Die SVP zwischen Renzi und Kurz
Südtirol. Die SVP sucht sich ihre Partner im politischen Spektrum flexibel aus: In Wien besucht Landeshauptmann Kompatscher die Schwesterpartei ÖVP. In Italien kandidierte sie am Sonntag im Mitte-Links-Bündnis. Wie geht das?
Die euphorischsten Glückwünsche, die es über den Brenner schafften, hatten eine kurze Anreise: Der Tiroler Landeshauptmann, Günther Platter, gratulierte seinem Amtskollegen Arno Kompatscher zum Abschneiden der Südtiroler Volkspartei bei der Parlamentswahl in Italien. Immerhin schafften alle Kandidaten, die die SVP für den Senat und die Abgeordnetenkammer nominiert hatte, am Sonntag tatsächlich den Einzug.
Für detailliertere Gespräche über den Ausgang der Wahl reiste Kompatscher dann allerdings selbst nach Österreich, und zwar bis nach Wien: Der Landeshauptmann traf am Dienstag unter anderem Bundeskanzler Sebastian Kurz und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Klassische Antrittsbesuche ohne konkrete weitere Themen auf der Agenda, hieß es. Immerhin hatten sowohl Kurz als auch Sobotka den Landeshauptmann noch nie in ihrer neuen Funktion offiziell empfangen.
Für beide Seiten ist es wichtig, den Kontakt zu pflegen: Einerseits wegen der Schutzfunktion, die Österreich gegenüber Südtirol hat. Andererseits, weil ÖVP und SVP zum Stammbaum der konservativen Sammelparteien gehören.
Breite Unterstützung vor der Wahl oder großes Lob für den Ausgang gab es von der österreichischen Regierung trotzdem nicht. Denn dieselbe SVP, die sich als Schwesterpartei der ÖVP versteht, kandidierte bei der italienischen Parlamentswahl im Mitte-LinksZusammenschluss. Und damit mit dem Partito Democratico, also den Sozialdemokraten des Ex-Premiers Matteo Renzi und seines Nachfolgers Paolo Gentiloni. Neben Trentino-Südtirol schaffte es das Bündnis nur in der Toskana, die Mehrheit der Stimmen zu erhalten.
Dass die SVP dieses Bündnis wählt, hat nicht wirklich ideologische Gründe. Vielmehr sind es pragmatische: Die Sozialdemokraten waren in der Vergangenheit zugänglicher für die Wünsche der Südtiroler Autonomie. Und ein Bündnis mit dem Mitte-Rechts-Lager hätte auch dieses Mal – zumindest indirekt – eine Zusammenarbeit mit Silvio Berlusconi bedeutet.
Der Zusammenschluss hatte im Vorfeld allerdings für Diskussionen gesorgt – auch parteiintern. Die Südtiroler ließen sich bevormunden, lautete der Vorwurf. Denn SVP und PD hatten sich darauf geeinigt, dass das Vorschlagsrecht für den mehrheitlich italienischsprachigen Wahlkreis Bozen bei den Sozialdemokraten liege. Renzi setzte den lokalen Politikern dabei regelrecht zwei seiner Vertrauensleute vor die Nase: die Staatssekretäre Maria Elena Boschi und Gianclaudio Bressa.
Die SVP versuchte zu beruhigen: Beide Kandidaten setzten sich massiv für die Autonomie Südtirols ein. Aufgeheizte Stimmung im Land oder gar in der eigenen Partei will sich Kompatscher nicht leisten. Immerhin finden im Herbst Landtagswahlen statt – und die Konkurrenz aus dem Spektrum wächst.
Apropos: Auch deswegen ist das Verhältnis zwischen Bozen und Wien zumindest etwas getrübt. Erstens, weil Kompatscher einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ nicht viel abgewinnen kann. Und zweitens, weil die Regierung bei den Doppelstaatsbürgerschaften vorpreschte. Das Thema kommt in Südtirol vor allem den Freiheitlichen zugute, die sich von Rom distanzieren wollen. Kein Wunder also, dass vor allem die FPÖ die Debatte befeuert.
Bei dem Wien-Aufenthalt sollten die Doppelstaatsbürgerschaften daher keine zentrale Rolle spielen, hieß es im Vorfeld aus Kompatschers Büro. Außenministerin Karin Kneissl kommunizierte dies im Nachhinein anders: Der Landeshauptmann habe mit ihr ein Gespräch „in entspannter Atmosphäre“über Staatsbürgerschaften geführt. Es brauche einen Trilog zwischen Österreich, Südtirol und Italien. Wer auch immer dort der neuen Regierung angehören wird. rechten