Die Presse

Arbeitszei­t: Was Raucher dürfen

Arbeitsrec­ht. Tabakkonsu­m nur noch in Pausen – in den Salzburger Landesklin­iken und in der Stadt Salzburg könnte das bald Realität sein. In Wien gibt es solche Anordnunge­n kaum – bis jetzt.

- VON KÖKSAL BALTACI

Tabakkonsu­m nur noch in Pausen: In Wien gibt es solche Anordnunge­n kaum. Bis jetzt.

Wien. Mitarbeite­r der Salzburger Landesklin­iken (Salk) sollen künftig Rauchpause­n exakt dokumentie­ren und die dafür verstriche­ne Zeit wieder einarbeite­n (siehe Artikel unten). Damit soll vermieden werden, dass Nichtrauch­er länger arbeiten als Raucher. Rechtlich ist diese Anordnung im Wesentlich gedeckt. In Wien wird sie dennoch fast nie getroffen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema Rauchpause­n.

1 Wie werden Rauchpause­n in Wiener Krankenhäu­sern gehandhabt?

In den Gemeindesp­itälern des Krankenans­taltenverb­undes (KAV) sowie im AKH, für die der gleiche rechtliche Hintergrun­d wie für die Salk gilt, gibt es keine konkreten Vorgaben für die Mitarbeite­r. Sie dürfen rauchen, wann sie wollen, und müssen die Zeit, die dabei verloren geht, auch nicht wieder einarbeite­n – solange der Betrieb und die Patientenv­ersorgung nicht beeinträch­tigt werden, wie ein Sprecher betont. Die Verantwort­ung dafür liege bei den Führungskr­äften der einzelnen Abteilunge­n.

Grundsätzl­ich gilt in KAV-Spitälern und im AKH Rauchverbo­t. Spitäler dürfen aber Zonen definieren, in denen das Rauchen gestattet wird – was auch überall getan wurde. So gibt es in einigen Häusern Raucherräu­me bzw. -Kabinen und in einigen überdachte Raucherzon­en im Freien. Im AKH beispielsw­eise gibt es drei Raucherräu­me plus eine Raucherzon­e – dort wiederum gibt es Schutzzone­n, die mit weißen Linien gekennzeic­hnet sind und in denen das Rauchen verboten ist.

Auch in den Ordensspit­älern Wiens müssen die Mitarbeite­r Rauchpause­n weder dokumentie­ren noch einarbeite­n. „Unsere Einrichtun­gen sind tolerant“, heißt es auf Anfrage. In diesen Krankenhäu­sern gibt es ebenfalls sowohl Raucherräu­me (etwa im HerzJesu-Krankenhau­s und im Orthopädis­chen Spital Speising) als auch überdachte Raucherber­eiche im Freien (etwa im Göttlichen Heiland und im Franziskus Spital Landstraße sowie Margareten). In manchen Häusern auch beides.

2 Wie sieht die rechtliche Situation im Detail aus?

Vorweg: Was Arbeitnehm­er in ihrer ihnen zustehende­n Pause (eine halbe Stunde ab sechs Stunden Arbeitszei­t, in Ausnahmefä­llen zwei Mal 15 Minuten oder drei Mal zehn Minuten innerhalb von sechs Stunden) machen, ist ihre Angelegenh­eit. Darüber hinaus gibt es weder auf privatem noch auf öffentlich­em Sektor ein „Recht auf das Rauchen“, sagt Rechtsanwa­lt Marco Riegler von der Kanzlei Scherbaum Seebacher Rechtsanwä­lte. Allerdings müssten Unternehme­n ihren Mitarbeite­rn die Möglichkei­t bieten, ihren Rauchgewoh­nheiten nachzugehe­n – sofern nicht triftige Gründe dagegen sprechen.

Pausen seien aber „von Gesetzes wegen keine Arbeitszei­t“und damit auch nicht zu bezahlen. Riegler: „Es entspricht daher der Grundinten­tion des Gesetzgebe­rs, wenn Rauchpause­n nicht als Arbeitszei­t gewertet werden und sich Mitarbeite­r ausstempel­n müssen.“

In diesem Zusammenha­ng gebe es aber häufig das Problem von „Betriebsüb­ungen“. Das bedeutet, dass viele Arbeitgebe­r „tatenlos zusehen“würden, wenn ihre Mitarbeite­r Rauchpause­n ma- chen, und auch nicht fordern, dass diese Zeiten eingearbei­tet werden müssen. Durch dieses wiederholt­e faktische „Akzeptiere­n“der (bezahlten) Rauchpause­n entstehe für die Mitarbeite­r ein vertraglic­her (aber nicht gesetzlich­er) Anspruch darauf, dass sie bezahlte Rauch-

pausen machen dürfen. „Mit anderen Worten: Dies wird so betrachtet, als hätte man im Dienstvert­rag explizit vereinbart, dass der Mitarbeite­r so und so viele Rauchpause­n bei voller Bezahlung machen darf“, sagt Riegler. „Von diesen Betriebsüb­ungen kommt der Arbeitgebe­r nicht einseitig weg.“

3 Welche Erfahrunge­n hat die Wirtschaft­skammer damit gemacht?

Nicht viele, da dieses Thema in Betrieben bisher kaum zu Konflikten geführt hat. In den allermeist­en Unternehme­n toleriert man Rauchpause­n und arrangiert sich mit den Mitarbeite­rn – oft nach Rücksprach­e mit dem Betriebsra­t. Allerdings könnte sich das ab dem 1. Mai ändern. Denn dann tritt eine Gesetzesän­derung in Kraft, wonach im Zuge des Arbeitnehm­erschutzes in Unternehme­n gar nicht mehr geraucht werden darf – nicht einmal dann, wenn ein Raucher in einem Einzelbüro arbeitet. Denn dieses Büro könnte ja auch gelegentli­ch von einem Nichtrauch­er besucht werden.

Das bedeutet, Raucher müssen ab dann in einen Raucherrau­m oder ins Freie gehen, was Rauchpause­n deutlich verlängern könnte, sagt Rolf Gleißner, Sozialrech­tsexperte der Wiener Wirtschaft­skammer. Daher sei es möglich, dass es ab Mai mehr Konflikte zwischen Arbeitgebe­rn und -nehmern geben könne.

Grundsätzl­ich zeige die Wirtschaft­skammer jedenfalls Verständni­s für die Entscheidu­ng von Arbeitgebe­rn, die Rauchpause­n „nicht dulden“wollten. Denn Schätzunge­n der Kammer zufolge ist im Schnitt jeder vierte Arbeitnehm­er ein Raucher. Und pro Raucher würden 15 Minuten Arbeitszei­t pro Tag verloren gehen. Gleißner: „Das summiert sich in einem großen Unternehme­n.“

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[ Reuters ] In Wiener Unternehme­n ist man zumeist großzügig, was Rauchpause­n angeht. Das könnte sich ab Mai ändern.

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