Die Presse

China lassen Donald Trumps Strafzölle kalt

Handelsstr­eit. Die US-Schutzzöll­e auf Stahlimpor­te richten sich vor allem gegen China. Dennoch reagiert Peking betont gelassen auf die Herausford­erung aus Washington. Ein Ausgleich der Handelsbil­anz träfe auch den Schuldner USA hart.

- SAMSTAG, 10. MÄRZ 2018 Von unserem Korrespond­enten FELIX LEE

Nun hat Donald Trump seine Drohung wahr gemacht. Im Beisein von Stahlarbei­tern hat der US-Präsident am Donnerstag­abend im Weißen Haus zwei Proklamati­onen unterzeich­net. Die eine sieht Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahlimpor­te vor, die andere zehn Prozent Strafzölle auf AluminiumE­infuhren. Die Strafzölle richteten sich vor allem gegen China, betonte Trump.

Ein Handelskri­eg ist damit noch nicht entfacht. Denn dafür braucht es mindestens zwei Seiten. China nannte Trumps Strafzölle am Freitagmor­gen zwar einen „schweren Angriff auf die internatio­nale Handelsord­nung“. Die chinesisch­e Führung in Peking werde „wirksame Maßnahmen“ergreifen, um seine legitimen Rechte und Interessen zu verteidige­n, sagte das chinesisch­e Handelsmin­isterium. Doch konkret ist Peking bislang nicht geworden. Anders als in Europa, wo seit Tagen große Aufregung über Trumps geplante Zölle herrscht, blickt Chinas Führung dem Streit betont entspannt entgegen.

Pekings Gelassenhe­it lässt sich damit erklären, dass China gar nicht mehr viel Stahl in die USA ausführt. Von den insgesamt 35,6 Millionen Tonnen Stahl, die die USA im vergangene­n Jahr importiert hat, kamen gerade einmal 2,9 Prozent aus der Volksrepub­lik. „Die verhängten Strafzölle sind für China allenfalls eine Irritation“, sagt Ökonom Arthur Kroeber vom Beratungsi­nstitut Gavekal Dragonomic­s in Peking.

Der Groll der USA auf China ist dennoch groß – und zwar nicht erst, seit Trump im Amt ist. 2016 stellte die Volksrepub­lik über 800 Millionen Tonnen Rohstahl her – mehr als der Rest der Welt zusammen. 70 Prozent der Überkapazi­täten gingen auf China zu- rück. Massiver Preisverfa­ll war die Folge. Die USA mussten in den letzten 18 Jahren zehn Stahlwerke schließen. Die Beschäftig­ung ging um 35 Prozent zurück. Die EU reagierte bereits 2016 auf Chinas Überkapazi­täten. Sie erhob auf warm gewalzten Stahl aus China Strafzölle von 36 Prozent, auf Grobbleche aus Fernost sogar 74 Prozent. Viel brachten die Zölle nicht. Der billige Stahl fand seinen Weg über andere Märkte, über Brasilien, Iran und Russland, nach Europa.

Genau das ist auch das Problem von Trump: Eine gezielte Verhängung von Strafzölle­n auf Stahl aus China nützt nichts. China leitet bereits einen Großteil seiner Überschüss­e nach Kanada und Südkorea um, zwei der drei größten Stahlliefe­ranten der USA. Nimmt Trump nun Kanada aus, wie angekündig­t, würde er sein Vorhaben konterkari­eren.

Die Strafmaßna­hmen kommen ohnedies zu spät. China hat schon im Vorjahr seine Produktion­skapazität­en in Höhe von 20 Millionen Tonnen gesenkt. In diesem Jahr sollen die Überkapazi­täten um weitere 30 Millionen Tonnen abgebaut werden. Die Auslastung der verblieben­en Werke liegt inzwischen bei 77 Prozent, 80 Prozent gelten als normal.

Nach Ansicht von Ökonom Kroeber haben es Trump und seine handelspol­itischen Falken auch nicht so sehr auf Chinas Stahlbranc­he abgesehen. Vielmehr wolle Trump das Handelsung­leichgewic­ht zwischen China und seinem Land angehen. Es war 2017 mit 375,2 Milliarden Dollar das höchste der USGeschich­te. Trump fordert Vorschläge, wie das Handelsdef­izit um 100 Milliarden Dollar gesenkt werden kann. Selbst wenn China sich darauf einlässt – für Trump könnte sich daraus ein neues Problem ergeben. Jedem Exportüber­schuss, den China gegenüber den USA erzielt, steht ein Rückfluss an Kapital gegenüber. China hat seine Überschüss­e bisher meist in US-Schuldpapi­ere angelegt. Chinesisch­e Gläubiger halten US-Staatsanle­ihen und andere Schuldtite­l im Wert von 1,15 Billionen Dollar. Sinkt nun das Handelsdef­izit, schwindet eine Hauptquell­e der Staatsfina­nzierung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria