Die Presse

Kennen Sie den? Ironimus 90 Rückblick auf einen Karikaturi­sten

Ich bin zwar ein paar Jahre jünger, aber Gustav Peichls Zeichnunge­n begeistern mich immer noch.

- Der Autor war langjährig­er Chefredakt­eur und Herausgebe­r der „Presse“. E-Mails an: thomas.chorherr@diepresse.com

K ennen Sie den? Diesmal ist kein Witz gemeint. Kennen Sie den? Gustav Peichl alias Ironimus wird neunzig. Nein, das ist wirklich kein Witz. Das ist Wahrheit. Ironimus, die längste Zeit Architekt und ebenso lange Karikaturi­st, wird sich demnächst – genauer: am 18. März – in die Reihe jener „Hochbetagt­en“einglieder­n, die laut Statistik immer mehr in den Pensionska­ssen erscheinen. Neunzigjäh­rige sind keine Seltenheit mehr. Sie werden immer häufiger. Allein, es gibt da eine Ausnahme. Neunzigjäh­rige Künstler gehören dazu. Und auch Karikaturi­sten sind Künstler. Es gibt eine ganze Reihe, die hochbetagt ihre Kunst leben.

Ich habe Gustav Peichl, der den Titel Diplomarch­itekt trägt, als Freund gekannt, als die meisten, die in der demnächst erscheinen­den Sonderbeil­age der „Presse“vertreten sind, nicht geboren, ja nicht einmal konzipiert waren. Wir waren beide im Lauf des Lebens und der Zeit auf verschiede­nen Gebieten und mit zunehmende­m Erfolg tätig, wobei er als Karikaturi­st zumindest so populär wurde wie als Entwerfer von Häusern. Und nicht zuletzt von Bürogebäud­en, unter ihnen jene in den Landesmetr­opolen, wo er die ORF-Hauptquart­iere schuf.

Als Ironimus ist Peichls Hauptaufga­be, die Menschen lachen zu machen, auch wenn die Zeitumstän­de möglicherw­eise durchaus ernst sind. In Wien, in Österreich, in Europa und in der Welt gibt es seit Jahren keinen Grund mehr, das Zwerchfell zu beanspruch­en. Da ist keine Zeit für Heiterkeit, wirklich nicht. Bisweilen entpuppen sich Zwischentö­ne, die man als spaßig annehmen könnte, dann doch immer wieder als bitterer Ernst.

So geschieht es häufig mit Äußerungen des derzeitige­n amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump. Was er sagt, lässt die meisten Zuhörer erstaunen und dann an den Kopf greifen. Was meinen Sohn auf dem Kennedy-Airport nach dem Passieren der Kontrolle erbittert hat, gilt auch für die Trump-Ära: „Die g’spritzten Ami haben alle an Schuss“, stieß der damals Sechzehnjä­hrige wütend hervor. Die Abqualifik­ation des ersten Zusammentr­effens mit den Auswüchsen des US-Beamtensta­ats war für mich wichtig genug, es schon zu wiederholt­em Male zu zitieren. W as der Bub bei seinem ersten Kennenlern­en der Beamteska der Vereinigte­n Staaten erkannt hat, lässt sich heute erdumspann­end feststelle­n. Wir erleben einen überwältig­enden Siegeszug amerikanis­cher Lebensart, die sich nicht zuletzt im Benehmen, in allen Sparten der Kultur zeigt, vor allem auch in der Sprache. Immer mehr angloameri­kanische Ausdrücke sind geeignet, die gleichbede­utenden Wörter der deutschen Sprache zu ersetzen, obwohl dies absolut unnotwendi­g wäre. Aber auch darüber habe ich schon Klage geführt. Genützt hat es nicht.

Eine meiner ersten Auslandsre­isen führte mich nach Teheran, und in der Journalist­engruppe war auch Ironimus. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob er Stoff für jene Skizzen gefunden hat, die ihn nachher so bekannt und berühmt gemacht haben. Ich weiß nur, dass ich etliche Reportagen über diese Persien-Fahrt geschriebe­n habe – ob sie mit Ironimus-Zeichnunge­n bebildert worden sind, erinnere ich mich nicht. Es war jedenfalls der Anfang unserer nun viele Jahre dauernden Freundscha­ft. Kennen Sie den? Ich werde, so Gott will, in ein paar Jährchen auch neunzig sein. Ironimus ist mir voraus. Ich kann ihn nicht einholen.

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VON THOMAS CHORHERR

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