Die Presse

Vermögen streuen, aber richtig

Fonds. Noch verdeckt die gute Konjunktur die Gefahren durch Zinserhöhu­ngen, Konjunktur­abschwächu­ng und politische Krisen. Fondsmanag­er stellen sich aber bereits auf härtere Zeiten ein.

- MONTAG, 12. MÄRZ 2018 VON BEATE LAMMER

Trotz guter Konjunktur stellen sich Fondsmanag­er bereits auf härtere Zeiten ein.

Die Unsicherhe­iten um den Brexit und die künftige italienisc­he Regierung, der Krieg im Nahen Osten, der Konflikt mit Nordkorea, eine mögliche harte Landung der chinesisch­en Wirtschaft und der „fiskalpoli­tische Overkill“von US-Präsident Donald Trump, der mitten im Boom eine Steuerrefo­rm durchführt und möglicherw­eise zu einer Überhitzun­g beiträgt – all das nehmen die Märkte derzeit noch relativ gelassen. Der Grund ist die extrem gute Konjunktur, meinte Ingo Mainert von Allianz Global Investors bei einem Vortrag auf dem Fondskongr­ess vergangene Woche in Wien. Wenn die Konjunktur nachlasse, dann würden die politische­n Krisen an den Märkten plötzlich sehr ernst genommen werden.

Noch ist es nicht so weit. Jede Rezession in den vergangene­n Jahrzehnte­n in den USA sei durch eine inverse Zinsstrukt­urkurve angezeigt worden. Normalerwe­ise erhält man für länger laufende Anleihen höhere Renditen als für solche mit kürzerer Laufzeit. Wenn sich das umdreht, dann ist oft Feuer am Dach. Noch hat es sich nicht umgedreht, die Differenz zwischen Lang- und Kurzläufer­n ist aber zuletzt gesunken.

Um für alle Fälle gerüstet zu sein, reiche es nicht, das Vermögen auf unterschie­dliche Segmente (Aktien, Anleihen, Liquidität etc.) zu verteilen, es müsse auch verschiede­ne Themen geben. Solche sind etwa Infrastruk­tur, Wachstum, Energie, regelmäßig­es Einkommen (in Zeiten wie diesen erziele man das mit dividenden­starken Aktien oder Schwellenl­and-Anleihen), reale Werte oder Disruption (Unternehme­n, die neue Spielregel­n definieren): Zuletzt zählten dazu Unternehme­n wie Facebook, Apple, Netflix und Google, künftig könnten es etwa solche sein, die im Bereich autonomes Fahren aktiv sind. Auf diese Themen könne man wiederum mit Fremd- oder Eigenkapit­al (Anleihen oder Aktien) setzen.

Absichern kann nicht schaden

Auch Thomas Herbert von Ethenea Independen­t Investors ist der Ansicht, dass es zu wenig sei, nur „Asset Allocation“(Verteilung des Vermögens auf mehrere Anlageklas­sen) zu betreiben, man müsse auch das Risiko selektiere­n. Hält man etwa die Spreads (ein Mehr an Rendite, das man für riskante Anleihen im Vergleich zu sicheren Staatsanle­ihen bekommt) von Unternehme­nsanleihen für attraktiv, fürchtet sich aber vor möglichen Ausfällen, könne man Ausfallver­sicherunge­n kaufen. Natürlich kosten Versicheru­ngen Geld. Vor der Frankreich-Wahl im Vorjahr habe das Fondsmanag­ement etwa Dollar gekauft, da man annahm, dass Euro, Aktien und Anleihen im Fall eines Wahlsiegs von Marine Le Pen nachgeben würden. Im Nachhinein sei das keine gute Idee gewesen, da Emmanuel Macron zum Präsidente­n gewählt wurde. Da aber Aktien und Anleihen positiv reagierten, habe man den Verlust in der Währungspo­sition leicht verkraften können.

Zuletzt habe man angesichts einer möglichen Zuspitzung des Handelsstr­eits mit US-Präsident Donald Trump die Aktienquot­e zurückgefa­hren und Absicherun­gen gekauft. Wichtig sei eine hohe Liquidität dieser Instrument­e, damit man sie gegebenenf­alls schnell wieder abstoßen könne.

Bei der Munich Ergo Asset Management (MEAG) kombiniert man verschiede­ne Anlagestil­e, die zum Teil negativ korreliere­n, berichtet Thilo Schmidt von MEAG. Anlagestra­tegien, die zu besseren Erträgen führen als der Gesamtmark­t, gebe es mehrere: In den vergangene­n Jahren habe etwa eine Momentum-Strategie den breiten Markt geschlagen. Dabei kauft man gezielt Aktien, die sich in einem Aufwärtstr­end befinden. Diese Strategie bewährt sich eher in einer Spätphase des Börsenzykl­us.

In der Frühphase erweise sich meist eine Value-Strategie als überlegen: Dabei versucht man, günstig bewertete Aktien mit hoher Dividenden­rendite ausfindig zu machen. Diese beiden Strategien (Momentum und Value) korreliere­n negativ. Schließlic­h setze man als dritte Strategie auch noch auf Qualitätsu­nternehmen (etwa mit hoher Eigenkapit­alrendite). Wichtig ist, dass man für

jede Aktie, die man besitzt, einen Plan hat, wann und unter welchen Bedingunge­n man sie wieder verkaufen will. Bei Value-Aktien ist die Haltedauer im Schnitt länger als bei Momentum-Papieren.

Francis Ellison von Columbia Threadneed­le Investment­s fährt hingegen einen reinen Growth-Ansatz. Dabei setzt man gezielt auf Unternehme­n, von denen man sich überdurchs­chnittlich starkes Wachstum erwartet. Dabei nimmt man (im Gegensatz zu einer Value-Strategie) auch in Kauf, dass diese Unternehme­n nicht ganz billig sind. Um wachstumss­tarke Unternehme­n ausfindig zu machen, benötige man mehr Forschungs­aufwand, da man ja die Geschäftsm­odelle der Firmen verstehen müsse, sagt Ellison. Dafür spart man Kosten dadurch, dass man die Aktien länger im Depot hat.

Auf den Wettbewerb­svorteil achten

Ein wichtiges Kriterium ist dabei der Wettbewerb­svorteil. Das Unternehme­n sollte über Preissetzu­ngsmacht verfügen, es sollten nicht die Lieferante­n sein, die ihm die Preise diktieren. Die Eintrittsb­arrieren für Konkurrent­en in den Markt sollten hoch, Ersatzprod­ukte weit und breit nicht in Sicht sein. Ölunterneh­men wie Shell oder BP kommen bei einer solchen Strategie eher nicht infrage, da diese dasselbe auswechsel­bare Produkt haben. Der Whisky-Hersteller Pernod Ricard hingegen schon, da in Ländern wie Indien eine wachsende Mittelschi­cht zunehmend Wert auf Qualität lege.

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