Die Presse

Baupreise bringen Wohnbau unter Druck

Die Preise für den Wohn- und Siedlungsb­au haben im Vorjahr wieder deutlich zugelegt. Die Schraube dreht sich weiter, mit den Baukosten steigen naturgemäß auch die Wohnungspr­eise. Ein Ende ist derzeit noch nicht in Sicht.

- VON URSULA RISCHANEK

Den heimischen Bauträgern steht beim Kalkuliere­n ihrer Projekte angesichts der steigenden Baupreise der Schweiß auf der Stirn: Sie mussten im Vorjahr für die Errichtung ihrer Bauvorhabe­n um rund 2,9 Prozent mehr bezahlen als 2016. Aber auch die Bauwirtsch­aft ist mit steigenden Kosten konfrontie­rt. „Die Herstellun­gskosten der ausführend­en Bauwirtsch­aft im Wohn- und Siedlungsb­au sind um drei bis 3,5 Prozent gestiegen“, sagt Peter Scherer, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer der Geschäftss­telle Bau der Bundesinnu­ng Bau und des Fachverban­ds der Bauindustr­ie. Zurück zu führen sei dies vor allem auf signifikan­te Preissteig­erungen bei Materialie­n wie Baustahl, Bitumen oder Kunststoff sowie bei Geräten.

Karl Wurm, Obmann des Verbandes der gemeinnütz­igen Bauträger, spricht gar von wesentlich größeren Preissteig­erungen. Zumindest in Wien. Hier hätten die Baupreise wesentlich deutlicher angezogen. „Bei manchen Projekten liegen sie um 30 bis 60 Prozent über dem, womit wir das Projekt kalkuliert oder im Bauträgerw­ettbewerb eingereich­t haben“, erklärt er.

Einen besonders starken Aufwärtstr­end würden die Preise für Technikkom­ponenten wie Heizung/Lüftung, Elektro-, Gas- und Wasserinst­allationen aufweisen. „Die Preise für Elektrik haben in den letzten drei, vier Jahren um insgesamt etwa 50 Prozent zugelegt“, sagt Wurm. Aufgrund der Förderungs­vorgaben in Hinblick auf die energetisc­h-thermische Ausstattun­g würde sich diese Preissteig­erung besonders stark auf die Gesamtbaup­reise auswirken – demnach sei der Anteil der „Technikkom­ponenten“auf mehr als 20 Prozent angestiege­n.

„Das Problem ist, dass es immer schwierige­r wird, die Baukosteng­renze, die in der Förderung vorgegeben ist, einzuhalte­n“, berichtet Wurm. Angesichts dieser Problemati­k würden in Wien baureife Projekte für mehr als 2000 Wohnungen „stehen“.

Bei gemischten Projekten, bei denen sowohl frei finanziert­e als auch geförderte Wohnungen errichtet werden, könnten sich die Bauträger noch ein wenig helfen. „Wir vergrößern den frei finanziert­en Teil und bringen dort die Kosten unter. Aber wie lange noch werden die Käufer von frei finanziert­en Wohnungen die steigenden Kosten so hinnehmen?“, fragt sich Wurm.

Walter Rosifka, Wohnrechts­experte der Arbeiterka­mmer, sieht diese Entwicklun­g kritisch: „In Hinblick auf leistbares Wohnen nützt es gar nichts, wenn mehr frei finanziert­e als geförderte Wohnungen errichtet werden.“Von einer Entspannun­g am Wohnungsma­rkt könne daher keine Rede sein, bedauert Rosifka.

Auch Erwin Hübl, Chef des Bauträgers Hübl + Partner, sieht in den steigenden Baupreisen ein Problem. „Wir stellen derzeit Projekte fertig, die wir zu diesen Preisen nie wieder errichten können.“Die Baukosten seien in den vergangene­n drei Jahren um 15 Prozent gestiegen. „Mittlerwei­le betragen die Bruttobauk­osten – also die Kosten für die Planung, den Bau und den Vertrieb, aber ohne Grundantei­l und Bauträgers­panne – rund 2950 Euro pro Quadratmet­er.“

Würde man auch noch die beiden letztgenan­nten Posten dazurechne­n, komme man auf einen Quadratmet­erpreis von 5000 Euro für eine Wohnung. „Und das bei Weitem in keiner Toplage“, sagt Hübl.

Dass gerade in Wien die Lage so prekär ist, hat für Wurm – abgesehen von den Material- und Gerätekost­en für die Baufirmen – noch einen anderen Grund: „In Wien finden die Baufirmen keine günstigen Sub-Unternehme­r mehr.“Erschweren­d seien außerdem der Mangel an Facharbeit­ern, der zu Kapazitäts­engpässen bei den Bauunterne­hmen führt, und die rege Nachfrage der Bauträger. „Die Baufirmen können sich aussuchen, welche Aufträge sie an- nehmen“, weiß Hübl.

Er geht allerdings davon aus, dass der Plafond bei den Baupreisen erreicht sei. „Die meisten interessie­rten Käufer können sich diese Wohnungen nicht mehr leisten. Mit den Preissteig­erungen am Bau muss auch die Kaufkraft mitziehen“, sagt Hübl. Bis das soweit sei, werde sich zehn bis 15 Jahre nur wenig auf dem Markt tun. Auf die Frage, wie man die Situation entschärfe­n könne, antwortet Hübl wie aus der Pistole geschossen: „Am besten gar nicht zu bauen, sondern auf Beruhigung zu warten.“

Fremd ist ihm die derzeitige Entwicklun­g übrigens nicht: „Eine ähnliche Situation hat es bereits zwischen 1986 und 1990 gegeben“, erinnert er sich. Zur Entschärfu­ng habe damals eine massive Wohnbauoff­ensive der öffentlich­en Hand beigetrage­n. „Dadurch hat sich das Preisnivea­u stabilisie­rt“, erinnert sich Hübl.

(Kosten, die der Bauherr/ Auftraggeb­er für ein Bauvorhabe­n zahlt) stiegen 2017 um 2,9 Prozent.

(Baukosten, die einem Auftragneh­mer inklusive Löhne entstehen) stiegen im Wohn- und Siedlungsb­au um drei bis 3,5 Prozent.

ist die Kostenstei­gerung um einiges prekärer: Hier liegen die Baupreise um 30 bis 60 Prozent über jenen, mit denen die Projekte kalkuliert wurden oder beim Bauträgerw­ettbewerb eingereich­t wurden.

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[ APA; Komfortwoh­nungen ]

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