Klein, aber ziemlich oho
Sich auf wenigen Quadratmetern gut einzurichten stellt oft eine große Herausforderung da. Doch der Trend zu kleinen Wohnungen bringt auch Designer auf den Plan. Einige Tipps und Beispiele.
Leben wir in Zukunft nur noch allein? Die Entwicklungskurve der Ein-Personen-Haushalte zeigt in allen Großstädten weltweit steil nach oben. Zum ersten Mal in der Geschichte leben mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Hinzu kommt, dass es – als Folge von massiv gestiegenen Baupreisen und Mieten – zu einer Art Rückbesinnung auf kleine, günstigere und bewusst sinnvoll geplante Wohnungen kommt.
Aktuell kann jedoch das städtische Angebot die zunehmende Nachfrage in keiner Weise bedienen. Es ist aber nicht nur die schiere Not, sondern es ist daraus ein Trend entstanden. Lieber in der Stadt als auf dem Land, ist trotz allem die Devise. Aus diesem Grund werden – nach New Yorker Vorbild – immer mehr Mikroapartments gebaut, die zunehmend in eine Hochhausbauweise münden. Das hat den Vorteil, dass möglichst viele Menschen auf kleinem Grundstück untergebracht werden können. Wie groß diese Apartments sein müssen, unterliegt bisher keiner Definition. Meistens handelt es sich um Wohnungen mit 20 bis 40 Quadratmetern Wohnfläche.
Laut der Wiener Bauordnung muss eine Mikrowohnung mindestens 30 Quadratmeter haben. „Europäisch standardisiert ist das allerdings nicht, das ist lediglich eine Richtmarke“, sagt Paola Bagna vom Architekturbüro Spamroom, das sich auf die Gestaltung kleinster Wohnräume spezialisiert hat.
In Paris reichen bereits neun Quadratmeter, um als solche zu gelten. In Berlin treibt eine Gruppe von Designern das Leben auf engem Raum sogar auf die Spitze. Ihr Miniapartment „tiny100“ist nur 6,4 Quadratmeter groß. „Wir haben ausgelotet, auf welchem Raum man noch leben kann“, sagt Industriedesigner Raphael Behr.
Und hier liegt aus (innen-)architektonischer Sicht die Herausforderung. Wenn die Wohnfläche immer kleiner wird, was passt dann noch hinein, ohne bedrückend zu wirken? Um den Platz effizient zu planen, eignen sich mehrere Ansatzweisen. Maßangefertigte Einbaumöbel sind wohl die ästhetischste und funktional effektivste, aber auch die teuerste Lösung. Hierbei wird der Einbau so konzipiert, dass der Raum ausgenutzt und für ausreichend Stauraum, Sitz- und Liegemöglichkeit gesorgt wird. In der Regel zieht man dafür einen Innenarchitekten zu Rate, der zudem mit digitalen Bei kleinen Räumen ist in der Regel der Einsatz von hellen Farben angezeigt. Das gilt ebenso für die Farb- und Materialauswahl der Möbel. Dazu lassen sich dann mit kontrastreichen Wohnaccessoires in kräftigen Farben gut Akzente setzen. Wer es gern harmonischer hat, kann sich auch für einen Farbton in mehreren Nuancen entscheiden. Tools die Planung für den Kunden vor Baubeginn visualisieren kann.
Wenn das nicht infrage kommt, braucht es ein kreatives Konzept, um mit wenigen Mitteln die Vorstellungen des Bewohners umzusetzen. Dazu gehören Farbakzente und Lichtszenarien genauso wie ein passendes Mobiliar. Das ruft die Möbelhersteller und ihre Designer auf den Plan, die die zunehmende Nachfrage platzsparender und wandelbarer Raumwunder bedienen müssen. Zum Beispiel mit dem Revival der Schrankbetten, stauraumoptimierten Küchen und EinbauschrankVarianten. Oder mit einem Möbelstück, das den Wohnraum per Knopfdruck von einem Schlafzimmer in ein Arbeits- oder Wohnzimmer inklusive Kleiderschrank verwandeln kann – sogenannte Transformation-Möbel. Das sind Möbel, denen man ihre eigentlichen Funktionen nicht ansieht. An der Wand hängende Bretter, die sich als Tisch oder Stuhl entpup- pen. Anbauwände, hinter denen die Schlafstätte verborgen liegt, oder Möbel, die wie eine Ziehharmonika beliebig erweiterbar sind, je nachdem, wie viele Gäste man erwartet. Möchten einige der Gäste übernachten, könnte die Idee eines wandelbaren Sofas das Richtige sein, aus dem sich ohne großen Aufwand ein Doppelstockbett zaubern lässt. Generell finde in der effizienten Wohnraumgestaltung ein Umdenken statt, meint Tobias Oriwol, Projektmanager der Immobilienfirma Monadnock. „Wer nie kocht, braucht auch keinen großen Kühlschrank und keinen Herd mit vier Kochstellen.“
Wenn sich einer auskennt mit kleinen Räumen, dann ist es der Autohersteller Mini. Auf der Möbelmesse in Mailand führte er im letzten Jahr vor, was man mit kleinen Räumen so alles anstellen kann. So funktionieren etwa die Wände des Appartements wie Regalmodule auf Schienen, die sich auf- und umklappen lassen und dabei funktionale Bereiche wie Küche oder Arbeitsbereich unterbringen. Wer Lust auf Gesellschaft hat, kann die Wände aber auch zu größeren Einheiten öffnen. Überhaupt wird nach den neuesten Konzepten in der Ausstattung kleiner Minikuben allerhand Technik versteckt. Dazu gehören unter anderem eine gehobene Vollmöblierung, Serviceanbindungen und natürlich digitale Einbauten wie TV, HiFi und WLAN.
Das hat natürlich seinen Preis. Deshalb sollte man sich das Gesamtkonzept ganz genau anschauen, findet auch der Grazer Architekturpsychologe Harald Deinsberger-Deinsweger. Er möchte die Aufmerksamkeit noch auf einen anderen Aspekt lenken: „Der Wahrnehmungsraum ist aufgrund der Wohnungsgröße beschränkt und muss im Idealfall erweitert werden können, etwa durch eine schöne Aussicht. Gibt es einzig den tristen Blick aufs Haus gegenüber, dann muss dafür in der Wohnung für Vielfalt gesorgt werden.“Schon allein aus diesem Grund lohnt sich ein genaues Abwägen von Ausstattung, Lage, Service und Preis.