In Stahlgewittern fühlt sich der Größenwahn wohl
Erzene Reden sind nie harmlos, aber meist auch nicht dauerhaft.
W er im Morgengrauen Nachrichten hört, kennt das: Beim Aufwachen verschwimmen Traum und Wirklichkeit, etwa so: Heiseres Pathos über Stahl, Rüstung, Nation. „Wer war das?“, denkt man sich. „Wird wohl eines dieser Gedenken an 1848, 1918 oder 1938 gewesen sein.“Solch harte Worte passen zum Beispiel zu Otto von Bismarck, der als Eiserner Kanzler in die Geschichte einging. Zum Ministerpräsidenten Preußens aufgestiegen, warb er 1862 für Aufrüstung, warnte vor den Ideen von 1848 und empfahl härteres Material: „Nicht auf Preußens Liberalismus sieht Deutschland, sondern auf seine Macht.“Als Militarist träumte er vom Reich: „Nicht durch Reden oder Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen –, sondern durch Eisen und Blut.“
Autokraten mit dem Hang zum Größenwahn schätzen dieses Metall, das ihre willigen Vollstrecker zum Blutvergießen brauchen. Ein Exseminarist aus Tiflis namens Dschugaschwili liebte es so sehr, dass er es zu seinem Kampfnamen machte. Er nannte sich „der Stählerne“. Als Sowjetführer forcierte Stalin Eisen und Stahl, vor allem für gewaltige Waffenschmieden.
Wenn man Weltkriege vorhat, erweist sich solcher Stoff als praktisch. Das wusste Adolf Hitler. 1935 schwor der deutsche Diktator die Jugend in Nürnberg auf seine Ideologie ein: „In unseren Augen, da muss der deutsche Junge der Zukunft schlank und rank sein, flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl.“E rz ist auch im kommunistischen China ein Gradmesser für Dominanz. Mao träumte vor 60 Jahren vom „Großen Sprung nach vorn“. Beim 8. Parteikongress verriet der Herrscher im Reich der Mitte globale Ambitionen: „Wenn wir in fünf Jahren 40 Millionen Tonnen Stahl erreichen können, werden wir Großbritannien bereits in sieben Jahren eingeholt haben. Weitere acht Jahre später werden wir mit den USA gleichgezogen haben.“
In den Frühnachrichten am Freitag sprach keines dieser Ungeheuer, sondern die Nummer eins der freien Welt. US-Präsident Trump verteidigte seine Strafzölle mit dem Argument der nationalen Sicherheit: „Wir wollen unsere Schiffe, unsere Flugzeuge, unsere Rüstung mit Stahl und Aluminium aus unserem Land bauen.“Bei der Rede im Weißen Haus waren Metallarbeiter zugegen. Sie seien das Rückgrat Amerikas, lobte Trump. Das Eherne Zeitalter ist noch nicht vorbei. Ziehen wieder Stahlgewitter auf?