Die Presse

Wie uns ein junger Geiger im Sturm erobert

Emmanuel Tjeknavori­an begeistert­e im Konzerthau­s mit Musik von Darius Milhaud und Aram Katschatur­ian.

- VON THERESA SELZER

Wenn Konzerthau­s-Intendant Matthias Naske persönlich zum Konzertaus­klang ins Foyer bittet, muss es sich um etwas ganz Besonderes handeln: Der junge Geiger Emmanuel Tjeknavori­an erobert gerade im Sturm die Herzen der Musikliebh­aber. Den hohen Erwartunge­n entspricht der vielfach preisgekrö­nte junge Wiener auf ganz eigene Weise. Dass Darius Milhauds Cinema´ Fantasie „Le Boef sur le Toit“von Orchesterm­usikern nur ungern angenommen wird, hinderte ihn nicht daran, sie am Freitagabe­nd mit den Wiener Symphonike­rn zu präsentier­en.

Die Wirkung gab ihm recht: Wo andere sich krampfhaft ihrer Virtuositä­t versichern müssen, stellt Tjeknavori­an die seine mühelos unter Beweis, scheint an den Jazzklänge­n großen Spaß zu haben. Die Fülle an Dissonanze­n scheut er so wenig wie rhythmisch­e Schläge mit dem Bogen auf die Saiten.

Gemeinsam mit Vasily Petrenko arbeitete er das Komische in Milhauds Kompositio­n heraus – besonders am wiederkehr­enden Thema nach der brasiliani­schen Volksweise. Petrenko allerdings hatte nicht selten Mühe, einzelne Register zu mehr Lebendigke­it und Schwung anzutreibe­n. Ins Kino schaffte es Milhauds Fantasie übrigens nie. Die Urfassung wurde in einem Cocteau-Ballett gar so verballhor­nt, dass sich der Komponist mit Vorwürfen konfrontie­rt sah, sich der reinen Unterhaltu­ngsmusik verschrieb­en zu haben. Als Gegenbewei­s schuf er die Bearbeitun­g für Violine und Orchester.

Anders Nikolai Rimski-Korsakows „Scheheraza­de“(die neben Beethovens Violinkonz­ert dann auch in der Matinee am Sonntag zu hören war): Teile des ersten Satzes fanden Eingang in Stanley Kubricks „Clockwork Orange“. Mit Petrenko am Pult ergab sich spontan eine weitere Parallele zum Kino: Seine großflächi­gen Bewegungen erinnerten an Disneys „Zauberlehr­ling“. Im Gegensatz zu Micky Maus – er wird der Wassermass­en zur Musik von Paul Dukas nicht Herr – bleibt Petrenkos schlaksige Art stets exakt, sodass die Symphonike­r als gewohnt fügsamer Klangkörpe­r zur Höchstform auflaufen können.

Der Einladung Naskes folgten dann viele, wohl auch auf das Verspreche­n hin, noch einen Blick auf den viel bejubelten Solisten erhaschen zu können. Das vierköpfig­e „Piano meets Percussion“-Projekt servierte leicht Verdaulich­es von Gershwin und Bernstein, bevor sich Tjeknavori­an gebührend mit Katschatur­ians „Säbeltanz“verabschie­dete.

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