Wenn drei Fonds völlig ausreichen
Fokussierung. Viele private Investoren wollen diversifizieren und glauben, verschiedenste Anlageklassen kaufen zu müssen. Oftmals schneiden sie dabei verhältnismäßig schlecht ab. „Keep it simple and cheap“lautet eine wichtige Regel.
Gleich vorweg: Multimillionäre, Finanzexperten mit viel Zeit oder Verkäufer von teuren und komplizierten Investmentvehikeln werden die folgenden Zeilen wohl nicht so gut finden. Das hat unterschiedliche Gründe, läuft im Prinzip aber stets auf eine mehrfach bewiesene Tatsache hinaus: Im Durchschnitt und langfristig schneiden breit gestreute Indizes fast immer besser ab als besonders kreative, individuelle Anleger.
Das muss nicht heißen, dass deshalb ein Investment in einen breiten Indexfonds stets anderen Anlageformen zu bevorzugen ist. Um bei den genannten Beispielen zu bleiben: Für einen Multimillionär mögen Steuergründe oder die Absicherung des Vermögens eine wichtigere Rolle spielen. Der Finanzexperte mit viel Zeit mag Spaß daran finden, Markttrends zu analysieren, einzelne Investments herauszupicken und damit zumindest ab und zu die Masse zu schlagen. Und der Verkäufer von teuren und komplexen Produkten verfolgt ohnehin ganz andere Interessen.
Die eine goldene Regel für Anleger gibt es deshalb natürlich nicht. Dafür sind Zeithorizonte und persönliche Präferenzen viel zu unterschiedlich. Aber eines kann man schon sagen, und das ist für den durchschnittlichen österreichischen Investor interessant: Wer wohlhabend ist, aber nicht superreich, ein gewisses Grundverständnis für Finanzmärkte mitbringt, einen langfristigen Anlagehorizont von zumindest zehn oder 15 Jahren verfolgt und sich von Bankberatern oder Vermögensverwaltern nicht über den Tisch ziehen lassen will, für den gibt es eine Grundregel: „Keep it simple and cheap“, also möglichst unkompliziert und günstig.
Es ist fast schon ironisch, dass einer der größten Befürworter dieser Regel ausgerechnet ein Multimilliardär ist, der in Hunderte verschiedene Firmen investiert ist und noch dazu den Markt über Jahrzehnte hinter sich gelassen hat: Warren Buffett. Doch ist der Starinvestor, und das sagt er selbst immer wieder, die absolute Ausnahme. Weshalb er auch vor zehn Jahren eine der berühmtesten Wetten der Finanzgeschichte eingegangen ist. Der amerikanische S&P 500 Index werde über zehn Jahre stärker zulegen als ein Mix aus aktiven Investmentfonds, prophezeite das „Orakel von Omaha“, und er sollte recht behalten.
Was kann nun ein europäischer Investor von Warren Buffett lernen? Nehmen wir zum Beispiel eine erfolgreiche Managerin, Mitte 30, die monatlich 500 oder 1000 Euro für die Pension zur Seite legen will. Die Empfehlung Buffetts wäre es, genau einen Indexfonds zu kaufen, nämlich jenen, der den wohl wichtigsten Index der Welt, den S&P 500, nachbildet, und das monatliche Extrakapital stets und ohne Rücksicht auf Verluste in ebendiesen zu stecken.
Eine hundertprozentige Garantie gibt es nie, doch seit Mitte der 1970er-Jahre hat es keine 15-jährige Periode gegeben, in der der S&P 500 Index nicht zugelegt hätte. Langfristig spielen also auch politische Trends kaum eine Rolle, wohl auch nicht der aktuell für Unruhe sorgende Handelskonflikt zwischen den USA und der EU. Für schwache Nerven ist die genannte Strategie trotzdem nichts, da auch zwischenzeitliche Kursverluste von bis zu 50 Prozent nicht ausgeschlossen sind, wie die Finanzkrise von 2008 gezeigt hat.
Nun ist Buffett Amerikaner und schon immer ein großer Anhänger des US-Markts gewesen. Man muss nicht so weit gehen und sich tatsächlich nur auf einen Indexfonds, der den US-Markt abbildet, konzentrieren. Die genannte Anlegerin könnte etwa bei einem der großen Anbieter wie Vanguard, Blackrock oder State Street drei Indexfonds kaufen, einen für die USA, einen für andere Industrieländer, also vor allem Europa und Japan, und einen für die Schwellenländer. Damit ist man breit gestreut und global investiert, läuft nicht Gefahr, auf illiquiden Investments sitzen zu bleiben, und investiert immer noch „simple and cheap“.
Wohlgemerkt: Im Lauf der Zeit muss man seine Strategie anpassen. Da zwischenzeitlich eben auch deutliche Verluste möglich sind, muss das Kapital eventuell langsam abgezogen oder umgeschichtet werden, je näher die Pension kommt. Man könnte auch gleich einen globalen Anleihefonds mit ins Portfolio aufnehmen und beizeiten mehr in ihn und weniger in die Aktienfonds einzahlen. Dieser Strategiewechsel muss zeitlich gut abgestimmt sein und hängt auch von der Marktentwicklung ab. Sie sehen schon: Selbst bei einem verhältnismäßig einfachen Investmentansatz ist immer noch Raum für Komplexität und Fehlentscheidungen.
Ohne ein gewisses Grundverständnis für Finanzmärkte geht es also nicht, selbst wenn man eine sehr einfache Strategie fährt. Wer das nicht mitbringt, sollte sich an einen Bank- oder Vermögensberater wenden, dabei aber niemals den zweiten Teil der Grundregel – „keep it cheap“– außer Acht lassen. Die genannten Indexfonds kosten pro Jahr in etwa 0,1 Prozent des investierten Kapitals. Aktiv geführte Fonds verrechnen laut den Investmentberatern von Morningstar weltweit im Durchschnitt 0,77 Prozent.
Bei aktiv verwalteten Fonds von österreichischen Großbanken liegt der Wert oftmals noch höher, mitunter wird auch ein Ausgabeaufschlag von bis zu zwei Prozent kassiert. Diese Differenz zu Indexfonds ist fundamental und kann bei einem Anlagehorizont von vielen Jahren die erhoffte Zusatzpension erheblich beeinträchtigen. Jedoch – und das wissen viele Privatanleger nicht – sind die Institute verhandlungsbereit. Sie reduzieren oder erlassen oft den Ausgabeaufschlag, wenn man mit einem Bankwechsel droht.