Die Presse

Neuer Führung der Katalanen droht Anklage

Separatist­en wollten Jordi Turull zum Regierungs­chef Katalonien­s machen.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Es war der dritte Versuch, um in der spanischen Konfliktre­gion Katalonien einen neuen Ministerpr­äsidenten zu wählen. Der Kandidat hieß Jordi Turull und gilt als separatist­ischer Hardliner. Bis zur letzten Minute verhandelt­en am Donnerstag die drei separatist­ischen Parteien, um eine Mehrheit im katalanisc­hen Parlament für Turull zu sichern.

Mit dem überstürzt­en Wahlgang reagierten sie auf die Ankündigun­g des Obersten Gerichtsho­fs, an diesem Freitag formell Anklage gegen Turull und andere prominente Separatist­en zu erheben. Ihnen wird, nach einem gegen Spaniens Verfassung verstoßend­en Unabhängig­keitsrefer­endum und einer Abspaltung­serklärung, vorgeworfe­n, auf illegale Weise die Abtrennung Katalonien­s von Spanien betrieben zu haben. Mit der Anklageerh­ebung könnte der Gerichtsho­f sogar den Beschuldig­ten verbieten, politische Ämter auszuüben – ein mögliches Berufsverb­ot, das die Betreffend­en auf jeden Fall anfechten wollen.

Der 51-jährige Turull ist ein Vertrauter des Separatist­enchefs und Ex-Ministerpr­äsidenten Carles Puigdemont. Turull war in der Vergangenh­eit ein glühender Verfechter der Unabhängig­keitspolit­ik. Er gehört Puigdemont­s Wahlliste Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien) an, die bei der Regionalwa­hl im Dezember mit 21,7 Prozent stärkste Partei des Separatist­enblocks geworden war. Die Unabhängig­keitsbeweg­ung hatte mit insgesamt 47,5 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit der Parlaments­sitze erobert.

Die Justiz ermittelt gegen Turull unter anderem wegen „Rebellion“. Er verbrachte bereits einen Monat in Untersuchu­ngshaft, wurde aber gegen Kaution freigelass­en.

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