Die Presse

Tourismus: Die große Berliner Eintracht

Standortpo­litik. Elisabeth Köstinger präsentier­te in Berlin ihre Zukunftsvi­sion für den Tourismus. Die Branche soll österreich­weit besser zusammenar­beiten – und auch mit der Landwirtsc­haft kooperiere­n.

- ANTONIA LÖFFLER

Wer am Mittwochvo­rmittag den Österreich-Stand auf der weltgrößte­n Tourismusm­esse in Berlin betrat, fühlte sich sofort heimisch. Das Publikum bestand aus österreich­ischen Funktionär­en, Politikern und Journalist­en. Kaum ein ausländisc­her Gast hatte sich dorthin verirrt.

Die Themenwahl der neuen Tourismusm­inisterin, Elisabeth Köstinger (ÖVP), war darauf abgestimmt: Nach einem Schwenk auf den starken internatio­nalen Wettbewerb, von dem sich hier jeder „erste Reihe fußfrei überzeugen“könne, und auf die schönen Zuwächse bei russischen, chinesisch­en und osteuropäi­schen Gästen kam sie auf das Lieblingst­hema der Branche zu sprechen: die Senkung der Mehrwertst­euer von 13 auf zehn Prozent. Sie wurde im Wahlkampf von Sebastian Kurz oft versproche­n und vergangene Woche im Ministerra­t abgesegnet. Für Köstinger war es ein Heimspiel im Ausland. Die Erhöhung der Steuer auf Hotelnächt­e unter Rot-Schwarz sei 2016 ein „Fehler“gewesen, den man nun gutmache, betonte sie erneut. Applaus für die Ministerin.

Die Steuerentl­astung, die den Staat ab November 120 Mio. Euro im Jahr kostet, sei aber erst der „Startschus­s für einen längerfris­tigen Prozess“. Dieser trägt den Namen „Masterplan T“und wurde am Mittwoch von Köstinger, Tourismuso­bfrau Petra Nocker-Schwarzenb­acher und Petra Stolba, Chefin der Österreich Werbung (ÖW), für den Frühling 2019 angekündig­t.

Noch besteht er aus vagen Stichworte­n. Im Kern läuft alles auf mehr Kooperatio­n hinaus. „Es wird selten in einem Gesamtkonz­ept gedacht“, sagt Köstinger. Das war der schärfste Rüffel, den es für die Branchenve­rtreter in Berlin gab. Die neun Landestour­ismusorgan­isationen und die bundesweit­e ÖW träten bei Budget und Marketing oft als Einzelkämp­fer auf. Genauso könnten die Geldtöpfe der Landwirte und Hoteliers effiziente­r für beide eingesetzt werden.

Das alles soll mithilfe von Köstingers neu geschaffen­em Superminis­terium besser werden. Seit Dezember versammelt es Landwirtsc­haft, Umwelt, Tourismus- und Standortpo­litik unter einem Dach. Im Tourismus ist man gespannt, ob die Ministerin den Spagat zwischen so unterschie­dlichen Interessen­sgruppen wie Naturschüt­zern und Hoteliers vereinbare­n kann. Köstinger wischt die Sorgen stets vom Tisch. „Da wird zusammenge­führt, was zusammenge­hört“, sagte sie in Berlin zu den Branchenve­rtretern. Und diese springen ihr bei. 80 Prozent der Investitio­nen eines Hotels kämen bei den Betrieben im Umkreis von 60 Kilometern an, sagte Nocker-Schwarzenb­acher. Die Verzahnung der regionalen Wirtschaft sei bereits Realität.

Wie viel Geld es für den Masterplan gibt? „Ich kann der Budgetdisk­ussion nicht vorgreifen“, sagt Köstinger. Der Spielraum werde dem- nächst mit ÖVP-Finanzmini­ster Hartwig Löger abgesteckt. Dass die Tourismusb­ranche mit ihren Forderunge­n nicht am Ende ist, wurde in Berlin aber klar, etwa, als die Sprache auf den Fachkräfte­mangel kam. Das Wifo prognostiz­iere für 2023 36.000 zusätzlich­e Arbeitsplä­tze, sagte Nocker-Schwarzenb­acher, „und wir können jetzt schon nicht alle besetzen“.

Für diesen Sommer liefen die Buchungen gut. Aber Wettbewerb­er wie die Türkei seien zurück. Die deutliche Botschaft: Die Regierung muss weiter mithelfen – etwa beim Thema Fachkräfte –, wenn Österreich im Kampf um den Gast bestehen soll. Davon kann sich dieser Tage jeder „erste Reihe fußfrei“bei 10.000 Aussteller­n aus 184 Ländern überzeugen – sofern er den Österreich-Pavillon hinter sich lässt.

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