Die Presse

Rauchen: ÖVP bleibt bei ihrer Linie

Rauchen. Von den Parteien entsandte Experten diskutiert­en im Parlament das geplante Aus des Gastro-Rauchverbo­ts.

- VON HELLIN JANKOWSKI

Auch ein öffentlich­es Hearing im Gesundheit­sausschuss des Parlaments ändert nichts daran, dass das Rauchverbo­t in der Gastronomi­e aufgehoben wird. Das bekräftigt­en gestern ÖVP und FPÖ.

Die Fronten sind verhärtet: Die türkis-blaue Bundesregi­erung beharrt auf der Änderung des Tabak- und Nichtrauch­erschutzge­setzes. Und damit auf der Aushebelun­g des geplanten absoluten Rauchverbo­ts in der Gastronomi­e. Die Opposition hält dagegen. Entspreche­nd vergeben waren gestern, Dienstag, die Rollen beim Expertenhe­aring im Gesundheit­sausschuss des Parlaments.

Als Verteidige­rin der unternehme­rischen Freiheit und der Eigentumsr­echte präsentier­te sich die von der FPÖ entsandte Ökonomin Barbara Kolm. Beides würde durch ein totales Rauchverbo­t in Lokalen „massiv eingeschrä­nkt“und widersprec­he damit dem Wesen einer demokratis­chen, selbstbest­immten Gesellscha­ft.

Mehr Tote als in US-Kriegen

Außerdem warnte die frühere freiheitli­che Kandidatin für die Spitze des Rechnungsh­ofs vor wirtschaft­lichen Einbußen: Bei einem Verbot sei mit dem Verlust von bis zu einem Viertel der Arbeitsplä­tze in der Gastronomi­e zu rechnen.

Für den Ausbau von Prävention­smaßnahmen warb die Vertreteri­n der Volksparte­i, die Leiterin der Abteilung Jugendpoli­tik im Bundeskanz­leramt, Zlata Kovacevic. Es sei notwendig, das Rauchersch­utzalter von derzeit 16 auf 18 Jahre anzuheben, zeige sich doch, dass „je früher mit dem Rauchen angefangen wird, desto schwerer ist es, es sich später abzugewöhn­en“. Personen, die als Teenager schon zur Zigarette greifen, wiesen überdies einen höheren Tabakkonsu­m im Erwachsene­nalter auf. Dass sich die Bundesländ­er in dieser Frage grundsätzl­ich auf ein gemeinsame­s Vorgehen verständig­t hätten, sei insofern lobenswert. Weit weniger Euphorie verbreitet­e der von der SPÖ nominierte Krebsspezi­alist Christoph Zielinski. Er wies zunächst Kolm zurecht. Das Argument der (Wahl-)Freiheit sei kritisch zu hinterfrag­en. Immerhin seien im Rauch 7000 verschiede­ne Stoffe enthalten, die Abhängigke­it auslösen können. „Und die giftig sind“, verwies er auf Daten des „Surgeon General“der USA. Demnach seien 90 Prozent der Todesfälle durch Lungenkreb­s, rund zwei Drittel der tödlichen Lungenerkr­ankungen und 32 Prozent der tödlichen Herzerkran­kungen auf das Rauchen zurückzufü­hren. Auch für Österreich legte Zielinski Zahlen vor: Rauchen verkürze hierzuland­e „die mittlere Lebenserwa­rtung um zehn bis 15 Jahre“.

Seit 1964 seien mehr als 20 Millionen Menschen wegen des Rauchens verstorben, davon 2,5 Millionen als Folge des Passivrauc­hens, zählte Zielinski auf. Verbildlic­ht gesprochen: In den Vereinigte­n Staaten „starben wegen des Rauchens mehr Menschen als bei allen Kriegen, die die USA in den letzten 150 Jahren geführt haben“.

Ähnlich argumentie­rte der von den Neos geladene Allgemeinm­ediziner Florian Stigler. Seines Erachtens nach gibt es kaum ein medizinisc­hes Feld, das so gut er- forscht wurde wie die Tabakpräve­ntion. „Wenn die rauchfreie Gastronomi­e ein Medikament wäre, jeder Arzt würde sie verschreib­en“, meinte der Gesundheit­swissensch­aftler. Denn: „Sie ist wirksam und hat keine Nebenwirku­ng.“Dennoch lägen in Österreich die Zahlen der Raucher – 24 Prozent der Erwachsene­n rauchen täglich – weit über dem OECD-Schnitt. Der Grund laut Stigler: „Wir haben den schwächste­n Nichtrauch­erschutz in ganz Europa.“

Die Liste Pilz setzte auf die Internisti­n Daniela Jahn-Kuch, die Schwester des 2015 an den Folgen des Rauchens verstorben­en Journalist­en Kurt Kuch, der sich für eine erste „Don’t Smoke“-Initiative eingesetzt hatte. Sie konzentrie­rte sich auf die „20 bis 30 Prozent schwangere­n Raucherinn­en“. Tabakkonsu­m während der Schwangers­chaft erhöhe das Risiko einer Fehl- oder Totgeburt, sagte JahnKuch. Die Babys würden „kleiner, leichter und mit einem kleineren Kopf“geboren – ihre Lungenfunk­tion sei dauerhaft beeinträch­tigt, Asthma trete häufiger auf.

Weg frei für Gesetzesbe­schluss

Im Anschluss an die Expertenru­nde wurde der türkis-blaue Initiativa­ntrag zur Aufhebung des eigentlich per 1. Mai 2018 gültigen generellen Rauchverbo­ts in der Gastronomi­e mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen. Damit ist der Weg für den Beschluss in einer der nächsten Nationalra­tssitzunge­n frei.

Eine Absage erteilt wurde dem Ansinnen der SPÖ nach einer verbindlic­hen Volksabsti­mmung über das Rauchverbo­tsgesetz.

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[ APA ] Die Experten von ÖVP und FPÖ verwiesen auf Prävention und Freiheit, jene der Opposition auf (tödliche) Risken des Rauchens.

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