Was ist konservativ, und wer ist konservativ?
Über die Auferstehung eines politischen Begriffs – und hoffentlich auch der damit gemeinten Haltungen.
Konservativ galt unter vermeintlich fortschrittlichen Zeitgenossen lange Zeit als Vorwurf von veraltet und gänzlich unzeitgemäß. Der Konservativismus als politische Strömung war überhaupt völlig in der Versenkung verschwunden. Das hat sich in der jüngsten Zeit geändert.
Bevor noch Sebastian Kurz für seine „neue ÖVP“überhaupt in Anspruch nahm, konservativ zu sein, wurde es ihm von Kritikern schon zugeschrieben. Er habe eine „konservative Revolution von rechts“im Sinn, hieß es. Der Vorwurf ist eine bewusste Anspielung: Konservative Revolution wird als Sammelbegriff für das antidemokratische Schrifttum in der Weimarer Republik verwendet.
„Heimatlos“lautet der Titel eines Buches des angesehenen Autors der Hamburger „Zeit“Ulrich Greiner, in dem er sich als heimatlosen Konservativen zu erkennen gibt. Daran ist erstaunlich, dass er sich dazu erst im Alter und in den letzten Jahren entwickelt hat, wie er bekennt. Er hat aber nach eigenem Bekunden nie die CDU gewählt, und die CSU könne er, da er kein Bayer sei, nicht wählen.
Es fehlt nur das Wörtchen: leider, man versteht es aber auch so: Die CSU vertritt klarer konservative Positionen als die CDU. Grei- ner nennt auch den Grund für seine Heimatlosigkeit. In den „Leitmedien“von den öffentlich-rechtlichen Anstalten bis zu den tonangebenden Zeitungen herrsche ein „Anpassungsmoralismus, der gegensätzlichen Meinungen keinen Resonanzboden bietet“.
Den eigentlichen Anstoß für die neue Konservativismus-Debatte gab aber Alexander Dobrindt, der Vorsitzende der CSU-Landes- gruppe im Bundestag. In einem programmatischen Papier fordert er eine „bürgerliche Wende“für Deutschland. Dobrindt verwendet die Begriffe konservativ und bürgerlich synonym. 50 Jahre nach 1968 müsse „endlich klar“sein, dass Deutschland „nie links war, sondern immer bürgerlich“. Obwohl das so sei, herrsche eine „linke Meinungsvorherrschaft“, die die bürgerliche Mehrheit als Schauspiel ertragen müsse.
Dobrindt erntete dafür viel Spott und beckmesserische Kritik aus dem Feuilleton. Es sei doch das Bürgertum, das die Konsumenten für die vermeintlich linken Meinungen in Kultur, Kunst, Medien und Politik stelle, wurde ihm entgegengehalten. Die von Dobrindt beschworene Wertegemeinschaft des Abendlands sei es doch, die den Künsten zu ihrem Rang in Europa verholfen habe. Mit diesem dialektischen Kunstgriff aber weicht man den inhaltlichen Fragen aus, die Dobrindt stellt. Mit Ausnahme der bayerischen