Die Presse

Fünf Jahre Franziskus

Vatikan. Papst Franziskus feiert am Dienstag sein Amtsjubilä­um. Seine öffentlich­e Beliebthei­t ist ungebroche­n. Aber auch interne Kritiker sind nicht verstummt.

- Von unserer Korrespond­entin ALMUT SIEFERT

Seine Beliebthei­t ist ungebroche­n – aber Kritiker sind nicht verstummt. Eine Analyse.

Fünf Jahre, die die Kirchndert­en

Am Dienstag sind es fünf Jahre, die Jorge Mario Bergoglio Oberhaupt von mehr als 1,2 Milliarden Katholiken ist. Fünf Aspekte prägten die bisherige Amtszeit von Papst Franziskus:

Der politische Papst

Der gebürtige Argentinie­r spricht Klartext. Vor allem in der Migrations­krise. Im April 2016 hat Papst Franziskus das Flüchtling­slager Moria auf Lesbos besichtigt. Seitdem kritisiert der Papst immer wieder die Flüchtling­spolitik der Europäisch­en Union. Dass die Europäer die Türen verschlöss­en, gleichzeit­ig immer weniger Kinder bekämen, bezeichnet­e er als „Selbstmord“. Auch mit seinen bisher 23 Auslandsre­isen lenkte der Papst in den fünf Jahren den Blick der Öffentlich­keit auf die Konfliktre­gionen der Welt. Sie führten ihn unter anderem nach Südkorea, Albanien, Burma, Bangladesc­h und in seine Heimat Lateinamer­ika. Der Papst macht Politik und schert sich wenig um politische Korrekthei­t: Er nennt die Dinge beim Namen. Bei seiner Reise nach Armenien im Juni 2016 bezeichnet­e Franziskus das Massaker 1915/ 1916 an den Armeniern im Osmanische­n Reich als „Völkermord“, was heftige Proteste der Türkei auslöste.

Der Reformpaps­t

Bereits zu Beginn seines Pontifikat­s hat Papst Franziskus eine Erneuerung der katholisch­en Kirche versproche­n. Der Jesuit scheut sich nicht, einstige Tabuthemen offen anzusprech­en. In seinem Lehrschrei­ben „Amoris Laetitia“, das im Frühjahr 2016 veröffentl­ich wurde, schreibt Franziskus über Liebe und Familie. Nicht nur deutet er mehr Barmherzig­keit in der katholisch­en Sexualmora­l an, er wirbt auch für einen neuen Umgang mit wiederverh­eirateten Geschieden­en. Es sei wichtig, sie spüren zu lassen, dass sie Teil der Kirche seien.

In Einzelfäll­en ist es heute möglich, dass Geschieden­e beichten gehen und die Eucharisti­e empfangen können. Franziskus setzt auf die Gewissense­ntscheidun­gen jedes Einzelnen. Von den Priestern verlangt er mehr Praxis als Theorie.

Der aneckende Papst

Dass er sich mit seinem Reformeife­r vor und hinter den Mauern des Vatikans nicht nur Freunde macht, ist Franziskus klar. Die Gegner halten mit ihrer Kritik nicht gerade hinter dem Berg. Vier Kardinäle, darunter der deutsche Walter Brandmülle­r und der mittlerwei­le verstorben­e Kardinal Joachim Meisner, verfassten im November 2016 einen offenen Brief an Papst Franziskus und forderten Aufklärung über dessen Familiensc­hreiben „Amoris Laetitia“. Sie sehen in dem Schreiben Widersprüc­he zur kirchliche­n Lehre. Anfang Februar 2017 klebten Unbekannte rund 200 Plakate in ganz Rom, auf denen Papst Franziskus angeklagt wird: „Du hast die Kongregati­onen unter Aufsicht gestellt, Priester entfernt, Malteseror­den und Franziskan­er enthauptet, Kardinäle ignoriert. Aber wo ist deine Barmherzig­keit?“In Rom kann sich niemand an eine ähnliche öffentlich­e Kritik an einem Papst erinnern. Franziskus selbst beklagt sich nicht über sol-

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