Neues Kapitel der Erfolgsgeschichte
Paralympics. Österreichs Athleten, allen voran Claudia Lösch und Markus Salcher, wollen ihre Medaillensammlung in Pyeongchang erweitern. Wieder im Rampenlicht: Russen und Nordkoreaner.
Mussten Marcel Hirscher und Co. ihre Olympiasiege vor zwei Wochen noch vor leeren Rängen feiern, sind die am Freitag ebenfalls in Pyeongchang beginnenden zwölften WinterParalympics ein wahrer Publikumsmagnet. Zwei Tage vor der Eröffnungsfeier waren 275.000 und damit rund 85 Prozent der Tickets verkauft. Die größte Anziehungskraft hat dabei der alpine Skisport, das Internationale Paralympische Komitee (IPC) prüft bereits eine Aufstockung des Kontingents.
Die rot-weiß-rote Mannschaft aber ist routiniert genug, um sich von der Kulisse nicht zu sehr beeindrucken zu lassen. Wie vor vier Jahren in Russland ist Österreichs Paralympisches Komitee (ÖPC) mit 13 Aktiven vertreten. Es gilt, an Vancouver 2010 und Sotschi 2014 anzuschließen, damals gab es jeweils elf Medaillen zu feiern.
Das Gros des Teams stellen erneut die Alpinen mit zehn Teilnehmern (acht Männer, zwei Frauen), die bekanntesten sind Claudia Lösch, sechsfache Behindertensportlerin des Jahres, und Markus Salcher, zweifacher Behindertensportler des Jahres. Lösch hat be- reits sieben Paralympics-Medaillen zuhause, Salcher deren drei. Jeweils zwei Stück Edelmetall der beiden glänzen in Gold. „Medaillen sollten es schon wieder werden“, erklärte Lösch. Und Salcher pflichtete bei: „Zielsetzung ist eine Medaille, egal, welche Farbe.“
Lösch hat dabei eine bevorzugte Disziplin. „Meine Herzensdisziplin war immer die Abfahrt, da fehlt mir die Goldene noch, das wäre das große Ziel“, sagt die 29-Jährige. Für die querschnittsgelähmte Niederösterreicherin (Sitzend-Kategorie) sind es bereits ihre vierten Paralympics. „Man geht ganz anders an die Sache heran. Diese große Nervosität, was denn jetzt auf einen zukommt, ist weg. Dadurch kann man es einfach viel mehr genießen.“
Auch für den 26-jährigen Salcher sind es schon die dritten Spiele. Wie in Vancouver und Sotschi will der Kärntner auch in Pyeongchang die Eröffnungsfeier mitnehmen, obwohl bereits am nächsten Tag die Abfahrt auf dem Programm steht. Das Erlebnis sei es wert, er gehe ohnehin davon aus, in der Nacht vor der Abfahrt schlecht zu schlafen. Dort ist der halbseitig gelähmte Stehend-Skiläufer ebenso Titelverteidiger wie im Super-G.
Auch in den anderen beiden Sportarten mit ÖPC-Beteiligung zählen zwei rot-weiß-rote Sportler zum Favoritenkreis: Langläuferin Carina Edlinger, die 19-jährige Salzburgerin, ist sehbehindert und
läuft mit ihrem Bruder Julian als Guide, und Snowboarder Patrick Mayrhofer. Der Oberösterreicher, 30, musste in Sotschi noch zuschauen, weil das IPC entschieden hatte, nur einen Bewerb für Athleten mit Einschränkungen in den unteren Extremitäten anzubieten. Für Mayrhofer, seit einem Arbeitsunfall 2008 armamputiert, eine Enttäuschung. In Pyeongchang geht er nun im Snowboardcross (zwei Fahrer pro Lauf ) und im Banked-Slalom, ein Bewerb auf Zeit in einem Kurs mit Steilkurven, bei dem er sich die größten Chancen ausrechnet, an den Start.
Dominierende Nation der Paralympics war zuletzt Russland mit 30 Gold-, 28 Silber- und 22 Bronzemedaillen – in Summe also 80 Stück bei den vom Dopingskandal überschatteten Heimspielen. Wie das IOC schloss auch das Paralympische Komitee Russland von den Titelkämpfen in Südkorea aus. Lediglich 30 russischen Athleten, die nachweislich Anti-DopingRichtlinien erfüllt haben, erhielten die Starterlaubnis unter neutraler Flagge.
Insgesamt werden 570 Sportler aus 49 Ländern in 80 Entscheidungen um Medaillen kämpfen (neben Ski alpin, Langlauf und Snowboard im Sledge-Hockey, Curling und Biathlon). In den einzelnen Wettbewerben gibt es teilweise verschiedene Kategorien je nach Behinderung. Die Wettkämpfe konzentrieren sich auf das Alpensia Biathlon Centre, die Pisten in Jeongseon und die zwei Eishallen in Gangneung. Eröffnungs- und Schlussfeier finden wie bei den Olympischen Spielen im fünfeckigen Stadion von Pyeongchang statt.
Seit Albertville 1992 werden die Paralympics am gleichen Ort wie Olympia ausgetragen, und wie schon das Großereignis vor zwei Wochen stehen sie im Zeichen der Annäherung von Nord- und Südkorea. Die Nordkoreaner nehmen überhaupt zum ersten Mal an Winter-Paralympics teil. Auch die Cheerleader aus dem Norden werden sich wieder auf den Tribünen einfinden. (joe)