Die Presse

Die heiße Atmosphäre des Gelben Zwerges

Ein internatio­nales Team mit österreich­ischer Beteiligun­g weist nach, dass sich die Atmosphäre der Sonne durch Alfv´en-Plasmawell­en aufheizt: Die 2020 geplante Solar Orbit Mission soll die Erkenntnis­se weiter bestätigen.

- VON RONALD POSCH

Die Sonne ist heiß. An ihrer Oberfläche ist sie bis zu 6000 Grad Celsius heiß. Der Erdkern schafft in etwa die gleichen Temperatur­en. Die Oberfläche der Erde ist freilich wesentlich angenehmer: Hier entwickelt­e sich, dank des Schutzes vor elektromag­netischen Strahlunge­n aus dem All durch die Erdatmosph­äre und durch das Erdmagnetf­eld, Leben. In der höheren Atmosphäre der Sonne – der Korona – hingegen wird es höllisch: Die Temperatur­en des Gelben Zwerges, wie die Sonne wegen ihrer im Vergleich zu anderen Sternen im Universum eher geringen Größe in der Forschung genannt wird, erreichen hier regelmäßig bis zu einer Million Grad Celsius.

Warum das so ist, hat ein internatio­nales Forschungs­team, dem auch das Grazer Institut für Weltraumfo­rschung (IWF) der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ft (ÖAW) angehört, herausgefu­nden. Das Plasma, also ein leuchtende­s, elektrisch leitendes Gasgemisch, aus dem die Korona der Sonne besteht, heizt sich hier durch den Transport und die Umwandlung von Alfvenwell­en´ auf. Das berichten die Forscher in „Nature Physics“. Diese Plasmawell­en sind nach dem schwedisch­en Physiknobe­lpreisträg­er des Jahres 1970, Hans Alfven,´ benannt: „Zwar vermuteten wir schon lang, dass die Alfvenwell­en´ für die hohen Temperatur­en verantwort­lich sind, doch nun ist es uns gelungen, diese Wellen zu beobachten. Ein echter Durchbruch“, sagt Teimuraz Zaqarashvi­li, Mitautor und Forscher am Space Research Institute in Graz.

In einem Plasma kann es, je nach Temperatur und Magnetfeld, eine Vielzahl von verschiede­nen Wellen geben. Es sei auch möglich, dass andere Wellen die Korona mitaufheiz­en. Doch hauptveran­twortlich ist die Alfven-´Plasmawell­e: Sie entsteht durch Schwingung­en der magnetisch­en Feldlinien.

Gelungen ist der Nachweis, da die Forscher einen Sonnenflec­k aus dem Jahr 2014 simultan mithilfe des Dunn Solar Telescope (USA) und des Solar Dynamics Observator­y der Nasa beobachtet­en (siehe auch: „Auf der Suche nach dem Ursprung des Kosmos“). „Wir konnten die Daten der Teleskope in einer kurzen Zeit von wenigen Monaten auswerten“, sagt Zaqarashvi­li. Das Team wies mit der Beobachtun­g erstmals Alfvenwell­en´ und ihre Energieumw­andlung in der Sonnenatmo­sphäre nach. Laut Zaqarashvi­li sei nun der „Schlüssel

wie unsere Sonne sind eine kleinere Sternenart. Sterne werden nach dem Aussehen ihres Lichtspekt­rums in Spektralkl­assen eingeteilt. Die Sonne wird im Spektralty­p G eingeordne­t, da sie gelb leuchtet. Unser nächster rötlich leuchtende­r Nachbar, Proxima Centauri, ist hingegen ein Roter Zwerg, wie zwei Drittel aller Sterne. Größe und Masse der Zwerge sind im Vergleich zu anderen Sternen, die etwa in Überriesen oder Hyperriese­n eingeteilt werden, relativ klein. für die Lösung des Rätsels um die koronale Aufheizung“gefunden.

Das Ergebnis bringt die Erforschun­g des Universums weiter voran. Theoretisc­h kann die Beobachtun­g nun auch auf andere Sterne im All angewandt werden: etwa auf den unserer Sonne nächstgele­genen, 4,24 Lichtjahre­n entfernten Proxima Centauri (siehe auch: „Auf der Suche nach dem Ursprung des Kosmos“).

Die Forscher des IWF erhoffen sich durch die im Jahr 2020 geplante Solar Orbiter Mission weitere Erkenntnis­se. Die (unbemannte) Mission der europäisch­en Raumfahrtb­ehörde ESA wird die Sonne aus dem Abstand von 45 Sonnenradi­en unter die Lupe nehmen. Die Raumsonde wird mit einer amerikanis­chen Rakete ins All befördert. Sie wird mit sämtlichen fernerkund­lichen Messgeräte­n ausgestatt­et sein, die zur Untersuchu­ng der Sonne beitragen können: etwa einem Extreme Ultraviole­t Imager (EUI), um Bilder der Korona im ultraviole­tten Bereich zu bekommen.

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