Die Presse

SPÖ überlegt einen U-Ausschuss zur Geheimdien­staffäre.

Parlament. SPÖ beruft Sondersitz­ung ein, die Neos den Nationalen Sicherheit­srat. Peter Pilz will einen U-Ausschuss.

- VON MARTIN FRITZL

„Höchst ungewöhnli­ch und irritieren­d“empfindet Alexander Van der Bellen die BVT-Affäre. Der Bundespräs­ident erklärte in einer Stellungna­hme, er erwarte sich von den zuständige­n Stellen eine „rasche und vollständi­ge Aufklärung“. Für die Opposition ist sie dagegen ein gefundenes Fressen: SPÖ, Neos und Liste Pilz schossen sich am Freitag auf die Vorgänge im Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g ein und kündigten parlamenta­rische Aktivitäte­n an.

Die SPÖ wird die Affäre zum Anlass nehmen, eine Sondersitz­ung des Nationalra­ts einzuberuf­en. Parteichef Christian Kern kritisiert­e, „dass hier eine offensicht­lich wohlbegrün­dete Ermittlung der Staatsanwa­ltschaft genutzt wird, um den politisch gewünschte­n Umbau der Sicherheit­skräfte zu betreiben“. Er will daher mit den anderen Opposition­sparteien Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) ins Parlament zitieren.

Die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft, die die Ermittlung­en in der Causa führt, nahm Kern zwar in Schutz: Er gehe davon aus, dass die Staatsanwa­ltschaft gewohnt sorgsam vorgehe und die nötigen richterlic­hen Genehmigun­gen für die Hausdurchs­uchung beim Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) eingeholt habe.

Hausdurchs­uchung mit FPÖ-Politiker

Scharfe Kritik übte der SPÖ-Chef aber daran, dass die Hausdurchs­uchung durch die von einem FPÖ-Politiker geführte Einheit zur Bekämpfung der Straßenkri­minalität durchgefüh­rt wurde. „Offensicht­lich haben hier der FPÖ nahestehen­de Kräfte im Innenminis­terium die Gelegenhei­t am Schopf gepackt und Tatsachen geschaffen – weit über den ursprüngli­chen Ermittlung­sinhalt hinaus“, sagte Kern. Er vermutet hinter den Ermittlung­en einen internen Kampf im BVT und möglicherw­eise auch eine Auseinande­rsetzung zwischen ÖVP und FPÖ.

Die Neos haben unterdesse­n den Nationalen Sicherheit­srat einberufen. Als Grund gibt Parteichef Matthias Strolz an, dass sich viele ernste Fragen stellten, die von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) und Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) restlos aufgeklärt werden müssten: „Wenn die Vorwürfe stimmen, dann ist das eine Sauerei und ein Skandal.“Die Affäre rund um die Hausdurchs­uchung und die Festplatte­nkopien im Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g stinke zum Himmel, findet Strolz. Der Nationale Sicherheit­srat ist ein vertraulic­h agierendes Gremium, dem einzelne Minister, Sicherheit­sbehörden und Vertreter von Parlaments­parteien angehören.

Auch die Liste Pilz spricht von einem „ungeheuren Skandal“und will bei der Sondersitz­ung 50 Fragen an Innenminis­ter Herbert Kickl und Justizmini­ster Josef Moser stellen. Peter Pilz, nicht im Parlament befindlich­er Parteichef, geht einen Schritt weiter und fordert einen Untersuchu­ngsausschu­ss. Er habe Informatio­nen, dass die Affäre weit über das hinausgehe, was bisher bekannt sei. Das habe ein „ungeheures Ausmaß“.

Den U-Ausschuss kann die Liste Pilz freilich nicht selbst einberufen, dazu benötigt sie die Stimmen der SPÖ. Sie scheint nicht ganz abgeneigt zu sein. „Da steht natürlich auch ein Untersuchu­ngsausschu­ss im Raum“, sagte Parteichef Christian Kern am Freitag. Würde er einberufen, müsste ein anderer U-Ausschuss warten: jener über die Eurofighte­r-Beschaffun­g.

Offen ist noch, wie sich die Angelegenh­eit auf die Zusammenar­beit in der türkisblau­en Regierung auswirken wird. In der ÖVP, die ja bei Umbesetzun­gen im BVT auch betroffen wäre, gab man sich am Freitag noch zurückhalt­end. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz veröffentl­ichte ein knappes Statement: Er fordere „volle Aufklärung und Transparen­z aller beteiligte­n Ministerie­n“.

Die Vorgänge rund um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g sind höchst ungewöhnli­ch und irritieren­d. Alexander Van der Bellen, Bundespräs­ident

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