westliche Diplomaten weisen darauf hin, dass die Ausgaben der Volksbefreiungsarmee sogar mindestens doppelt so hoch seien wie angegeben. Viele Ausgaben würden unter Forschungsausgaben verbucht.
Bis 2020 wird Armut beseitigt
Erfolge kann Li auch bei der Armutsbekämpfung verbuchen. So hat sich die Zahl der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, seit 2013 von rund 98 Millionen um 68 Millionen verringert. Die Führung hält an ihrem Ziel fest, dass bis 2020 in China die absolute Armut beseitigt sei. Und auch beim Umweltschutz hat China Li zufolge große Fortschritte gemacht. Die Zahl der Tage, an denen das chinesische Kernland unter einer Smogdecke verschwindet, hätte sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als halbiert.
Der Premier erwähnte auch einige Risken. Die ausufernden Schulden der Staatsbetriebe und Kommunen würden die chinesische Wirtschaft destabilisieren. Auch gegen Schattenbanken und dubiose Internetfinanzgeschäfte müsse die chinesische Regierung verschärft vorgehen. Als Zeichen für den Sparwillen kündigte Li an, das Staatsdefizit mit 2,6 Prozent der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 0,4 Prozentpunkte zu senken. „Die Grundlagen der chinesischen Wirtschaft bleiben jedoch gesund“, versicherte Li. „Wir sind völlig in der Lage, systematische Risken zu verhindern.“
Während viele ausländische Firmen ihre Bedingungen in China als immer schwieriger beschreiben, versprach der Premier, den Markt für bislang verschlossene Sektoren zu öffnen, zum Beispiel für den Telekommunikationsoder den Bankensektor. Offenbar als Antwort auf US-Präsident Donald Trump, der neue Strafzölle auf Exporte angekündigt hat, wolle China sich für den „Schutz des Freihandels“einsetzen, versicherte Li. Peking verspricht das aber nicht zum ersten Mal.