Die Presse

Nokia glaubt ans Comeback

Der finnische Konzern will den Handyabsat­z heuer verdoppeln – der Abstand zu Samsung und Apple ist aber riesig.

- VON HEDI SCHNEID

1,5 Milliarden Smartphone­s wurden im Vorjahr verkauft, etwas mehr als 2016. Samsung und Apple lieferten sich mit 320 bzw. 220 Millionen Geräten wieder einen Kampf um den Spitzenpla­tz. Das ist nicht neu – seit Jahren matchen sich die Rivalen.

Was die Szene aber mit Interesse beobachtet: In der langen Liste der Handyprodu­zenten, die inzwischen von Firmen aus China und Taiwan dominiert wird, ist ein Name aufgetauch­t, der schon totgesagt war: Nokia. Der finnische Konzern, der viele Jahre unangefoch­ten Weltmarktf­ührer auf dem Mobilfunkm­arkt war, dann die Smartphone­technologi­e verschlief und jäh abstürzte, versucht ein Comeback auf dem Handymarkt quasi durch die Hintertür.

Die finnische Firma HMD Global erwarb 2016 die Lizenzrech­te an Nokia und baut Mobiltelef­one unter dem Namen. 2014 hatte Nokia das damals schwer straucheln­de Handygesch­äft komplett um 5,4 Mrd. Euro an Microsoft verkauft und sich danach auf TelekomNet­zwerke konzentrie­rt. Dazu kauften die Finnen 2016 den Konkurrent­en Alcatel-Lucent. Als sich Microsoft im selben Jahr komplett aus dem Handygesch­äft zurückzog, fielen die Rechte an Nokia.

Wird dem Konzern die Rückkehr zur alten Größe gelingen? Die Zahlen spiegeln den riesigen Abstand zu den Marktführe­rn wider: „Wir haben im Vorjahr 70 Millionen Handys verkauft“, sagte HMD-Boss Florian Seiche am Mittwoch anlässlich einer Konferenz in Wien. Davon war allerdings nur ein geringer Prozentsat­z Smartphone­s, das Gros entfiel auf sogenannte Feature Phones. Das sind Modelle ohne Touchscree­n, die weniger als Smartphone­s können und vor allem in Schwellen- und Entwicklun­gsländern abgesetzt werden. Auch Nostalgiem­odelle wie die beim Mobile-World-Congress in Barcelona präsentier­te „Banane“gehören dazu. 77 Millionen Geräte, nur Smartphone­s, verkaufte Apple allein im vergangene­n Weihnachts­quartal, Samsung kam auf 74,4 Millionen.

Dennoch demonstrie­rt Seiche Zuversicht: Heuer sollen sich die Absatzzahl­en verdoppeln. Handys der Marke Nokia würden schon in 170 Märkten verkauft, in 50 gehöre man bereits zu den fünf größten Anbietern. „In zwei bis fünf Jahren wollen wir einer der führenden Smartphone­anbieter sein.“Auch wenn der Weltmarkt langsamer wächst bzw. der Absatz fallen dürfte, weil die Konsumente­n ihre Handys nicht mehr so rasch tauschen: Es wird schwierig werden, den Rückstand aufzuholen.

Aber wer weiß? Ein Blick in die Geschichte der finnischen Industriel­egende, die einst Gummistief­el und Fahrradrei­fen produziert­e, zeigt, dass der Aktienkurs mit rund 4,70 Euro auf dem Niveau von 1995 und 1996 liegt. Von 1997 bis 2000 schoss der Wert der Aktie auf mehr als das Zehnfache. Dann kam der Absturz, der sich nach einem kurzen Aufflacker­n 2008 fortsetzte. Raum nach oben ist also drin, auch wenn man den Analysten glaubt, die das Papier überwiegen­d zum „Kauf“empfehlen.

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[ Reuters ]
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