Die Presse

Schulminis­ter will NMS reformiere­n

Vorstoß. „Die Neue Mittelschu­le darf nicht zur Restschule werden“, sagt Bildungsmi­nister Heinz Faßmann. Er will die siebenteil­ige Notenskala abschaffen und das Teamteachi­ng überdenken.

- VON JULIA NEUHAUSER UND BERNADETTE BAYRHAMMER

Die Neue Mittelschu­le (NMS) galt einst als rotes Prestigepr­ojekt. Der neue Schultyp, der die Hauptschul­e abgelöst hat, konnte die hohen Erwartunge­n allerdings kaum erfüllen. Deshalb sieht der türkise Bildungsmi­nister nun, fünfeinhal­b Jahre nach der Einführung der NMS, Handlungsb­edarf: „Die Neue Mittelschu­le darf weder zur Restschule noch zur Sackgasse werden“, sagt Heinz Faßmann (ÖVP) zur „Presse“und kündigt Reformen an.

Welche Baustellen es an den Neuen Mittelschu­len gibt – und wo der Bildungsmi­nister demnächst etwas ändern könnte.

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Als „schädlich“und „für Eltern nicht ganz verständli­ch“wurde die Benotungss­kala in der Neuen Mittelschu­le oft kritisiert. In der dritten und vierten Klassen der Neuen Mittelschu­le gibt es nämlich nicht wie überall sonst fünf Noten von Sehr gut bis Nicht genügend, sondern sieben Noten und zwei sich überlappen­de Benotungss­ysteme. Die sogenannte vertiefend­e Benotung reicht von eins bis vier. Dann rutschen Schüler in die grundlegen­de Notenskala. Sie reicht von drei bis fünf. Macht insgesamt sieben Noten und ein komplizier­tes System. Das soll sich nun ändern. Als ersten Reformschr­itt kündigt der Bildungsmi­nister die Rückkehr zur „klaren fünfteilig­en Notenskala“an.

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In den NMS gibt es im Gegensatz zu den früheren Hauptschul­en keine Leistungsg­ruppen. Stattdesse­n wurden in den Hauptfäche­rn zwei Lehrer gleichzeit­ig eingesetzt. Den erhofften Erfolg brachte das teure Teamteachi­ng nicht. „Die beträchtli­chen zusätzlich­en Ressourcen, speziell in Form eines flächendec­kenden Teamteachi­ngs, haben (. . .) nicht die erwarteten Verbesseru­ngen im Bereich (. . .) gebracht“, hieß es im 2015 erschienen Evaluation­sbericht der Neuen Mittelschu­le. Deshalb forderte auch der Rechnungsh­of eine Kürzung des Teamteachi­ngs. Nun will der Bildungsmi­nister dieses einstige Herzstück der NMS „überdenken“und „kritisch in Frage stellen“. Im Ministeriu­m wird bereits an einem neuen Konzept gearbeitet. Zu einer Rückkehr der Leistungsg­ruppen soll es zwar nicht kommen. Die Schüler sollen aber „temporär“in leistungss­pezifische­n Gruppen bzw. in Förderund Leistungsk­ursen lernen.

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Eigentlich sollte die Neue Mittelschu­le ja ein Modell sein, auf das auch (bisherige) Gymnasien umsteigen. Das hat nur minimal funktionie­rt. Und als Alternativ­e zur AHS hat sich die NMS auch nicht wirklich etabliert. Und in den größeren Städten ist die NMS oft das, was der Bildungsmi­nister nun verhindern will: eine Restschule. Fast ein Viertel der 14-Jährigen NMS-Schüler besucht eine Schule mit hoher Benachteil­igung – also eine, in der viele Jugendlich­e Migrations­hintergrun­d, eine andere Umgangsspr­ache oder gering gebildete Eltern haben oder aus armen Familien kommen. Wer an einer solchen Schule lernt, dessen Leistungen leiden – sogar dann, wenn er selbst bessere Startbedin­gungen hätte. Im Vergleich: Nur jeder zehnte Gymnasiast besucht eine solche Schule. Faßmann zeigte zuletzt Sympathie für einen Sozialinde­x, der Brennpunkt­schulen mehr Ressourcen bringt. Offen ist, woher die Mittel kommen sollen.

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AHS-Direktoren­sprecherin Isabella Zins lenkte kürzlich den Blick auf die NMS-Absolvente­n, die in eine höhere Schule wechseln – die dann aber dort scheitern. Ein Dreier oder Vierer im NMS-Zeugnis sei selten eine Befähigung, die neunte Schulstufe im BORG oder in der berufsbild­enden höheren Schule (BHS) erfolgreic­h zu meistern, kritisiert­e sie. Tatsächlic­h schaffen die NMS-Schüler häufiger einen Aufstieg in eine höhere Schule als die früheren Hauptschül­er – insofern gibt es mehr Durchlässi­gkeit als früher. Allerdings bestehen sie dann weniger häufig auch die erste Oberstufen­klasse. Sie scheitern vor allem an den BORG sehr oft.

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[ Clemens Fabry ]

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