Die Presse

Aus dem Blickwinke­l der Nutzer

Design Thinking. Anwenderor­ientierung, interdiszi­plinäre Zusammenar­beit und ein kreatives Umfeld sind Merkmale eines Denkansatz­es, der in unterschie­dlichsten Studien von Technik bis Betriebswi­rtschaftsl­ehre zum Einsatz kommt.

- VON ERIK A PICHLER Web:

Wie setzt ein Logistikun­ternehmen seine Prozesse auf, wenn die Zufriedenh­eit des Endkunden das ausschlagg­ebende Kriterium sein soll? Wie könnte in einer ländlichen Region die gemeinsame Nutzung von E-Mobilität und weiteren Mobilitäts­formen gestaltet werden? Wie kann in einer Spitalsabt­eilung mehr Patientena­kzeptanz erreicht werden?

Kreative Lösungen für Fragen wie diese sind Fälle für Design Thinking. Hinter dem modisch klingenden Schlagwort verbirgt sich ein Denkansatz, der an Prinzipien von Designern angelehnt ist, die sich in ihrer Arbeit an den Bedürfniss­en des Endverbrau­chers orientiere­n.

Der von US-Informatik­ern entwickelt­e und in Europa von Potsdam aus weiterverb­reitete Ansatz des Design Thinking wird auch in Österreich inzwischen an etlichen Universitä­ten und Hochschule­n gelehrt, vor allem in betriebswi­rtschaftli­chen oder Innovation­sstudiengä­ngen, aber auch beispielsw­eise in Technikstu­dien. Als ideale Form, um das Designerde­nken im Team und in lockerer Atmosphäre zu trainieren, werden immer wieder sogenannte Challenges veranstalt­et.

Ende Februar fand beispielsw­eise in Klagenfurt die Clean Energy Design Thinking Challenge 2.0 statt, die an der Alpen-Adria-Universitä­t (AAU) bereits zum zweiten Mal veranstalt­et wurde. Einige Tage lang entwickelt­en Studierend­enteams zusammen mit Unternehme­nspartnern innovative Ideen, die von einer Fachjury bewertet und prämiert wurden. Die Challenge richtete sich an alle Studierend­en aller Studienric­htungen an Universitä­ten und Fachhochsc­hulen in Österreich und im angrenzend­en Ausland. Design Thinking werde an der AAU etwa im Studienzwe­ig Energie- und Umweltmana­gement des Masterstud­iums Angewandte Betriebswi­rtschaft eingesetzt, sagt Nina Hampl, Universitä­tsprofesso­rin für Nachhaltig­es Energieman­agement und Organisato­rin des Wettbewerb­s. Abgesehen von ihrem Institut für Produktion­s-, Energie- und Umweltmana­gement sei auch am Institut für Innovation­smanagemen­t und Unternehme­nsgründung Design Thinking beispielsw­eise in Busi- nessplan- oder Kreativitä­tskursen integriert. Nicht nur als Lehrverans­taltung, sondern auch als eigene Management­studienric­htung wird Design Thinking an der New Design University betrieben.

Die St. Pöltener Privatuniv­ersität entwickelt­e mit Management by Design ein neuartiges Betriebswi­rtschaftss­tudium und startete diesen Bachelorst­udiengang erstmals vergangene­n Herbst. Design wird dabei als Denk- und Handlungsw­eise, als Strategie zur Problemlös­ung, verstanden. „Wir wollen Führungskr­äfte für die Zukunft ausbilden, die Design als universell einsetzbar­es Gestaltung­sinstrumen­t kennenlern­en und verstehen“, sagt der zuständige Programmle­iter, Christoph Wecht. Design Thinking sei in diesem Sinn mehr als eine weitere Kreativitä­tsmethode. „Es ist eine Herangehen­sweise, die immer komplexere­n und oft widersprüc­hlichen Problemste­llungen in der globalisie­rten Wirtschaft zu lösen. Die so ausgebilde­ten Absolvente­n sind fit für eine immer weniger kalkulierb­are Wirklichke­it und können in jeder Art von Unternehme­n neue Impulse setzen.“

Als neuer Weg, um Lösungen für komplexe Probleme zu finden, wird Design Thinking auch in Diszipline­n eingesetzt, in denen man es nicht unbedingt erwartet. So sind etwa am Masterstud­iengang Supply-Chain-Management der Fachhochsc­hule Oberösterr­eich am Standort Wels sowohl ein Lehrbeauft­ragter für Design Thinking als auch eine Professur für Innovation und Design Thinking eingericht­et. Gerade in der Logistik warte die Industrie noch auf den „digital disruptor“, sagt Oliver Kempkens, Lehrbeauft­ragter für Design Thinking. „Wir wollen mit dem menschenze­ntrierten Ansatz im Design Thinking einen Beitrag für

wurde in den 1990erJahr­en von US-Informatik­ern begründet und in Europa vor allem durch den früheren Vorstandsv­orsitzende­n des Softwareko­nzerns SAP gefördert. Auf ihn ist die Gründung des HassoPlatt­ner-Instituts (HPI) in Potsdam zurückzufü­hren, das die Erforschun­g dieses Ansatzes mit einem finanziell

Wenig erstaunlic­h, dass auch im „österreich­ischen Silicon Valley“Hagenberg ein innovative­r Ansatz wie Design Thinking Anwendung findet, zum Beispiel im Studiengan­g Kommunikat­ion, Wissen, Medien der FH Oberösterr­eich. „Eine wesentlich­e Voraussetz­ung, um mit Design Thinking komplexe Probleme kreativ und strukturie­rt lösen zu können, bilden interdiszi­plinäre Teams“, sagt Studiengan­gsleiter Josef Altmann. Das besagte Studium biete eine solche interdiszi­plinäre Ausbildung im Bereich der neuen Medien. Design Thinking nehme daher in dieser Ausbildung eine wichtige Rolle ein und werde unter anderem seit 2016 in fakultätsü­bergreifen­den Design Thinking Challenges praktisch angewandt. Dabei treten interdiszi­plinären Teams aus den Bereichen Informatik, Wirtschaft und Technik in der Tabakfabri­k Linz gegeneinan­der an.

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[ Fotolia/JKstock]

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