Wenn politische Korrektheit in Hexenjagden ausartet
Gastkommentar. In den westlichen Gesellschaften klaffen die veröffentlichte und die öffentliche Meinung immer weiter auseinander.
Bei vielen gegenwärtigen Diskussionen im In- und Ausland (etwa betreffend Donald Trump oder auch die FPÖ) scheint es oft um ganz anderes zu gehen, als von den Kontrahenten jeweils vorgegeben wird. Und es ist viel wichtiger geworden, wer etwas sagt, als was dieser sagt. Aktuelle Beispiele in Österreich wären etwa das Rauchen oder die direkte Demokratie.
Jemand hat einmal gemeint: „Die FPÖ sagt, die Ausländer seien an allem schuld. Und der Rest des Landes sagt, die FPÖ sei an allem schuld!“Somit dürfte zumindest eines beinahe sicher sein: nämlich, dass sich nichts ändern wird.
Einer der Hauptgründe dafür ist vielleicht der Streit darüber, was als politisch „korrekt“zu gelten habe oder was nicht. Und eines der Probleme ist hier, dass man Menschen zwar verbieten kann, bestimmte Dinge zu tun oder zu sagen, dass man sie aber nur schwer dazu zwingen kann, andere Menschen – oder ganze Gruppen – zu respektieren oder gar zu mögen. Oft haben entsprechende Versuche sogar die gegenteilige Wirkung: Es werden die bereits vorhandenen Ressentiments nur noch verstärkt.
Die Sachebene weicht jedenfalls immer mehr der Ideologie. Es werden die Akteure auch weniger an deren konkreten Taten gemessen, eher an ihren Worten. Dabei entwickelt sich die gegenseitige Provokation zusehends zu einer der Lieblingsbeschäftigungen von Politik und Medien.
Man gibt vor, über ein vermeintliches Fehlverhalten politischer oder ideologischer Gegner tief bestürzt zu sein, kann aber zugleich nur schwer die Freude darüber verhehlen, das eigene Feindbild wieder einmal bestätigt zu sehen. Dabei dürfte der alte Satz „Was du bekämpfst, das wirst du“immer mehr an Gültigkeit gewin- nen. Wir kämpfen gegen unseren eigenen Schatten, hätte C. G. Jung vielleicht dazu gesagt. Oder wir projizieren das, was wir bei uns selbst nicht wahrhaben wollen, lieber auf die anderen. Und immer öfter zeigt sich, dass das, was vorgeblich bekämpft wurde, dann über die Hintertür wieder eingeführt wird.
Fast lustig ist auch, wenn sich derzeit Opposition und Medien darüber beschweren, dass in Österreichs gegenwärtiger Politik das „große Umfärben“auf dem Programm stehe. Das Wort umfärben offenbart doch bereits, dass schon vorher gefärbt wurde.
Was haben jene, die zuvor munter gefärbt haben, denn eigentlich erwartet? Und fällt es da nicht schwer, ihnen – und ihren medialen Sprachrohren – eine ehrliche Sorge um die Republik abzunehmen? Erwecken sie nicht eher den Eindruck, die von ihnen heraufbeschworenen Missstände geradezu herbeizusehnen – um dereinst zumindest wieder als