China lassen Donald Trumps Strafzölle kalt
Handelsstreit. Die US-Schutzzölle auf Stahlimporte richten sich vor allem gegen China. Dennoch reagiert Peking betont gelassen auf die Herausforderung aus Washington. Ein Ausgleich der Handelsbilanz träfe auch den Schuldner USA hart.
Nun hat Donald Trump seine Drohung wahr gemacht. Im Beisein von Stahlarbeitern hat der US-Präsident am Donnerstagabend im Weißen Haus zwei Proklamationen unterzeichnet. Die eine sieht Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahlimporte vor, die andere zehn Prozent Strafzölle auf AluminiumEinfuhren. Die Strafzölle richteten sich vor allem gegen China, betonte Trump.
Ein Handelskrieg ist damit noch nicht entfacht. Denn dafür braucht es mindestens zwei Seiten. China nannte Trumps Strafzölle am Freitagmorgen zwar einen „schweren Angriff auf die internationale Handelsordnung“. Die chinesische Führung in Peking werde „wirksame Maßnahmen“ergreifen, um seine legitimen Rechte und Interessen zu verteidigen, sagte das chinesische Handelsministerium. Doch konkret ist Peking bislang nicht geworden. Anders als in Europa, wo seit Tagen große Aufregung über Trumps geplante Zölle herrscht, blickt Chinas Führung dem Streit betont entspannt entgegen.
Pekings Gelassenheit lässt sich damit erklären, dass China gar nicht mehr viel Stahl in die USA ausführt. Von den insgesamt 35,6 Millionen Tonnen Stahl, die die USA im vergangenen Jahr importiert hat, kamen gerade einmal 2,9 Prozent aus der Volksrepublik. „Die verhängten Strafzölle sind für China allenfalls eine Irritation“, sagt Ökonom Arthur Kroeber vom Beratungsinstitut Gavekal Dragonomics in Peking.
Der Groll der USA auf China ist dennoch groß – und zwar nicht erst, seit Trump im Amt ist. 2016 stellte die Volksrepublik über 800 Millionen Tonnen Rohstahl her – mehr als der Rest der Welt zusammen. 70 Prozent der Überkapazitäten gingen auf China zu- rück. Massiver Preisverfall war die Folge. Die USA mussten in den letzten 18 Jahren zehn Stahlwerke schließen. Die Beschäftigung ging um 35 Prozent zurück. Die EU reagierte bereits 2016 auf Chinas Überkapazitäten. Sie erhob auf warm gewalzten Stahl aus China Strafzölle von 36 Prozent, auf Grobbleche aus Fernost sogar 74 Prozent. Viel brachten die Zölle nicht. Der billige Stahl fand seinen Weg über andere Märkte, über Brasilien, Iran und Russland, nach Europa.
Genau das ist auch das Problem von Trump: Eine gezielte Verhängung von Strafzöllen auf Stahl aus China nützt nichts. China leitet bereits einen Großteil seiner Überschüsse nach Kanada und Südkorea um, zwei der drei größten Stahllieferanten der USA. Nimmt Trump nun Kanada aus, wie angekündigt, würde er sein Vorhaben konterkarieren.
Die Strafmaßnahmen kommen ohnedies zu spät. China hat schon im Vorjahr seine Produktionskapazitäten in Höhe von 20 Millionen Tonnen gesenkt. In diesem Jahr sollen die Überkapazitäten um weitere 30 Millionen Tonnen abgebaut werden. Die Auslastung der verbliebenen Werke liegt inzwischen bei 77 Prozent, 80 Prozent gelten als normal.
Nach Ansicht von Ökonom Kroeber haben es Trump und seine handelspolitischen Falken auch nicht so sehr auf Chinas Stahlbranche abgesehen. Vielmehr wolle Trump das Handelsungleichgewicht zwischen China und seinem Land angehen. Es war 2017 mit 375,2 Milliarden Dollar das höchste der USGeschichte. Trump fordert Vorschläge, wie das Handelsdefizit um 100 Milliarden Dollar gesenkt werden kann. Selbst wenn China sich darauf einlässt – für Trump könnte sich daraus ein neues Problem ergeben. Jedem Exportüberschuss, den China gegenüber den USA erzielt, steht ein Rückfluss an Kapital gegenüber. China hat seine Überschüsse bisher meist in US-Schuldpapiere angelegt. Chinesische Gläubiger halten US-Staatsanleihen und andere Schuldtitel im Wert von 1,15 Billionen Dollar. Sinkt nun das Handelsdefizit, schwindet eine Hauptquelle der Staatsfinanzierung.