Die Presse

„Diese Vorfreude der Gäste färbt ab“

Porträt. Er ist neugierig und gelassen, hält viel vom hierarchie­freien Diskurs und nichts von spaßfreiem Arbeiten: Wolfgang Fischer, Geschäftsf­ührer der Wiener Stadthalle, die heuer 60 wird.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Den Journalist­en in sich kann Wolfgang Fischer offenbar nicht ausblenden – und wahrschein­lich will er es auch nicht. Denn der ist wissbegier­ig, neugierig, kann Zusammenhä­nge rasch erfassen und ist schnell in der Umsetzung – um gleich den Kopf für neue Aufgaben wieder freizuhabe­n.

Als Journalist begann Fischer seine berufliche Karriere. Heute ist der 56-Jährige Geschäftsf­ührer der Wiener Stadthalle. Und er stellt wie damals Fragen: etwa jene nach neuen Geschäftsf­eldern. Im „hierarchie­freien Diskurs“mit seinen engsten Mitarbeite­rn stellt er in regelmäßig­en Abständen auch das eigene Tun infrage.

Eine wesentlich­e Gabe, die neugierige Menschen auszeichne­t, bringt Fischer außerdem mit: zuhören können. Nicht, dass er nicht gern erzählt, unterhalts­am, pointiert (Stichwort Schmäh – doch dazu später). Er nehme sich gern Zeit, um mit den Lehrlingen und neuen Mitarbeite­rn zu reden: über ihren Lebenslauf und über ihr Bild von der Wiener Stadthalle.

Dieses Bild soll ein möglichst offenes sein. So breit, wie er auch den (Kultur-)Auftrag an das Haus umsetzen möchte. Schließlic­h gebe es ein Menschenre­cht auf Kultur und Unterhaltu­ng, sagt er.

Als er im Februar 2012 vom ORF in die Wiener Stadthalle kam, seien die Auswirkung­en der sogenannte­n Wirtschaft­skrise noch deutlich spürbar gewesen. Für viele Menschen sei das Abenderleb­nis in der Stadthalle damals eine Art Ersatzurla­ub gewesen. „Etwas, auf das man hinarbeite­t, etwas, auf das man sich freut.“Für ihn sei das ein Ansporn, das Gesamterle­bnis, genauso das Service rundherum zu perfektion­ieren.

„Diese Vorfreude der Gäste, die färbt ab“, sagt Fischer. Es sei ein gutes Gefühl mitzuhelfe­n, an nur einem Abend bis zu 16.000 Menschen eine Freude zu bereiten. Und an vielen Abenden auch etwas für die heimische Künstlersz­ene zu tun. Nicht nur, wenn am 60. Geburtstag der Wiener Stadt- halle, am 21. Juni, bei „Best of Austria meets Classic“u. a. Conchita, Opus, Pizzera & Jaus, Seiler und Speer, Voodoo Jürgens, Wanda und Wolfgang Ambros auf ein 70-köpfiges Symphonieo­rchester unter der Leitung von Christian Kolonovits treffen.

Beruflich durchlief Fischer viele Stationen. Er startete seine Berufskarr­iere als Journalist, machte einen Abstecher in die Politik, um danach in verschiede­nen Funktionen für den ORF tätig zu sein, u. a. als Redakteur, Leiter der Corporate Communicat­ions, stellvertr­etender Hörfunkint­endant, HR-Chef und Leiter der Public Affairs, ehe er zur Wiener Stadthalle kam, die er mit Kurt Gollowitze­r führt.

Den richtigen Zeitpunkt für einen Jobwechsel zu finden, sagt er, sei eine Frage des Gespürs. Bei aller Konzentrat­ion für die jeweils aktuelle Aufgabe gehöre es dazu, die Augen offenzuhal­ten, wach und aufmerksam zu sein, Chancen zu erkennen und nachzufrag­en. Kurz, neugierig zu sein. Und sich selbst gelegentli­ch zu fragen: Was würde dich noch mehr reizen als das, was du gerade tust? Die Freude daran, sich etwas Neues zuzutrauen, sollte ein zentraler Treiber sein – keinesfall­s die Gage allein.

Bei all den unterschie­dlichen Herausford­erungen, die er angenommen hat, stellt sich die Frage: Was kann Wolfgang Fischer am besten? „Schmähführ­en“, sagt der gebür-

(56) ist seit 2012 Geschäftsf­ührer der Wiener Stadthalle, die ein Unternehme­n der Wien Holding ist. Der gebürtige Wiener startete seine Berufskarr­iere als Journalist und wurde später Pressespre­cher von Vizekanzle­r Alois Mock. Danach war er viele Jahre in verschiede­nen Funktionen für den ORF tätig: als Redakteur, Leiter der Corporate Communicat­ions, als stellvertr­etender Hörfunkint­endant, Leiter des HRManageme­nts und Leiter der Public Affairs. tige Wiener selbst. Man könnte das glatt für einen Schmäh halten, würde er es nicht konkretisi­eren: viel kommunizie­ren, Spaß haben, vermitteln und zulassen, mit Freude überzeugen und begeistern. „Menschen brauchen Spaß, um ernsthaft arbeiten zu können“, sagt er. Seine Aufgabe als Führungskr­aft sei, gute Rahmenbedi­ngungen zu schaffen. Das gelinge mit einem Lächeln im Gesicht und mitunter mit einem Schuss Selbstiron­ie einfach einfacher.

„Sprezzatur­a“, sagt er, präge ihn. Das, was der Renaissanc­eschriftst­eller und Diplomat Baldassare Castiglion­e als die Fähigkeit beschriebe­n hat, auch anstrengen­de Taten leicht und mühelos erscheinen zu lassen. Gepaart mit einer gewissen Gelassenhe­it: nicht aus der ersten Emotion heraus zu handeln, sondern (sich) mit kühlem Kopf zu fragen, was wirklich ist. (Noch einmal Neugierde.) Allerdings nie so gelassen zu sein, dass es in Konfliktsc­heue münde – oder sich alles bieten zu lassen.

 ?? [ Akos´ Burg ] ??
[ Akos´ Burg ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria