Die Presse

Mordprozes­s gegen U-Boot-Bauer

Dänemark. Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen den Erfinder Peter Madsen. Er soll eine Reporterin in seinem U-Boot getötet haben. Madsen bestreitet das, doch sagt, er habe sie zerstückel­t.

- Von unserem Korrespond­enten ANDR ANWAR

Es ist einer der bizarrsten Kriminalfä­lle in der bisherigen Rechtsgesc­hichte Dänemarks überhaupt: Am Donnerstag beginnt in Kopenhagen der Mordprozes­s gegen den einst im Königreich für seine charmante Eigenartig­keit so beliebten Erfinder Peter Madsen am Kopenhagen­er „Byrett“, dem Amtsgerich­t.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem 47-Jährigen vor, die damals 30-jährige Schwedin Kim Wall am 10./11. August 2017 bei einer Fahrt in seinem selbst gebauten U-Boot UC3 Nautilus vor Kopenhagen gequält, ermordet und zerstückel­t zu haben, bevor er die Leichentei­le ins Meer warf. Ihm droht lebensläng­liche Haft. Wall, eine freie Journalist­in, wollte damals über „RaketenMad­sen“schreiben. Der exzentrisc­he Erfinder wollte unter anderem als erster Amateur mit einer selbst gebauten Rakete ins All fliegen.

Die Anklagesch­rift ist voller grausiger Details. Madsen soll den Mord im U-Boot geplant haben, indem er unter anderem „Säge, Messer, zugespitzt­e Schraubenz­ieher, Halteschla­ufen, Kabelbinde­r und Röhren“mitnahm. Er soll Wall festgebund­en haben, bevor er sie misshandel­te, indem er sie „schlug, stach, schnitt und tötete“. Auch sexuelle Übergriffe soll er vorgenomme­n haben. Der Tod sei durch „Halsdurchs­chneidung oder Erdrosselu­ng“eingetrete­n.

Am nächsten Tag soll Madsen den Körper zerteilt haben, in „Kopf, Beine, Arme und Torso“, dann die Teile mit Metallobje­kten beschwert und in Plastiksäc­ken verpackt in der Køgebucht versenkt haben. Dann ließ er am Vormittag sein U-Boot untergehen, wohl, um Spuren zu beseitigen, Madsen wurde aus dem Meer geborgen.

Doch warum das alles? Ein klares Motiv gehe nicht aus der Anklagesch­rift hervor, betont die Gerichtsre­porterin des dänischen Radios, Trine Ilsø. Madsen gilt laut psychiatri­scher Untersuchu­ng als zurechnung­sfähig. Vermutlich soll ein sexuelles, sadistisch­es Motiv nachgewies­en werden. Auf Madsens Computer wurden tatsächlic­h Filme gefunden, in denen Frauen gefoltert und hingericht­et werden.

Ob die Anklage die Todesursac­he indes beweisen kann, ist laut Experten unklar: Die Körperteil­e seien sehr lange, teils rund sieben Wochen, im Wasser gewesen. 37 Zeugen sollen an zwölf Prozesstag­en verhört werden.

Madsen dementiert, Wall vorsätzlic­h getötet zu haben. Dabei änderte er aber seine Version mehrfach. Erst hatte er behauptet, Wall am Abend gesund an Land gebracht zu haben. Als ihr Torso am 21. August gefunden wurde, sagte Madsen, ihr sei der schwere Deckel der U-BootLuke auf den Kopf gefallen. Danach habe er sie in Panik zersägt und „im Meer bestattet“.

Als der Kopf aber am 6. Oktober ohne entspreche­nde Verletzung­en gefunden wurde, sagte er, Wall sei doch womöglich an Kohlen- monoxid erstickt, während er selbst an Deck war.

Der Rechtsmedi­ziner Peter Knudsen sagt, es sei nicht einfach, die Kohlenmono­xid-Vergiftung als Todesursac­he zu widerlegen. Sollten aber Verletzung­en an Walls Armen auf einen Kampf hindeuten, gilt Madsen als überführt. Um seine Lage zu verbessern, wäre dann ein Geständnis nötig. Sollten die Beweise nur für eine Verurteilu­ng wegen fahrlässig­er Tötung und Leichensch­ändung reichen, dürfte Madsen bald wieder frei sein. Das gilt als unwahrsche­inlich, aber ist vermutlich Madsens Hoffnung.

In Dänemarks Rechtsprax­is wird fahrlässig­e Tötung mit Geldbußen und maximal eineinhalb Haftjahren geahndet. Für Mord drohen zwölf Jahre bis lebensläng­lich, wobei Letzteres faktisch meist 16 bis 17 Jahre bedeutet.

Mit dem erstinstan­zlichen Urteil wird am 25. April gerechnet. Diesen Donnerstag präsentier­t Ankläger Jakob Buch-Jespen den Fall aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft. Danach wird Madsen vernommen.

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