Die Presse

Regierung schottet Arbeitsmar­kt länger ab

Türkis-Blau will die Sperre für kroatische Arbeiter bis 2020 verlängern, obwohl viele Betriebe über Fachkräfte­mangel klagen. Vor allem der Tourismus hatte sich eine rasche Öffnung gewünscht.

-

Die ÖVP-FPÖ-Regierung will den Arbeitsmar­kt aus Kroatien um zwei Jahre länger – bis 2020 – abschotten. Schon jetzt seien überdurchs­chnittlich viele Kroaten in Österreich arbeitslos, so dass man davon ausgehen müsse, dass es mit einer frühzeitig­en Öffnung des Arbeitsmar­ktes nicht zu einem Anstieg an Fachkräfte­n und Hochqualif­izierten, sondern zu einer höheren Arbeitslos­igkeit kommen würde, heißt es.

Wien. Österreich­s Arbeitsmar­kt bleibt vorerst zu – zumindest für sehr viele Kroaten. Die Regierung will die maximal erlaubte Übergangsf­rist von sieben Jahren voll ausschöpfe­n. Es seien schon jetzt überdurchs­chnittlich viele Kroaten in Österreich arbeitslos, sodass man davon ausgehen müsse, dass die Öffnung nicht zu einem Anstieg an Fachkräfte­n und Hochqualif­izierten, sondern zu einer höheren Arbeitslos­igkeit führen würde, hieß es am gestrigen Montag aus dem Bundeskanz­leramt.

Kroatien ist 2013 der EU beigetrete­n. Die Mitgliedsl­änder dürfen neuen EU-Ländern höchstens sieben Jahre lang ab dem Beitritt den Zugang zum Arbeitsmar­kt verweh- ren. In den meisten EU-Ländern, auch Deutschlan­d, haben Kroaten schon jetzt eine uneingesch­ränkte Arbeitserl­aubnis. In Österreich arbeiten laut Arbeitsmar­ktservice (AMS) aktuell 28.000 Kroaten, unter anderem über Kontingent­e für Saisonarbe­iter. AMS-Chef Johannes Kopf schätzt, dass im ersten Jahr nach der Arbeitsmar­ktöffnung rund 10.000 zusätzlich­e Kroaten nach Österreich kämen.

Kopf sprach sich deshalb in einem Arbeitspap­ier gegen die rasche Öffnung aus. Der Abbau der hohen Arbeitslos­igkeit in Österreich habe Priorität. Auch weil schon jetzt 4800 Kroaten in Österreich als arbeitslos gemeldet sind. Zudem ist die Arbeitslos­igkeit im Balkan-Land mit 10,4 Prozent hoch, was starken Zuzug nach Österreich zur Folge haben könnte. Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien sieht das anders: Es sei klüger, den Arbeitsmar­kt jetzt während der Hochkonjun­ktur zu öffnen als erst in zwei Jahren. Anders als die Regierung findet Hofer, dass der österreich­ische Arbeitsmar­kt die zusätzlich­en Beschäftig­ten aufnehmen könnte.

Tourismus will Öffnung

Im Tourismus hatte man sich die rasche Öffnung des Arbeitsmar­ktes gewünscht. Vor allem in den westlichen Bundesländ­ern klagen die Betriebe über Fachkräfte­mangel. Der Wunsch vieler Betriebe war, jene, die im Sommer in kroatische­n Tourismusb­etrieben arbeiten, für den Winter nach Österreich zu holen. Kritik übten am gestrigen Montag die Neos. Das Vorgehen der Regierung werde den Fachkräfte­mangel im Tourismus weiter verschärfe­n.

Während viele Kroaten vorerst draußen bleiben müssen, will die Regierung den Zuzug von NichtEU-Bürgern erleichter­n: Geplant ist, die Mangelberu­fsliste zu regionalis­ieren. Derzeit fehlen im Westen Köche, während es in Wien arbeitslos­e Köche gibt. Mit der reformiert­en Mangelberu­fsliste könnten die offenen Stellen leichter mit Drittstaat­sangehörig­en besetzt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria