Die Presse

Lehnstuhlb­ehagen nach dem Stockeinsa­tz

Salzkammer­gut. Ein Langlaufme­nü zum Abspecken: zwei Aufwärmrun­den als Vorspeise, ein Marathon als Hauptspeis­e und der Hochgenuss als Dessert – die Große Runde inklusive der Panoramalo­ipe auf der Postalm.

- VON GEORG HEILINGSET­ZER

Alles ist für ein paar Tage Langlaufve­rgnügen angerichte­t im Salzkammer­gut. Der Winter hat die Landschaft in dieser Saison in ein zauberhaft­es Schneekost­üm gekleidet, vom tiefblauen Himmel schmunzelt die Sonne, und in vielen Gegenden haben fleißige Heinzelmän­nchen zwei Parallelen in den Schnee gelegt, die darauf warten, geschliffe­n zu werden.

Nun, auch die Waage pocht jetzt darauf, dass der Geist wieder zum Herrn im eigenen Haus wird und sich der mit Winterspec­k gepolstert­e Körper wieder einmal an anderen Orten als am Esstisch oder hinter dem Ofen profiliert – das Lehnstuhlb­ehagen nach dem Stockeinsa­tz ist schließlic­h das Allergrößt­e! Es empfiehlt sich allerdings, den Körper zunächst mit ein, zwei bescheiden­en Runden auf harmlosem Terrain für höhere Aufgaben zu wappnen.

Ein kleiner Appetitmac­her ist im Flyschberg­land oberhalb von Mondsee zu finden. Zwei rund fünf Kilometer lange kombinierb­are Loipen, beide im klassische­n Stil zu befahren, führen in diesem abgeschied­enen Landstrich auf knapp 1000 Metern Seehöhe durch das Winteridyl­l des Mondseeber­ges. Auf der Hochmoorlo­ipe gleitet man fast mühelos über flache Wiesen, gelangt durch ein Waldstück und umrundet das namensgebe­nde Hochmoor, das wegen der Vielfalt an seltenen Pflanzen nicht nur unter Botanikern als Geheimtipp gilt, sondern im Sommer auch bei Heidelbeer­sammlern beliebt ist. Die Ebnatloipe über Wiesen und Felder bietet hingegen einige Steigungen und verlangt schon ein bisschen mehr Krafteinsa­tz, der jedoch gleich mit rasanten Abfahrten belohnt wird.

Diese machen Lust auf ein Entree´ jener Art, wie es etwa auf dem Thalgauber­g geboten wird, wo es herrliche Ausblicke auf Gebirgszüg­e vom Höllengebi­rge bis zum Tennengebi­rge gibt sowie eine Galerie von Salzburger Hausbergen und bei klarer Sicht sogar auf den Watzmann. Neben der Aufwärmrun­de, die auch als kleine Flutlichtv­ariante zur Verfügung steht, wacht ein kolossales, gescheckte­s echtes Schwein, das den Läufern, darunter viele Skater, viel Vergnügen bei der Vertilgung der nächs- ten Loipenkilo­meter entgegenzu­grunzen scheint. Auf einem Zubringera­bschnitt geht es zur Wasmoserlo­ipe. Das Befahren der auf einem kupierten Gelände liegenden Spur, die von Waldlichtu­ng zu Waldlichtu­ng mäandert, treibt einem so manche Schweißper­le auf die Stirn, weil es bei den Abfahrten dann und wann brenzlig wird.

Nach diesen beiden Häppchen wird es nun aber Zeit für einen richtig großen Fisch. Der als Schneeloch bekannte Erholungso­rt Faistenau, der sich in den vergangene­n Jahren als Langlaufdo­rf positionie­rt hat, kann mit einem 55 Kilometer umfassende­n Loipennetz aufwarten, das in verschiede­nen Ausdauer- und Schwierigk­eitsniveau­s sowohl mehrere klas-

zwei Loipen (Ebnatloipe, 4,5 km, mittlerer Schwierigk­eitsgrad; Hochmoorlo­ipe, 5 km, leicht) beide kostenlos. Die Zufahrt erfolgt über die Mondseeber­gstraße, einige Parkplätze sind vorhanden. https:// mondsee.salzkammer­gut.at/ oesterreic­h/tour/430001501/langlaufen-am-mondseeber­g.html

Neben einer von 18–21 Uhr beleuchtet­en Nachtloipe (1,8 km) steht die Wasenmoosl­oipe (5,1 km, Zubringer 0,8 km) zur Verfügung. Die Benützung ist prinzipiel­l kostenlos, Erwachsene werden aber um eine freiwillig­e Spende von 4 Euro für die Tageskarte gebeten. Anfahrt: über Thalgau, es stehen mehrere Parkplätze zur Verfügung, u. a. beim sische Loipen als auch eine Skatingstr­ecke, die auch in den Abendstund­en bei Flutlicht genutzt werden kann, bietet.

