SPÖ überlegt einen U-Ausschuss zur Geheimdienstaffäre.
Parlament. SPÖ beruft Sondersitzung ein, die Neos den Nationalen Sicherheitsrat. Peter Pilz will einen U-Ausschuss.
„Höchst ungewöhnlich und irritierend“empfindet Alexander Van der Bellen die BVT-Affäre. Der Bundespräsident erklärte in einer Stellungnahme, er erwarte sich von den zuständigen Stellen eine „rasche und vollständige Aufklärung“. Für die Opposition ist sie dagegen ein gefundenes Fressen: SPÖ, Neos und Liste Pilz schossen sich am Freitag auf die Vorgänge im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ein und kündigten parlamentarische Aktivitäten an.
Die SPÖ wird die Affäre zum Anlass nehmen, eine Sondersitzung des Nationalrats einzuberufen. Parteichef Christian Kern kritisierte, „dass hier eine offensichtlich wohlbegründete Ermittlung der Staatsanwaltschaft genutzt wird, um den politisch gewünschten Umbau der Sicherheitskräfte zu betreiben“. Er will daher mit den anderen Oppositionsparteien Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ins Parlament zitieren.
Die Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft, die die Ermittlungen in der Causa führt, nahm Kern zwar in Schutz: Er gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft gewohnt sorgsam vorgehe und die nötigen richterlichen Genehmigungen für die Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) eingeholt habe.
Hausdurchsuchung mit FPÖ-Politiker
Scharfe Kritik übte der SPÖ-Chef aber daran, dass die Hausdurchsuchung durch die von einem FPÖ-Politiker geführte Einheit zur Bekämpfung der Straßenkriminalität durchgeführt wurde. „Offensichtlich haben hier der FPÖ nahestehende Kräfte im Innenministerium die Gelegenheit am Schopf gepackt und Tatsachen geschaffen – weit über den ursprünglichen Ermittlungsinhalt hinaus“, sagte Kern. Er vermutet hinter den Ermittlungen einen internen Kampf im BVT und möglicherweise auch eine Auseinandersetzung zwischen ÖVP und FPÖ.
Die Neos haben unterdessen den Nationalen Sicherheitsrat einberufen. Als Grund gibt Parteichef Matthias Strolz an, dass sich viele ernste Fragen stellten, die von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und Justizminister Josef Moser (ÖVP) restlos aufgeklärt werden müssten: „Wenn die Vorwürfe stimmen, dann ist das eine Sauerei und ein Skandal.“Die Affäre rund um die Hausdurchsuchung und die Festplattenkopien im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung stinke zum Himmel, findet Strolz. Der Nationale Sicherheitsrat ist ein vertraulich agierendes Gremium, dem einzelne Minister, Sicherheitsbehörden und Vertreter von Parlamentsparteien angehören.
Auch die Liste Pilz spricht von einem „ungeheuren Skandal“und will bei der Sondersitzung 50 Fragen an Innenminister Herbert Kickl und Justizminister Josef Moser stellen. Peter Pilz, nicht im Parlament befindlicher Parteichef, geht einen Schritt weiter und fordert einen Untersuchungsausschuss. Er habe Informationen, dass die Affäre weit über das hinausgehe, was bisher bekannt sei. Das habe ein „ungeheures Ausmaß“.
Den U-Ausschuss kann die Liste Pilz freilich nicht selbst einberufen, dazu benötigt sie die Stimmen der SPÖ. Sie scheint nicht ganz abgeneigt zu sein. „Da steht natürlich auch ein Untersuchungsausschuss im Raum“, sagte Parteichef Christian Kern am Freitag. Würde er einberufen, müsste ein anderer U-Ausschuss warten: jener über die Eurofighter-Beschaffung.
Offen ist noch, wie sich die Angelegenheit auf die Zusammenarbeit in der türkisblauen Regierung auswirken wird. In der ÖVP, die ja bei Umbesetzungen im BVT auch betroffen wäre, gab man sich am Freitag noch zurückhaltend. Bundeskanzler Sebastian Kurz veröffentlichte ein knappes Statement: Er fordere „volle Aufklärung und Transparenz aller beteiligten Ministerien“.
Die Vorgänge rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sind höchst ungewöhnlich und irritierend. Alexander Van der Bellen, Bundespräsident