Die Presse

Wenn Domingo Schlager singt

Musik. Eigentlich komponiert Pl´acido Domingo Jr. Popsongs und Musicals. Aber er singt auch – zum Beispiel bei der „Notte italiana“in Bregenz und Mörbisch.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Natürlich, sagt Placido´ Domingo, sei er als Kind wegen seines Namens gehänselt worden. „Placido´ Domingo heißt ruhiger Sonntag. Mich haben sie verdammter Montag genannt.“

Vielleicht hat ihn das ja abgehärtet – für jene Zukunft, in der er heute als Musiker mit dem Namen eines der größten Opernsänge­r der Welt lebt, ohne selbst auch nur die physische Größe des Vaters zu haben. Oper zu singen, sagt Domingo, das habe er jedenfalls gar nicht erst probiert.

Seine Domäne ist das Schreiben von Popsongs mit schönen Melodien. Neuerdings freilich sieht man auch Placido´ Domingo junior auf der Bühne. Zählt man jene „Tosca“in Barcelona nicht mit, wo er als Neunjährig­er im Inneren der Bühne, die Hände des Vaters auf den Schultern, einen Hirten sang – dann hatte er erst 2009 seinen ersten richtigen Auftritt. Diesen dafür vor einer halben Million Menschen im Zentrum von Mexiko City: Auf dem Paseo de la Reforma, der Hauptverke­hrsstraße der Stadt, hatte man seinem Vater eine Bühne aufgebaut. Dieser wiederum lud ihn für ein Duett zu sich. „Ich konnte nicht einmal das Ende der Menschenme­nge erkennen.“

Seither, sagt Domingo, gebe es immer öfter Anfragen, und er, der früher nur als Hobby gesungen hat, komme ihnen gern nach. So erklärt sich auch, wieso Domingo diese Woche in Wien Auskunft gab (wenig überrasche­nd im Ristorante Sole von Aki Nuredini, dem Opernliebh­aber und Freund der Familie) und wie es kommt, dass der Name Placido´ Domingo neuerdings auch in einem Satz mit der „Notte Italiana“genannt wird – gemeinsam mit Al Bano & Romina Power, Toto Cutugno und anderen Stars des Italo-Schlagers.

Er habe die vergangene­n fünf Jahre in Rom verbracht, habe eine italienisc­he Freundin und singe gern italienisc­he Lieder, erklärt der 52-Jährige den vielleicht nicht gleich ersichtlic­hen Zusammenha­ng. Er fühle sich sogar zum Teil italienisc­h, spreche die Sprache, seit er fünf ist. „Meine Eltern brauchten für meinen Bruder und mich eine Nanny und haben eine Dame von der Mailänder Scala engagiert. Sie konnte weder Spanisch noch Englisch.“

Aber auch Deutsch spricht Domingo fließend: Er hat in Wien Komposi-

(geb. 1965) hat in Wien an der Musikunive­rsität Kompositio­n studiert und schrieb u. a. Lieder für Michael Bolton, Sarah Brightman, Jose´ Carreras, Luciano Pavarotti, Diana Ross, Tony Bennett und Alejandro Fernandez. Seit einigen Jahren singt er auch, „von italienisc­hem Pop bis Tango“. „La Notte Italiana“: 8. Juni Seebühne Bregenz, 7. August Seebühne Mörbisch. tion studiert. Schon als Kind, erzählt er, habe er auf dem Klavier rein dem Gehör nach Melodien improvisie­rt. Richtig gelernt habe er, der keine Noten lesen konnte, es dann vergleichs­weise spät. „Ich hatte diese schrecklic­he Aufnahmspr­üfung an der Musikuni, die ich nicht geschafft habe.“Der Vater habe ihm dann sechs Monate bei einem privaten Tutor verpasst, auf dass er die Theorie doch noch erlerne. Aus einem Schweizer Internat kommend, hätte er auch nach New York oder St. Petersburg gehen können. Wien wurde es – wegen einer Wienerin. „Für mich war es eine wunderschö­ne Zeit. Ich war jung, hatte plötzlich alle Möglichkei­ten eines Erwachsene­n, war dabei aber immer, man kann es glauben oder nicht, vernünftig.“

Die Achtzigerj­ahre waren auch die Zeit, in der Placido´ senior begann, Popalben aufzunehme­n. Als Fan von Earth, Wind and Fire, den Bee Gees, R’n’B und Michael Jackson schrieb Placido´ junior für seinen Vater erste Songs, später auch für Tony Bennett, Diana Ross oder Alejandro Fernandez. Derzeit arbeitet er an einem Musical, einer Vampirgesc­hichte. Selbstvers­tändlich sei so eine Musikkarri­ere nicht: Ein Bruder führt ein Restaurant, der andere ist rechte Hand des Senior bei dessen Operalia-Wettbewerb. Jener hat übrigens wieder einen Sohn namens Placi-´ do. Er selbst hat drei Töchter. Wenn eine ein Bub geworden wäre? Domingo lacht. „Placido,´ ganz sicher.“

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