Was wurde aus Kerns Regierung?
Jobs. Vom Verfassungsrichter über den Unternehmensberater bis zur Meinungsforscherin: Die Mehrheit der Ex-ÖVP-Minister hat die Politik verlassen. Bei der SPÖ ist das (noch) anders.
Jobsuche kann schwer sein – auch oder für Ex-Minister. Was machen die Mitglieder des Kabinetts Christian Kern heute?
Wien. Die Jobsuche kann schwer sein – auch oder sogar gerade für Ex-Minister. Es sei denn, der einstige Arbeitgeber nimmt einen zurück oder man macht sich selbstständig. Ersteres ist Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) gerade passiert. Er dockt wieder bei der früheren Metallergewerkschaft an. Auf Letzteres setzt offenbar Ex-Finanzminister Hans Jörg
Schelling (ÖVP). Ihm wurde zuletzt die Gründung einer Firma mit dem Namen Finanzminister Mag. Dr. Johann Georg Schelling Unternehmensberatung nachgesagt. So stimmt das zwar nicht. Seinen alten Gewerbeschein als Unternehmensberater hat der vielfache Millionär aber tatsächlich wieder aufleben lassen, wie er selbst sagte. Und was wurde eigentlich aus den anderen Mitgliedern des Kabinetts Christian Kern?
Den wohl umstrittensten Jobwechsel hat Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) in der Vorwoche vollzogen. Damit ist nicht seine Professur an der Wirtschaftsuni, sondern sein Richterposten am Verfassungsgerichtshof, den er der ÖVP verdankt, gemeint.
Politisch versorgt könnte auch Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) werden. Er wird als ein möglicher Nachfolger von Nationalbankpräsident Claus Raidl, der bis August im Amt ist, gehandelt. Derzeit hält Mitterlehner Vorträge, berät Unternehmen und lobbyiert, wie er selbst sagte, im besten Sinne des Wortes. Im Herbst hat er dazu mit der „Mitterlehner Projektentwicklung und Strategieberatung GmbH“eine eigene Firma gegründet.
Ebenso noch heuer wird Ex-Wirtschaftsminister Harald
Mahrer (ÖVP) aller Wahrscheinlichkeit nach die Leitung der Wirtschaftskammer von Christoph Leitl übernehmen. Als Präsident des Wirtschaftsbundes hat er ihn bereits abgelöst. So
phie Karmasin (ÖVP) hat bei ihrem Abschied als Familienministerin angekündigt, wieder ihren Beruf als Meinungsforscherin aufzunehmen. Ex-Landwirtschaftsminister Andrä
Rupprechter (ÖVP) saß bis Ende Jänner im Nationalrat. Dann legte er sein Mandat zurück und wechselte zu seinem früheren Arbeitgeber ins Generalsekretariat des Rates der EU.
Ganz anders sieht die Situation bei der einstigen roten Regierungsmannschaft aus. Hier haben fast alle die Regierungsbank gegen Abgeordnetensessel getauscht. Ex-Kanzler Christian Kern bemüht sich, in die Rolle des Oppositionspolitikers zu finden. Immer wieder wird ihm ein Wechseln in die Privatwirtschaft nachgesagt. „Sie werden länger mit mir vorliebnehmen müssen“, stellte er das in der „Presse am Sonntag“in Abrede. Als Parteivorsitzender will er die SPÖ in die nächste Nationalratswahl führen. Hinter und neben ihm, auf den Abgeordnetenbänken, haben etliche Ex-SPÖ-Minister Platz genommen: Thomas Drozda (Kunst und Kultur), Jörg Leichtfried (Verkehr),
Sonja Hammerschmid (Bildung) und die ehemalige Staatssekretärin im Kanzleramt Muna Duzdar etwa. Letztere will in ihren Anwaltsjob zurückkehren. Auch Alois Stöger sitzt im Nationalrat – ein Gewerkschaftsjob und ein SPÖMandat haben sich noch nie widersprochen.
Ob auch alle die gesamte Legislaturperiode im Parlament bleiben, wird sich weisen. Bei Ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi
Wagner, die ebenso im Parlament sitzt, wollen die Wechselgerüchte nicht verstummen. Sie gilt als mögliche Kandidatin für das Gesundheitsressort in der Wiener Stadtregierung unter Bürgermeister Michael Ludwig.
Andere haben sich bereits aus der Bundespolitik verabschiedet. Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ist heute Finanzlandesrat im Burgenland und Kronprinz von Hans Niessl. Im Herbst übernimmt er die Landes-SPÖ. Landeshauptmann wird er spätestens im Frühjahr 2019.