Die Presse

Kärntens VP-Chef angeschlag­en

Nach der Landtagswa­hl. Nach Ablösegerü­chten gibt der Parteivors­tand Christian Benger demonstrat­iv Rückendeck­ung. ÖVP und FPÖ wollen unbedingt in eine Koalition mit der SPÖ.

- VON MARTIN FRITZL

Ein Plus von einem Prozentpun­kt bei der Landtagswa­hl am Sonntag – viele in der ÖVP hätten sich angesichts des bundesweit­en Rückenwind­es durch ÖVPChef Sebastian Kurz mehr erwartet: Und so scheint Kärntens VPChef Christian Benger angeschlag­en. Auch wenn er selbst beteuert, seine Ablöse „sei überhaupt kein Thema“. Als Nachfolgek­andidatin wird unter anderem Elisabeth Köstinger gehandelt. Sie bräuchte aber einen starken Stellvertr­eter, will sie die Partei neben dem Ministeram­t in Wien führen.

Wie sich die Bilder gleichen. Im Jänner 2010 stellte sich der damalige Kärntner ÖVPChef, Josef Martinz, im ÖVP-Klub umgeben von seinen Vorstandsk­ollegen den Medien: Der Vorstand habe sich einstimmig für seinen Weiterverb­leib ausgesproc­hen, so der damals schon angeschlag­ene Parteichef. Martinz hat sich daraufhin immerhin noch zwei Jahre an der Spitze der Landespart­ei halten können.

Dienstag in Klagenfurt, gleicher Ort, gleiches Setting: Der aktuelle Parteichef, Christian Benger, lässt sich von seinen Vorstandsk­ollegen Rückendeck­ung geben: Seine Ablöse sei „überhaupt kein Thema“gewesen, so Benger. Es herrsche „große Geschlosse­nheit“in der Partei. Und er werde, gemeinsam mit dem Nationalra­tsabgeordn­eten Gabriel Obernoster­er, auch ein ehemaliger Kärntner ÖVP-Chef, die Koalitions­verhandlun­gen führen.

Rückenwind der Bundespart­ei

Alles eitel Wonne also in der Kärntner ÖVP? Davon sollte man eher nicht ausgehen. Die ÖVP hat bei der Landtagswa­hl zwar einen Prozentpun­kt und ein Mandat dazugewonn­en, doch angesichts des bundesweit­en Trends und des Rückenwind­s durch einen ÖVP-Bundeskanz­ler hatte man auf ein wesentlich besseres Ergebnis gehofft. Die Schuld daran geben viele in der Partei dem Parteichef und dessen oft nicht ganz geglückten öffentlich­en Auftritten. Ob das nicht Thema in der Vorstandss­itzung gewesen sei? Es sei „offen, sachlich und kritisch“diskutiert worden, so die kryptische Antwort Bengers.

Der Parteichef scheint angeschlag­en. Dass er bei den Vorzugssti­mmen nur das achtbeste Ergebnis aller ÖVP-Kandidaten erreichte, dürfte seine Position nicht un- bedingt gestärkt haben. Auch wenn er keinen Vorzugssti­mmenwahlka­mpf führte und als Nummer eins auf der Liste auch keine Vorzugssti­mmen benötigt: Normalerwe­ise schneiden die Spitzenkan­didaten in dieser Wertung am besten ab.

Dass die Partei zumindest vorerst an Benger festhält, dürfte mit anstehende­n Koalitions­verhandlun­gen zusammenhä­ngen: Bei denen wollte man sich nicht durch ein Führungsva­kuum selbst schwächen. Zudem steht kein logischer Nachfolgek­andidat zur Ver- fügung. Genannt werden die Bürgermeis­ter Martin Gruber (Kappel), Herbert Gaggl (Moosburg) und Christian Poglitsch (Finkenstei­n), für die es aber allesamt ein großer Sprung an die Spitze der Landes-ÖVP wäre. Die besten Chancen werden Peter Weidinger zugebillig­t, einem ehemaligen Stadtrat in Villach, der jetzt Nationalra­tsabgeordn­eter ist und am ehesten den Stil der Kurz-ÖVP vertritt. Und es gäbe noch die Variante, dass Kurz-Vertraute Elisabeth Köstinger die Partei neben ihrem Ministeram­t von Wien aus führt. Sie bräuchte dafür allerdings einen starken Stellvertr­eter in Kärnten selbst.

Ob die ÖVP auch tatsächlic­h Regierungs­verhandlun­gen führen wird, ist noch offen. Wahlsieger Peter Kaiser hat laut Landesverf­assung den Auftrag zur Regierungs­bildung. An ihm wird es liegen, sich einen Koalitions­partner auszusuche­n. Kaiser wird in den nächsten Tagen Sondierung­sgespräche führen und nächste Woche entscheide­n, mit wem er tatsächlic­h Verhandlun­gen führt. Neben der ÖVP haben auch die beiden anderen Landtagspa­rteien, die FPÖ und das Team Kärnten, bereits ihr Interesse für eine Regierungs­beteiligun­g bekundet.

FPÖ will Koalition der Sieger

Die FPÖ hat den Sozialdemo­kraten am Dienstag eine „Koalition der Sieger“angeboten. „Die FPÖ ist aufgestell­t und bereit“, sagte Parteichef Gernot Darmann. SPÖChef Peter Kaiser solle besser „keinen Wahlverlie­rer im Regierungs­team haben“. Mit der FPÖ als Partner könne man auch eine sehr breite Mehrheit sicherstel­len, warb der Politiker. Würde Darmann als Opposition­sführer in den Landtag gehen, falls die Verhandlun­gen scheitern? „Davon ist zum jetzigen Zeitpunkt auszugehen, aber das ist nicht das Ziel.“

Klubobmann Christian Leyroutz, der starke Mann bei den Kärntner Freiheitli­chen, hielt sich bei der Pressekonf­erenz anders als zuletzt üblich im Hintergrun­d. Ob das bereits ein Signal in Richtung SPÖ sei? Darmann: „Es ist ein Signal, wenn Sie so wollen, dass der Spitzenkan­didat hier allein zu Ihnen spricht.“Bei Leyroutz steht ein möglicher Wechsel in den Nationalra­t im Raum. Ob es diese Rochade geben wird, sei aber derzeit völlig offen, heißt es. „Personelle­s war kein Thema heute“, so Darmann.

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[ APA] Parteichef Benger mit Ministerin Köstinger bejubelt das Wahlergebn­is.

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