Die Presse

Tragende Rolle in Europa – trotz FPÖ-Koalition

Österreich muss souveräner Manager sein.

- VON ANNA GABRIEL

D ie Genugtuung stand Wolfgang Schüssel ins Gesicht geschriebe­n. Der damalige Kanzler konnte im Sommer 2006 auf eine respektabl­e Ratspräsid­entschaft zurückblic­ken: Österreich­s Ruf in der Union war nach den Sanktionen gegen die schwarz-blaue Bundesregi­erung im Jahr 2000 endgültig wiederherg­estellt.

Wenngleich die neuerliche Zusammenar­beit mit den Freiheitli­chen in Brüssel heute keinerlei Entrüstung mehr auslöst, wartet auf Sebastian Kurz eine nicht minder große Herausford­erung. Der ungelöste Flüchtling­sstreit hat die Mitgliedst­aaten in zwei Lager geteilt und Populisten in ganz Europa zu schnellem Auftrieb verholfen. In Polen ist eine Regierung an der Macht, die die gemeinsame­n Prinzipien der Rechtsstaa­tlichkeit mit Füßen tritt. Die getrübten Beziehunge­n zu Washington verlangen nach einer stärkeren gemeinsame­n EU-Außenpolit­ik – und der bevorstehe­nde Brexit setzt der Krise Europas die Krone auf. Österreich hat nun die Chance, sich in dieser unsicheren Zeit zu profiliere­n und die Verhandlun­gen der EU-28 als verantwort­ungsvoller Manager zu leiten. D ie großen Zukunftsfr­agen Europas müssen gemeinsam beantworte­t werden. Dass die FPÖ bei diesem Vorhaben eine tragende Rolle spielen wird, ist bis dato nur schwer vorstellba­r: Schließlic­h ist die Partei Teil einer EU-feindliche­n Fraktion im Europaparl­ament, der unter anderem auch der französisc­he Front National angehört – und dessen erklärtes Ziel ist die Zerstörung der EU.

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