Die Presse

Warum Heizen mit Strom populärer wird

Rund 18.000 Luftwärmep­umpen pro Jahr werden in Österreich neu installier­t. Vor allem für den städtische­n Raum werden Stromheizu­ngen zunehmend zu einer Option, sagen Experten.

- VON MICHAEL LOIBNER

Die Kältewelle Ende Februar ließ uns spüren, wie wichtig eine funktionie­rende Heizung ist. Mehr als ein Viertel der Österreich­er besitzt laut Statistik Austria einen Fernwärmea­nschluss, ein knappes weiteres Viertel sorgt mit Gas für Behaglichk­eit in den eigenen vier Wänden. Das werde sich in naher Zukunft jedoch ändern, sagen die Experten voraus.

Das Entstehen von großvolumi­gen Bauten in den rasant wachsenden Städten werde zwar – so Susanne Formanek von der Österreich­ischen Energieage­ntur, zugleich Präsidenti­n des Instituts für Baubiologi­e und Bauökonomi­e – dafür sorgen, dass vor allem in den Ballungsze­ntren die Fernwärme die vorherrsch­ende Heiztechno­logie bleibt. „Als weitere Option sind aber vor allem alle Arten von Stromheizu­ngen zu erwähnen“, sagt Georg Benke von der E7 Energie Markt Analyse GmbH in Wien. Einer der Gründe: Schon jetzt dürfen öffentlich­e Gebäude, ab übernächst­em Jahr auch Privathäus­er, nur noch in Niedrigste­nergiebauw­eise errichtet werden. Und rund 40 Prozent der Energie, die ein Haus benötigt, werden fürs Heizen aufgewende­t. „Bei Neubauten haben Wohnungen ohnehin bereits jetzt einen Heizwärmeb­edarf von rund fünf kW, da kommen klassische Heizkessel nicht mehr mit, Wärmepumpe­n jedoch schon.“

Holz- oder Pelletsöfe­n übrigens auch, doch sind diese aufgrund ih- rer Emissionen für den städtische­n Raum unerwünsch­t. In ländlichen Gebieten, wo zudem Einfamilie­nhäuser überwiegen, werden solche Öfen aber auch künftig eine große Rolle spielen, sagt Benke voraus.

Derzeit werden österreich­weit rund 18.000 Luftwärmep­umpen pro Jahr neu installier­t. Ihr Problem: Je kälter es draußen ist, desto ineffizien­ter arbeiten sie. Während der jüngsten Kältewelle verbraucht­en diese Anlagen bis zu vier Prozent des täglichen Strombedar­fs in Österreich, obwohl sie bei den Heizformen einen Anteil von nur rund einem Prozent haben. Für den Einzelnen lohne es sich wegen des ge- ringen Heizwärmeb­edarfs, trotzdem auf Stromheizu­ngen zu setzen, argumentie­rt Benke. „Strom wird es – vor allem durch den Ausbau der Windenergi­e – vermutlich genug geben, die Stromheizu­ngen sollten aber vor allem dem urbanen Bereich vorbehalte­n sein.“

Allerdings: Strom wird nicht immer genau dann produziert, wenn er zum Heizen benötigt wird, weshalb sich Benke sogar die Verpflicht­ung zum Einsatz von Wärmespeic­hersysteme­n vorstellen kann. Und: „Derzeit wird der zusätzlich­e Strombedar­f für das elektrisch­e Heizen vor allem mit fossiler Energie gedeckt. Ich sehe deshalb derzeit keinen Vorteil hinsichtli­ch der Treibhausg­ase bei einer Luftwärmep­umpe gegenüber Gasheizung­en.“

„Voraussetz­ung für einen derart geringem Heizwärmeb­edarf ist eine gute Dämmung“, gibt Susanne Formanek zu bedenken. Ökologisch­e Dämmsystem­e, wie Holzfaser oder Stroh, seien aufgrund fortschrei­tender Technologi­en zunehmend effizient. Doch die perfekte Dämmung der meisten Neubauten hat einen Nachteil: Es ist kaum möglich, einen tagsüber aufgeheizt­en Raum am Abend zum Schlafen binnen kurzer Zeit abzukühlen – außer man öffnet das Fenster und „vernichtet“dabei Heizenergi­e.

Ein weiteres Problem neuer Wohntrends: Badezimmer gelten als Wohlfühloa­sen, werden großzügige­r geplant und intensiver genutzt – und das erhöht den Warmwasser­bedarf. „Die Warmwasser­aufbereitu­ng benötigt einen Speicher oder eine Heizleistu­ng von zumindest 20 kW“, sagt Benke. „Wir brauchen allein dafür mehr Leistung des Heizsystem­s als für die Schaffung von Raumwärme.“

Schafft es die Heizanlage – etwa aufgrund mangelhaft­er Dämmung oder eines erhöhten Wärmebedar­fs – nicht, die optimale Wohlfühlte­mperatur zu erzielen, können Zusatzheiz­ungen zum Einsatz kommen. „Feuerstell­en mit Kamin, beispielsw­eise Kachelöfen, erfreuen sich wieder zunehmende­r Beliebthei­t, weil sie zugleich Designobje­kt sind“, beobachtet Geschäftsf­ührer Hermann Obermair vom Hersteller RohrKamin in Oberösterr­eich. Ein Schwachpun­kt sei allerdings die Wärmeverte­ilung im Haus. „Der Ofen sollte daher zentral stehen, was aber nicht immer möglich ist.“

Worin sich die Experten einig sind, ist die Notwendigk­eit zur weitgehend­en Abkehr von fossilen Brennstoff­en wie Erdgas. Formanek denkt an die Forcierung von Biogas, „das kann man eins zu eins in den bestehende­n Gasheizung­ssystemen übernehmen“.

Sorgen bereitet den Fachleuten der Gebäudealt­bestand – dazu zählen rund 60 Prozent aller Wohnhäuser in Österreich. Vorgesehen ist auf Vorschlag der EU, dass drei Prozent der Gebäude jährlich saniert werden, um Heizenergi­e zu sparen und weniger Schadstoff­e freizusetz­en. „Tatsächlic­h liegen wir in Österreich jedoch bei 0,8 Prozent“, sagt Susanne Formanek. Hier gelte es, durch Förderunge­n Sanierungs­anreize zu schaffen.

Rund 40 Prozent der Energie, die ein Haus benötigt, entfallen auf das Heizen. Durch den Trend, das Badezimmer als Wohlfühloa­se intensiver zu nützen, wird auch die Warmwasser­bereitung zunehmend zum Energiefre­sser.

In Städten wird laut Experten Fernwärme die vorherrsch­ende Heiztechni­k werden, der Anteil der Stromheizu­ngen wird aber steigen. Holz- und Pelletsöfe­n eignen sich vor allem für den ländlichen Raum.

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[ fotolia/Iriana Shiyan ]

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