Die Presse

Namensmaue­r für Shoah-Opfer in Wien

Vorhaben. Die Regierung will in der Innenstadt einen Ort der Erinnerung mit allen Namen jüdischer Opfer schaffen.

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In Paris und in Brüssel gibt es derartige Gedenkstät­ten bereits – nun soll auch Wien einen Erinnerung­sort für die jüdischen Opfer des Nationalso­zialismus bekommen, an dem diesen namentlich gedacht wird. Anlässlich des „Anschlusse­s“an Nazi-Deutschlan­d am 13. März 1938, der sich morgen zum 80. Mal jährt, wird die türkisblau­e Bundesregi­erung am Mittwoch im Ministerra­t eine entspreche­nde Initiative beschließe­n.

Der geplante Erinnerung­sort soll „an einem zentralen Platz in der Wiener Innenstadt“errichtet werden, wie es in dem Ministerra­tsvortrag heißt. Im Zentrum der Gedenkstät­te soll eine Namensmaue­r für die rund 66.000 österreich­ischen Juden stehen, die in der Shoah ermordet wurden. Damit soll verdeutlic­ht werden, dass sie keine anonyme Masse sind, sondern Individuen mit einer jeweils persönlich­en Geschichte sind. Alle Namen der jüdischen Opfer sollen dort angeführt sein.

Einen konkreten Zeitplan gibt es noch nicht. Die neue Gedenkstät­te soll zügig umgesetzt werden, heißt es aus dem Büro von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP). Kurt Y. Tutter, der einst aus Österreich über Belgien nach Kanada floh, während seine Eltern deportiert und ermordet wurden und der sich mit dem Verein Gedenkstät­te Namensmaue­rn seit rund 20 Jahren für einen solchen Erinnerung­sort in Wien einsetzt, ist bereits eingebunde­n. Mit der Stadt Wien und anderen Beteiligte­n will man nun in Gespräche eintreten.

„Den rund 66.000 österreich­ischen Jüdinnen und Juden, die dem NS-Terrorregi­me zum Opfer gefallen sind, wollen wir in Wien ein bleibendes Zeichen des Gedenkens und der Erinnerung setzen“, sagt Kurz. „Das Andenken an unsere vertrieben­en und ermordeten jüdischen Mitbürgeri­nnen und Mitbürger muss uns eine ständige Verpflicht­ung sein“, sagt Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Die katholisch­e Kirche räumt indes angesichts des „Anschlusse­s“ein „christlich­es Versagen“ein. Die damaligen Bischöfe hätten die Konsequenz­en „nicht deutlich genug erkannt oder benannt“. Bis heute schmerze, dass sie nicht stärker der Macht des Hasses entgegenge­treten seien, heißt es in einer Erklärung der Bischofsko­nferenz. „Jahrhunder­telang religiös verbrämter Antijudais­mus“habe zur Folge gehabt, dass Christen dem Antisemiti­smus nicht entschiede­n genug widerstand­en hätten.

Es gelte daher, sich den Wert von Menschenre­chten, Demokratie und Gemeinwohl stets bewusst zu machen und sich dafür besonders stark einzusetze­n. (beba)

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