„Fast jeder hat ein nachhaltiges Investment“
Marktanalyse. Nachhaltige Fonds seien nicht Mainstream, aber ein etablierter Teil der Fondslandschaft, sagt ein Experte. Zu den Treibern zählen die Vorsorgekassen.
Nachhaltige Publikumsfonds sind immer noch ein schmales Segment in der Fondslandschaft – aber sie legen von Jahr zu Jahr zu. Laut einer Marktauswertung der auf Nachhaltigkeit spezialisierten Unternehmensberatung RFU haben Österreichs Fondsgesellschaften Ende des Vorjahres 7,5 Milliarden Euro in 82 nachhaltigen Publikumsfonds verwaltet – um 800 Millionen bzw. zwölf Prozent mehr als Ende 2016.
Zum Vergleich: Die Assets aller inländischen Publikumsfonds erhöhten sich laut VÖIG-Zahlen um 15 Prozent auf 90,1 Mrd. Euro. „Anders als in früheren Jahren ist das Nachhaltigkeitssegment im Vorjahr nicht mehr überproportional gewachsen“, konstatiert RFU-Geschäftsführer Reinhard Friesenbichler. Das Wachstum entspreche in etwa dem der gesamten Branche. Der Marktanteil nachhaltiger Publikumsfonds lag Ende 2016 bei 8,3 Prozent.
Ökologische und ethische Investments seien „zwar nicht Mainstream, aber ein etablierter Bestandteil der österreichischen Fondslandschaft“, resümiert Friesenbichler. Das zeige sich auch darin, dass 16 der 19 österreichischen Fondsgesellschaften Nachhaltigkeitsfonds anbieten – laut der Auswertung alle außer Meinl, Ampega und Union.
Seit die auf Ethikfonds spezialisierte Fondstochter von Schelhammer & Schattera in der Security KAG aufgegangen ist, gibt es allerdings keinen heimischen Anbieter mehr, der ausschließlich auf Nachhaltigkeit fokussiert ist. Bei der Security KAG macht dieses Segment nun knapp ein Drittel des verwalteten Vermögens aus, bei allen Mitbewerbern ist es sehr viel weniger. Vom Marktanteil her führt ebenfalls die Security KAG, die Erste-Sparinvest liegt fast gleichauf, knapp dahinter folgt die Raiffeisen KAG. Auf jeden dieser drei Anbieter entfällt rund ein Fünftel des Gesamtmarktes.
Insgesamt betrachtet sind allerdings die Publikumsfonds ebenfalls nur ein Marktsegment. Im ungefähr gleich großen Markt für Spezialfonds sei die Entwicklung analog, sagt Friesenbichler. Der Motor in Sachen Nachhaltigkeit seien hier die Vorsorgekassen. „Insofern hat wahrscheinlich fast jeder berufstätige Österreicher ein nachhaltiges Investment – nur weiß er es oft gar nicht.“
Eine andere Frage ist, wie man Nachhaltigkeit überhaupt definiert. „Das ist eine komplexe Eigenschaft und für Anleger schwer überprüfbar“, räumt der Experte ein. Als Orientierungshilfe dienen diverse Labels, etwa das staatliche „Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte“oder das „FNGSiegel für nachhaltige Publikumsfonds“. Auf beide Labels können von Jahr zu Jahr mehr heimische Fonds verweisen. 61 der 82 Fonds orientieren sich zudem am „Europäischen Transparenz Kodex“von Eurosif.
Abseits davon ortet Friesenbichler noch einen anderen Trend: „Tools und Erkenntnisse aus der Nachhaltigkeitsanalyse finden immer stärker Eingang in das Instrumentarium der klassischen Fondsmanager.“Dort sei dann z. B. vom „Reputationsrisiko“die Rede – faktisch laufe es aber aufs Gleiche hinaus. „So gesehen könnte sich die Unterscheidung zwischen nachhaltigen und anderen Fonds irgendwann erübrigen“, meint er.
Denkbar wäre das freilich nur bei Positivkriterien, wie z. B. verantwortungsvolle Unternehmensführung. Bei den Ausschlusskriterien wird es immer Unterschiede geben: Ob man z. B. in Rüstung, Glücksspiel, Tabak oder Alkohol investieren will oder nicht, ist und bleibt eine Grundsatzentscheidung.