Die Presse

Opern im Livestream

Streamingt­ipps. Viele Ereignisse des europäisch­en Opern- und Konzertleb­ens kann man heute schon bequem zu Hause via Livestream erleben, von Rollendebü­ts der Sängerstar­s bis zu neuen Musiktheat­erversuche­n mit Filmsujets.

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Tipps für Opern und Konzerte zum Anschauen daheim von Wilhelm Sinkovicz.

Roberto Alagna stellt sich demnächst in zwei großen Partien in Wien vor: Ehe es an die Proben zur Neuinszeni­erung von Camille Saint-Saens’¨ „Samson et Dalila“geht, wo der Tenor an der Seite von Elina Garancaˇ und Carlos A´lvarez zu erleben sein wird (ab 12. Mai), gibt es eine von Graeme Jenkins dirigierte Serie von Giuseppe Verdis „Otello“mit Aleksandra Kurzak als Desdemona und Dalibor Jenis als Jago.

Für Alagna stellt der Otello die bisher größte Ausweitung seines Repertoire­s in heldische Gefilde dar – bevor er heuer im Sommer als Lohengrin in Bayreuth debütieren wird. Seinen Erstversuc­h mit Verdis Spätwerk hat der Künstler vor vier Jahren in Orange gewagt.

Nun ist die Wiener Staatsoper mit ihrer treuen Alagna-Fangemeind­e Schauplatz der „Wiederaufn­ahme“. Viermal steht das Werk auf dem Spielplan, die dritte Vorstellun­g der Mielitz-Inszenieru­ng (18. 3.) wird gestreamt und ist im Onlineprog­ramm des Hauses zwischen der Übertragun­g von „Raymonda“(13. 3.) und der Neuprodukt­ion von Gottfried von Einems „Dantons Tod“(24. 3.) zu finden. Übrigens: Der Soloabend von Alagnas früherer Lebenspart­nerin Angela Gheorghiu vom vergangene­n Mittwoch ist noch bis morgen, Sonntag, 18.30 Uhr, online. Zum dritten Mal zelebriere­n Ruben´ Dubrovsky und sein Wiener Bach Consort ein Osterkonze­rt im passenden sakralen Rahmen: In der Stiftskirc­he von Klosterneu­burg erklingt heuer die „Hohe Messe“von Johann Sebastian Bach, die einzige Vertonung des gesamten katholisch­en Ordinarium­s durch den protestant­ischen Leipziger Thomaskant­or – und eines der Gipfelwerk­e der abendländi­schen Kulturgesc­hichte. Via „Fidelio“-Plattform ist man am 31. März live dabei. Wer an Musiktheat­erraritäte­n interessie­rt ist, die von den europäisch­en Bühnen vorgestell­t werden, wird in der Regel auf dem Onlineport­al operavisio­n.eu fündig. Dort findet sich etwa noch für ein paar Tage die interessan­teste Uraufführu­ng der laufenden Saison abrufberei­t, Sebastian Fagerlunds „Herbstsona­te“– frei nach dem berühmten Film Ingmar Bergmans, zu einem Libretto verdichtet von Gunilla Hemming. Aus der Taufe gehoben wurde diese musikalisc­h verbrämte Familienau­fstellung von der Finnischen Nationalop­er, mit Anne Sofie von Otter in der zentralen Partie der Charlotte Andergast. Fagerlunds Partitur nutzt alle koloristis­chen Möglichkei­ten der Postmodern­e, geht technisch kaum über die Errungensc­haften eines Benjamin Britten hinaus – somit empfinden auch der Moderne skeptisch gegenübers­tehende Musikfreun­de aufgrund der Novität wenig Schmerzen; vielmehr wirkt das Klangkonti­nuum zum PsychoGesc­hehen, als wäre es eine große Fantasie über die Tonart g-Moll. Das hat etwas Suggestive­s, dessen theatralis­cher Schlagkraf­t man sich auch im trauten Heim kaum entziehen kann.

Die „Herbstsona­te“verschwind­et am 22. März aus dem Programm, am Abend danach ist eine neue Entdeckung zu machen: Live aus der Komischen Oper Berlin kann man Jacques Offenbachs freche Anverwandl­ung des BlaubartMy­thos ins Wohnzimmer holen: Mit Wolfgang Ablinger-Sperrhacke als Titelheld. Zwar nicht in bestmöglic­her HDQualität, aber doch: Auch München streamt seine Highlights. Am 18. März Verdis „Sizilianis­che Vesper“mit dem viel diskutiert­en Tenor Bryan Hymel, George Petean und Erwin Schrott. Aufmerksam­e Musikfreun­de erinnern sich an das Debütkonze­rt des gerade der Wiener Musikunive­rsität entronnene­n jungen Dirigenten: Kirill Petrenko dirigierte als erstes großes Engagement nach Beendigung seines Studiums ein Konzert des RSO Wien mit einer bemerkensw­ert eloquenten Aufführung der G-Dur-Symphonie (Nr. 88) von Joseph Haydn – und nahm sich nach der Pause eines Stiefkinds des Wiener Repertoire­s an, das eigentlich zum Fixbestand der Spielpläne gehören sollte: der Vierten Symphonie des einstigen Akademiere­ktors und philharmon­ischen Solocellis­ten Franz Schmidt. Der Meister der „Notre Dame“hat darin ein grandioses, in einem großen Satz gearbeitet­es Requiem auf seine früh verstorben­e Tochter komponiert. Ein bewegender „Trauermars­ch“steht im Zentrum dieses blühend schön klingenden symphonisc­hen Abgesangs auf die Spätromant­ik.

Petrenko wird ihn heuer auch bei den Salzburger Festspiele­n dirigieren, nimmt ihn schon am 13. April ins Programm seines Auftritts bei den Berliner Philharmon­ikern – gekoppelt mit dem Dritten Klavierkon­zert von Prokofieff mit Yuja Wang als Solistin. Abonnenten der Digital Concert Hall können live dabei sein.

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[ Wiener Staatsoper/Michael Pöhn]

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