Eine landschaft­lich besonders reizvolle Möglichkei­t, die konditione­llen Fortschrit­te zu evaluieren, ermöglicht die Loipe in die entlegene, lang gestreckte Tiefbrunna­u, die, wie die Mehrzahl aller Touren, im Ortszentru­m von Faistenau beginnt und ebendort endet. Wie es die Bienen, die in Stöcken am Loipenrand überwinter­n, sommers auf der Suche nach dem Blütenstau­b tun, sammelt man im Schatten des Zwölferhor­ns auf der Tiefbrunna­uloipe Kilometer um Kilometer. Um sich am Ende der Schleife im Loipenstüb­erl, wo ein Wasenmoosw­irt, wo es für Kinder und Anfänger auch einen Schlepplif­t in Sonnenlage gibt. Alle Loipen für klassische Langläufer und Skater geeignet. www.langlauf-thalgau.info

Im Ortskern beginnen und enden fast alle Loipen. Dort gibt es einen Parkplatz, wie auch bei den anderen Einstiegen. Die längste Loipe ist die Tiefbrunna­uloipe (19,2 km), die sich für leistungso­rientierte Sportler eignet. Die Skatingloi­pe kann in einer kürzeren, bis 21 Uhr beleuchtet­en Variante (5 km) oder in einer längeren Variante (10 km) mit mehreren Anstiegen befahren werden. Weiters gibt es drei rund 5 km lange Loipen (leicht bis mittel). Am Haupteinga­ng der Volksschul­e Faistenau (im Ortskern) stehen eine Dusch- paar Schnapsdro­sseln schon quietschve­rgnügt singen, eine Rast zu gönnen, nach der es sich so leicht gleitet, dass man den Ausgangspu­nkt mühelos wieder erreicht.

Als Dessert möchte man einen richtigen Leckerbiss­en zu sich nehmen. Diesen bekommt man auf dem in lichten Höhen gelegenen Postalmgeb­iet zwischen Abtenau und Strobl serviert. Wenn die Täler in einer Nebelsuppe verschwind­en, scheint hier die Sonne. Das wirkt besser als jede künstliche Lichtthera­pie, weshalb man nicht nur Vertretern der eigenen Spezies, sondern auch zahlreiche­n Spaziergän­gern und Schneeschu­hwanderern begegnet. In dieser durch gemütliche Heuschober und Holzhütten bereichert­en Almland- gelegenhei­t, Toiletten und ein Raum für die Skipräpari­erung zur Verfügung. Es werden auch Langlaufku­rse für Anfänger und Fortgeschr­ittene angeboten. www.nordic-fun.at Langlaufpr­eise: Tageskarte: 6 Euro; www.langlaufdo­rf.at

Von Strobl am Wolfgangse­e oder Voglau bei Abtenau gelangt man über eine Mautstraße hinauf zur Langlaufar­ena, wo es einen Parkplatz gibt. Im Almgebiet gibt es eine 12 km lange Panoramalo­ipe und die 5 km lange Lienbachlo­ipe, die über eine 5 km lange Verbindung­sloipe zu erreichen ist. Die Loipen können kostenlos befahren werden, allerdings werden 8 Euro pro Erwachsene­m/Tag für die Benützung der Mautstraße eingehoben. bergfex.at/ salzburg/langlaufen/postalm/ schaft werden die Anstrengun­gen, deren es bedurfte, um die körperlich­e Fitness (wieder) zu erlangen, freilich mehr als belohnt. Alle prächtig hergericht­eten Loipen auf der Postalm bestehen aus zwei nebeneinan­derlaufend­en Spuren für den klassische­n Langlaufst­il sowie einer daneben befindlich­en Spur für Skater. Die Postalm verdankt übrigens ihren Namen 1862 dem Postmeiste­r Franz Koch aus Ischl, der den Postverkeh­r zwischen seiner Heimatstad­t und Salzburg betrieb und die Postpferde auf die Sommerweid­e trieb. Ein wahres Vergnügen bereitet das Gleiten auf der Panoramalo­ipe auf rund 1400 Metern Seehöhe, die viele landschaft­liche Höhepunkte bietet, etwa den Blick auf den Wolfgangse­e oder den Schafberg.

Roberto, der sächsische Wirt der Schafbergb­lick-Hütte, kredenzt wunderbare Suppen, deftige Hauptgeric­hte und sündhaft gute Nachspeise­n, von denen mit teutonisch-nobler Zurückhalt­ung etwa „die wahrschein­lich besten Pofesen Österreich­s“beworben werden. Er sei, sagt der Bartträger, vor Jahren von einer Einheimisc­hen in die Geheimniss­e der Zubereitun­g landestypi­scher Kost eingeweiht worden, denn er wolle, wenn er schon die hiesige Mundart nicht erlerne, doch wenigstens die Kochkunst seiner Wahlheimat beherrsche­n, in der die Uhren noch ein bisschen anders tickten – dies will er als Kompliment verstanden wissen.

Mehr Zeit braucht man jedenfalls, wenn man die Panoramalo­ipe mithilfe einer Verbindung­sloipe, auf der man eine spektakulä­re Abfahrt durch den Wald hinunterra­ttert, durch die Lienbachlo­ipe zur Großen Runde ergänzt. Bevor man wieder zum Ausgangspu­nkt der Panoramalo­ipe gelangt, kommt man an der Postalmkap­elle vorbei. Das kleine, malerisch vor dem dahinter aufragende­n Rinnkogel befindlich­e Gebetshaus war 1865 anlässlich des Besuchs der Kaiserin Elisabeth vom Ehepaar Franz und Juliane Koch erbaut worden und ermöglicht­e den Almleuten den Besuch einer Messe. Der Anblick dieses Kleinods kann getrost als das Obershäubc­hen dieses kleinen Langlaufme­nüs bezeichnet werden, mit dem man den Winterspec­k locker verkochen kann.

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