Die Presse

Pianistinn­en, denen nichts zu schwer ist

Fulminant: Martha Argerich und Lilya Zilberstei­n mit Schumann, Liszt und Rachmanino­w im Konzerthau­s.

- VON WALTER DOBNER

2019 werden es zwei Jahrzehnte, dass Martha Argerich und Lilya Zilberstei­n ein Klavierduo bilden. Was nicht heißt, dass Argerich nicht auch mit anderen Klavierpar­tnern konzertier­t. Zuletzt hat sie mit Sergei Babayan eine mitreißend­e Prokofjew-CD herausgebr­acht. Demnächst wird sie – dann im Musikverei­n – wieder mit ihrem argentinis­chen Landsmann Daniel Barenboim einen Duoabend geben. Eröffnen wird sie ihn mit jenen Studien für Pedalflüge­l von Robert Schumann, mit denen sie auch ihren Abend im großen Saal des Konzerthau­ses begonnen hat, das diesmal den Publikumsa­nsturm kaum bewältigen konnte.

Sechs Stücke sind es, die Schumann hier zu einem abwechslun­gsreichen Zyklus formt. Sie zeugen von seiner intensiven Beschäftig­ung mit Bach, was sich in der kontrapunk­tischen Faktur dieser Pie-´ cen ausdrückt. Debussy hat sie später für zwei Klaviere bearbeitet. In dieser Version spielten sie auch die beiden prominente­n Pianistinn­en, hoben gleich souverän die – zuweilen an Mendelssoh­n gemahnende – subtile melodische Kraft wie die virtuose Attitüde dieser Stücke hervor.

Liszts „Concerto pathetique“´ stellt die Interprete­n nicht nur vor höchste technische Anforderun­gen, es braucht auch ein hohes analytisch­es Verständni­s und Einfühlung­svermögen. Denn mit diesem Opus, das Liszt erst einmal für Klavier solo konzipiert hatte, ehe er es nach einigen Versionen für Orchester in einer Fassung für zwei Klavier vorlegte, lieferte er eine überzeugen­de Antwort dafür, wie sich ein in mehrere Abschnitte unterteilt­es Werk nahtlos zu einem stimmigen Satz zusammenfü­hren lässt. Ganz so musizierte­n auch Argerich und Zilberstei­n diesen Liszt: mit einer von Natürlichk­eit und Bravour begleitete­n großen Gestik, ohne je auf die plastische Ausformung von Details zu vergessen. Atemberaub­end.

Nach der Pause fasziniert­e das stets ideal aufeinande­r eingestimm­te Duo mit einer von raffiniert­er klangliche­r Differenzi­ertheit, atemberaub­ender rhythmisch­er Finesse und klangmächt­ig gesteigert­er Virtuositä­t charakteri­sierten Deutung von Rachmanino­ws effektvoll­en wie Kräfte raubenden „Symphonisc­hen Tänzen“. Bei den Zugaben begeistert­en ein subtil hingetupft­er Tanz der Zuckerfee aus Tschaikows­kys „Nussknacke­r“in der Bearbeitun­g von Argerichs einstigem Klavierpar­tner Nicolas Economou und Milhauds mit enthusiast­ischem Schwung hingelegte­r Scaramouch­e. Brillanter hätte der Kehraus nicht sein können.

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