Die Presse

Arty in Simmering

Wohngeschi­chte. Wo die Straßenbah­nlinie 71 der Stadt schon fast den Rücken kehrt, liegt das Wiener Domizil des dort und in New York lebenden Künstlerpa­ares Nicole und Reinhold Ponesch.

- VON DORIS BARBIER

Die Gegend um den Enkplatz ist eine Multikulti­Drehscheib­e aller Nationen. „Wir lieben das sehr, weil wir es auch aus New York kennen und mögen.“Das dreistöcki­ge Wohnhaus, erbaut 1900, liegt direkt hinter der Pfarrkirch­e Neusimmeri­ng. Auf den 100 m2 befinden sich auch Bilderdepo­t und Büro von Reinhold Ponesch. Das Stiegenhau­s ist wendeltrep­penartig angelegt. „Da es keinen Lift gibt, müssen wir die Bilder hinunter- und hinauftrag­en. Die nette Atmosphäre des Hauses überwiegt aber, sodass wir das Schleppen gern in Kauf nehmen“, erzählt der Maler.

Vor ihrem Einzug wohnte hier ebenfalls ein Malerpaar. Nach deren Auszug wurde die Wohnung vom Besitzer generalsan­iert. Übrig blieb einzig eine Holztüre mit handgefert­igem Buntglas in der Mitte. Wenn diese Tür zum Vorraum geschlosse­n ist, werfen die Sonnenstra­hlen das Motiv des Glases direkt auf den Parkettbod­en im Wohnbereic­h.

Das Malatelier, rund 45 m2 genau über der Wohnung, wurde komplett umfunktion­iert: Hier finden sich eine bequeme Couch, Farben, Leinwände, Arbeitsmat­erial und Fotos aus dem Familienal­bum. „Das Atout sind die drei großen Fenster – im Gegensatz zum New Yorker Atelier, das hat nur ein eines“, so Ponesch. „Kreativ bin ich 24 Stunden meines Lebens, aber Raumtrennu­ng ist gut für mich.“Das Schmuckate­lier von Nicole ist dagegen in der Wohnung im Bibliothek­sraum integriert. „Das ist auch unser kommunikat­iver Raum.“Hier entstehen die Schmuckdes­igns und -displays sowie der neue Blog über Fashion, Kunst und Lieblingsp­latzerln.

Im Vorraum findet man die „Hausordnun­g“und Sprüche, die die beiden inspiriere­n, aber auch ein paar alte Malschuhe. Ein sehr geliebtes Stück ist die Garderobe, die aus verschweiß­ten großen Sicherheit­snadeln besteht. „Leider immer voller Mäntel, weil wir beide Mäntel lieben, die Reinhold auch selbst bemalt“, erzählt Nicole. Stirnseiti­g steht ein weißer hoher Kasten. „Auch immer voll, von den selbst designten Converse“, Nicole. Die Küche ist mit dem Wohnraum verbunden – „wir mögen es, uns mit Gästen während des Kochens zu unterhalte­n“.

Die Bibliothek ist für beide der Raum mit der angenehmst­en Energie. „Hier treffen wir uns zum Plaudern, Kaffeetrin­ken, Sinnieren und gemeinsame­n kreativen Arbeiten. Hier spielt sich unser künstleris­ches Brainstorm­ing ab, hier entstehen neue Ideen und Projekte.“Und hier hängen Reinholds neue Bilder zur Probe – wie auch im Wohnzimmer, in dem das Bild an der gegenüberl­iegenden Wand aber fix platziert ist.

Beide legen Wert auf Möbel, die zu ihnen passen. Das können Designerst­ücke sein, aber auch Gegenständ­e vom Flohmarkt oder selbst designte Möbel. „Es gibt ein paar Stücke, die uns ans Herz gewachsen sind und einen speziellen Charakter haben“, so Nicole.

Etwa das Lowboard in Nicoles Atelier, aus den Fünfzigerj­ahren, das eines von Nicoles Lieblingss­tücken ist – darauf thronen auch alle Familienfo­tos. Das kleine Nachttisch­kasterl stammt ebenfalls aus den 50ern. Dazu passend wurde es mit einem ganz besonderen Schmuckkas­ten und Lampe kombiniert. Und die Holzkiste aus dem 100 m2 Wohnung plus 45 m2 Atelier Nähe Enkplatz sind für das pendelnde Künstlerpa­ar die hohe Räume für große Bilder und Multikulti­Flair „wie in New York“. Reinhold Ponesch begann während der Ausbildung bei der Cobra zu malen. Vernissage der Ausstellun­g: „Mapping my Thougths“ist am 28. Mai in Wien. Schmuckdes­ignerin und Bloggerin Nicole Ponesch studierte Schauspiel und war im Marketing tätig. Ersten Weltkrieg, die einem Leopold Kollmann, Mitglied des k. u. k. Infanterie­regiments von Freiherr von Hess, gehörte. „Nicole hat sie von ihrem Opa geschenkt bekommen und hängt an diesem Stück sehr“, so Reinhold.

Der Esstisch wurde von Reinhold designt und gebaut. Er besteht aus zwei Betonschal­ungsbrette­rn aus dem Bauhaus, die mit dem Schriftzug „Happiness“und einer Figur aus einem seiner Bilder beklebt wurden. Auch die Lampe im Wohnzimmer ist Eigenbau – aus drei großen, einzeln dimmbaren Halogenleu­chten mit Messingfas­sungen, die von einem Holzbalken getragen werden. Ein bisschen modernes Design darf trotzdem sein: „Wir lieben die transparen­ten Sessel aus Pylokarbon­at ,Louis Ghost‘ des Designers Philippe Starck.“

Ob die beiden einmal für immer in Wien bleiben wollen? Nein. „Wir möchten immer zwischen den Städten pendeln. Wien ist jedoch unser Rückzugsor­t, wo unsere Kinder und unsere Familien zu Hause sind.“

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