Schulminister will NMS reformieren
Vorstoß. „Die Neue Mittelschule darf nicht zur Restschule werden“, sagt Bildungsminister Heinz Faßmann. Er will die siebenteilige Notenskala abschaffen und das Teamteaching überdenken.
Die Neue Mittelschule (NMS) galt einst als rotes Prestigeprojekt. Der neue Schultyp, der die Hauptschule abgelöst hat, konnte die hohen Erwartungen allerdings kaum erfüllen. Deshalb sieht der türkise Bildungsminister nun, fünfeinhalb Jahre nach der Einführung der NMS, Handlungsbedarf: „Die Neue Mittelschule darf weder zur Restschule noch zur Sackgasse werden“, sagt Heinz Faßmann (ÖVP) zur „Presse“und kündigt Reformen an.
Welche Baustellen es an den Neuen Mittelschulen gibt – und wo der Bildungsminister demnächst etwas ändern könnte.
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Als „schädlich“und „für Eltern nicht ganz verständlich“wurde die Benotungsskala in der Neuen Mittelschule oft kritisiert. In der dritten und vierten Klassen der Neuen Mittelschule gibt es nämlich nicht wie überall sonst fünf Noten von Sehr gut bis Nicht genügend, sondern sieben Noten und zwei sich überlappende Benotungssysteme. Die sogenannte vertiefende Benotung reicht von eins bis vier. Dann rutschen Schüler in die grundlegende Notenskala. Sie reicht von drei bis fünf. Macht insgesamt sieben Noten und ein kompliziertes System. Das soll sich nun ändern. Als ersten Reformschritt kündigt der Bildungsminister die Rückkehr zur „klaren fünfteiligen Notenskala“an.
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In den NMS gibt es im Gegensatz zu den früheren Hauptschulen keine Leistungsgruppen. Stattdessen wurden in den Hauptfächern zwei Lehrer gleichzeitig eingesetzt. Den erhofften Erfolg brachte das teure Teamteaching nicht. „Die beträchtlichen zusätzlichen Ressourcen, speziell in Form eines flächendeckenden Teamteachings, haben (. . .) nicht die erwarteten Verbesserungen im Bereich (. . .) gebracht“, hieß es im 2015 erschienen Evaluationsbericht der Neuen Mittelschule. Deshalb forderte auch der Rechnungshof eine Kürzung des Teamteachings. Nun will der Bildungsminister dieses einstige Herzstück der NMS „überdenken“und „kritisch in Frage stellen“. Im Ministerium wird bereits an einem neuen Konzept gearbeitet. Zu einer Rückkehr der Leistungsgruppen soll es zwar nicht kommen. Die Schüler sollen aber „temporär“in leistungsspezifischen Gruppen bzw. in Förderund Leistungskursen lernen.
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Eigentlich sollte die Neue Mittelschule ja ein Modell sein, auf das auch (bisherige) Gymnasien umsteigen. Das hat nur minimal funktioniert. Und als Alternative zur AHS hat sich die NMS auch nicht wirklich etabliert. Und in den größeren Städten ist die NMS oft das, was der Bildungsminister nun verhindern will: eine Restschule. Fast ein Viertel der 14-Jährigen NMS-Schüler besucht eine Schule mit hoher Benachteiligung – also eine, in der viele Jugendliche Migrationshintergrund, eine andere Umgangssprache oder gering gebildete Eltern haben oder aus armen Familien kommen. Wer an einer solchen Schule lernt, dessen Leistungen leiden – sogar dann, wenn er selbst bessere Startbedingungen hätte. Im Vergleich: Nur jeder zehnte Gymnasiast besucht eine solche Schule. Faßmann zeigte zuletzt Sympathie für einen Sozialindex, der Brennpunktschulen mehr Ressourcen bringt. Offen ist, woher die Mittel kommen sollen.
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AHS-Direktorensprecherin Isabella Zins lenkte kürzlich den Blick auf die NMS-Absolventen, die in eine höhere Schule wechseln – die dann aber dort scheitern. Ein Dreier oder Vierer im NMS-Zeugnis sei selten eine Befähigung, die neunte Schulstufe im BORG oder in der berufsbildenden höheren Schule (BHS) erfolgreich zu meistern, kritisierte sie. Tatsächlich schaffen die NMS-Schüler häufiger einen Aufstieg in eine höhere Schule als die früheren Hauptschüler – insofern gibt es mehr Durchlässigkeit als früher. Allerdings bestehen sie dann weniger häufig auch die erste Oberstufenklasse. Sie scheitern vor allem an den BORG sehr oft.
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