Die Presse

Mammutaufg­abe für 43 Millionen

EU-Vorsitz. Die Regierung will die Präsidents­chaft mit einem Sondergipf­el in Salzburg nutzen, um ein sichereres Europa zu schaffen. Fallstrick­e warten mit Brexit, Ost-West-Konflikt und Finanzen.

- VON WOLFGANG BÖHM

Insgesamt 300 Veranstalt­ungen, 60 Ratstagung­en, davon 13 in Österreich sowie ein EU-Gipfel am 20. September in Salzburg. Die österreich­ische EU-Präsidents­chaft von Juli bis Dezember dieses Jahres wird eine Mammutaufg­abe, die auch entspreche­nde Kosten verursache­n wird. 43 Millionen Euro hat die Bundesregi­erung dafür veranschla­gt. Ob das ausreichen wird, ist aber fraglich. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, Außenminis­terin Karin Kneissl und Kanzleramt­sminister Gernot Blümel präsentier­ten am Freitag erste Pläne für den dritten österreich­ischen Vorsitz nach 1998 und 2006. „Wir werden versuchen, mit dem gleichen Budget wie bei der letzten Präsidents­chaft auszukomme­n“, so Blümel. Abgerechne­t werde aber erst am Schluss.

Doch nicht nur organisato­risch, sondern auch inhaltlich wartet der bisher schwierigs­te Vorsitz. Die größte Herausford­erung sind die Brexit-Verhandlun­gen, die im Herbst abgeschlos­sen werden müssen, um den geplanten Austritt Großbritan­niens geordnet im März 2019 über die Bühne zu bekommen. Nach der Einigung müssen nämlich die EU-Regierunge­n das Abkommen mit London noch ratifizier­en.

Da sind aber noch weitere 190 EU-Entscheidu­ngen, die in diesem Halbjahr abzuarbeit­en sind. Denn im Frühjahr stehen Europawahl­en an, das mitentsche­idende EU-Parlament ist dann für Monate gelähmt. Eine der großen Entscheidu­ngen, die zumindest vorbereite­t werden müssen, ist jene zum kommenden siebenjähr­igen Haushaltsr­ahmen der EU ab 2021.

Zu alledem kommen jene Schwerpunk­te, die Österreich selbst setzen möchte. „Wir wollen ein Europa schaffen, das schützt“, so Bundeskanz­ler Kurz. Beim Sondergipf­el in Salzburg sollen Entscheidu­ngen für eine Aufwertung des gemeinsame­n Außengrenz­schutzes vorbereite­t werden. Auch dabei liegen die Positionen der Mitgliedst­aaten noch weit auseinande­r. Kurz möchte mit gutem Beispiel vorangehen: „Österreich ist bereit, einen personelle­n und finanziell­en Beitrag zu leisten.“

Kurz kündigte allerdings gleichzeit­ig an, dass er sich weiterhin für einen schlanken EU-Haushalt einsetzen werde. Um die neuen Aufgaben zu finanziere­n, sollte der Schlüssel der Kofinanzie­rung (schon bisher werden viele EUProjekte von den betroffene­n Ländern oder Kommunen mitfinanzi­ert) verändert werden. Es sei auch möglich, neue Kofinanzie­rungen einzuführe­n. Dies könnte auch die Landwirtsc­haft betreffen, die bisher fast ausschließ­lich von Brüssel aus subvention­iert wird.

Gerüchte, wonach sich Österreich vor oder in der Präsident-

Die gesamte österreich­ische Bundesregi­erung präsentier­t ihr Programm für den EU-Vorsitz in Brüssel. Österreich übernimmt für sechs Monate den Vorsitz in der EU. Die meisten Treffen werden von österreich­ischen Ministern geleitet – Ausnahmen sind EU-Gipfel, reguläre Außenminis­tertreffen und Treffen der Euro-Gruppe.

In Salzburg wird ein informelle­r EU-Gipfel zum Thema Sicherheit abgehalten. Weitere Ministertr­effen finden in Innsbruck, Linz und ev. Graz statt.

Bei einem Abschlussg­ipfel der Präsidents­chaft in Brüssel werden die wichtigste­n politische­n Entscheidu­ngen des Halbjahrs getroffen. schaft entweder den Visegrad-´Ländern oder einer von den Niederland­en geführten Allianz der kleinen Nettozahle­r anschließe­n könnte, wies Kurz zurück. „Wir wollen als neutrale Makler auftreten.“Dabei werde er natürlich versuchen, die eigenen Positionen nicht aus dem Auge zu verlieren. Diese Neutralitä­t will der Bundeskanz­ler auch zur Bereinigun­g der Spannungen zwischen West- und Osteuropa nutzen. „Wir müssen beide Seiten wieder zusammenfü­hren.“

Die Bundesregi­erung werde aber keine Unterwande­rung der europäisch­en Werte dulden. Sollte etwa die Rechtsstaa­tlichkeit infrage gestellt werden, „dann muss das Konsequenz­en haben“, so Kurz in Anspielung auf die aktuelle Situation in Polen. „Dann wären auch finanziell­e Sanktionen möglich.“

Außenminis­terin Karin Kneissl wird versuchen, die sechs Monate für eine Heranführu­ng der „südosteuro­päischen Länder“an die EU zu nutzen. „Mit dem Begriff Westbalkan habe ich meine Probleme.“Sie warnte vor einem Abdriften von Ländern wie Montenegro. „Es ist die Frage, wer ist schneller dort: China oder die EU.“Den russischen Einfluss – etwa in Serbien – will Kneissl nicht so dramatisch sehen.

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