Tauben gefüttert, Wohnung verloren
Mietrecht. Zweimal täglich gab eine Tierfreundin im Garten ihrer Wohnung Vögeln zu fressen. Die dadurch entstandene Verschmutzung war zu viel. Die Frau muss nach einem Urteil ausziehen.
Subjektiv war sie der Meinung, Gutes zu tun. Objektiv betrachtet sorgte ihr Verhalten für viel Schmutz auf dem Hausareal. Und so lag es nun an den Gerichten festzustellen, ob eine Wiener Tierliebhaberin ausziehen muss.
Die Vermieterin der Wohnung, eine Privatstiftung, hatte der Frau die Wohnung aufgekündigt. Wegen unleidlichen Verhaltens und erheblich nachteiligen Gebrauchs, wie es im Mietrecht heißt. In erster Linie wurde der Frau vorgeworfen, dass sie seit Jahren im Garten der Wohnung Tauben füttere. 30 bis 50 Tauben kämen zu der zweimal täglich stattfindenden Fütterung, klagte die Vermieterin.
Die Folge: Eine Verschmutzung, die auch die Wohnungen der anderen Mieter betrifft. Abflüsse seien verstopft. Bei einem Nachbarn habe die Anhäufung von Taubenfedern auf seiner Terrasse sogar zu einer Überflutung geführt. Auch der Taubenkot führe zu Beschwerden, andere Mieter würden sogar schon überlegen, auszuziehen, klagte die Vermieterin.
Frau sah Fütterung als Projekt
Die Vogelfreundin, sie sieht sich als „aktive Tierschützerin“, verstand die Aufregung nicht. Sie führe nur ein mit der Stadt Wien abgestimmtes Pilotprojekt durch, eine „kontrollierte Taubenfütterung“. Nur dank ihrer Fütterung sei es gelungen, den Bestand aus etwa 25 bis 30 „Stammtauben“konstant zu halten. Und diese „Stammtauben“würden andere, „fremde“Tauben vertreiben, meinte die Frau. Die Mieterin bekämpfte die Aufkündigung ihrer Wohnung vor Gericht.
Das Bezirksgericht Leopoldstadt kam zwar zum Schluss, dass die Frau subjektiv der Meinung sei, dass sie mit ihrer Fütterung helfe, das Taubenproblem zu bekämpfen. Sie zeige keinerlei Einsichtsfähigkeit und berufe sich darauf, dass sie angeblich im Auftrag der Wiener Umweltstadträtin Ulrike Sima die Fütterung durchführe. Dieses Empfinden der Mieterin ändere aber nichts daran, dass sie objektiv den Kündigungstatbestand erfülle, betonte das Bezirksgericht. Weil anderen Mietern ein Zusammenleben mit der Frau nicht mehr zumutbar sei, müsse diese ihre Wohnung verlassen.
Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen bestätigte das Urteil. Es komme nicht nur zur Verschmutzung durch Taubenex- kremente, sondern auch zu einer Lärmbelästigung. So könnten andere Hausbewohner nicht mehr bei offenem Fenster schlafen. Im Sommer kämen bereits ab 4.30 Uhr Früh rund 30 bis 50 gurrende Tauben auf das Areal, im Winter ab 5.30 Uhr. Der Balkon eines Nachbarn müsse zweimal pro Tag gesäubert werden, damit er trotz des Taubenkots benutzbar ist.
Verhalten zu spät geändert
Die Tierschützerin ging noch vor den Obersten Gerichtshof (OGH). Hier ging es nun gar nicht mehr um die Frage, ob die Frau einen Kündigungstatbestand gesetzt hat. Sondern nur noch darum, ob sie trotzdem in der Wohnung bleiben darf, weil sie inzwischen aufgehört hat, Tauben zu füttern.
Verhaltensänderungen nach der Aufkündigung könnten nur nützen, wenn die Wiederholung des Verhaltens mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, betonte der OGH. Die Frau habe in der Vergangenheit trotz zweimaliger schriftlicher Aufforderung weiterhin die Fütterung durchgeführt. Und diese erst sechs Monate nach der Aufkündigung der Wohnung und erst nach der vorletzten Verhandlung eingestellt. Daher könne man hier nicht von einer günstigen Zukunftsprognose ausgehen, befand der OGH (3 Ob 16/18a).
Die Tierfreundin muss ihre Mietwohnung verlassen.