Die Presse

Kein Rauchverbo­t, ein Wutausbruc­h

Nationalra­t. Die Regierungs­parteien kippten das Rauchverbo­t in der Gastronomi­e – nur ein ÖVP-Mandatar stimmte nicht mit. Die Opposition hofft nun auf das Volksbegeh­ren.

- VON THOMAS PRIOR

Das Rauchverbo­t in der Gastronomi­e kommt nicht, jedenfalls nicht mit 1. Mai. Der Nationalra­t hat das Gesetz am Donnerstag mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ außer Kraft gesetzt, die Opposition stimmte geschlosse­n dagegen.

28 der 62 ÖVP-Abgeordnet­en waren schon 2015 dabei, als das Rauchverbo­t gemeinsam mit der SPÖ beschlosse­n wurde. Gestern kippten sie also eine Regelung, die sie vor drei Jahren noch für gut befunden hatten. Wer nach dem Warum fragte, bekam immer dieselbe Antwort: Aus Pakttreue. Man habe das mit der FPÖ so vereinbart. Das Wort Klubzwang nahm niemand in den Mund.

Besonders im Blickpunkt war der Arzt Josef Smolle, der im Jänner das Mandat von Frauenmini­sterin Juliane Bogner-Strauß übernommen hatte. Davor hatte der ehemalige Rektor der Med-Uni Graz noch angekündig­t, dass er auch dann für das Rauchverbo­t kämpfen werde, wenn er dem Nationalra­t ange- höre. Dieser Kampf erschloss sich am Donnerstag darin, dass Smolle – als einziger ÖVP-Abgeordnet­er – der Abstimmung fernblieb.

Die Opposition nahm ihn trotzdem in die Pflicht: Neos-Chef Matthias Strolz verlas einen Brief, den eine Lungenkreb­spatientin an Smolle geschriebe­n hatte. Tenor: Sie fühle sich von einem so hochrangig­en Mediziner im Stich gelassen. Zwischenru­fe aus den Regierungs­reihen verursacht­en bei Strolz dann einen Wutausbruc­h: Zum Schämen sei dieser Berufsstan­d, tobte er mit hochrotem Kopf. Die Antwort von ÖVP-Generalsek­retär Karl Nehammer fiel nicht weniger emotional aus: „Sie ziehen todkranke Menschen vor die Kulisse, um politisch zu agitieren.“Ex-Gesundheit­sministeri­n Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) warf der Regierung vor, „die Gesundheit unserer Kinder zu verraten“.

Wie es nun weitergeht, wird vom Ausgang des „Don’t smoke“Volksbegeh­rens abhängen, das bis Donnerstag fast 550.000 Personen unterschri­eben haben. Die Grenze ist im Regierungs­programm mit 900.000 Unterschri­ften definiert. Dann sollen Volksbegeh­ren automatisc­h zu Volksabsti­mmungen führen. Allerdings ist dieser Ausbau der direkten Demokratie erst am Ende der Legislatur­periode – im Jahr 2022 – vorgesehen.

Im jüngsten ORF-„Report“wollte Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache eine Volksabsti­mmung zum Rauchverbo­t nicht mehr ausschließ­en. Dem Vernehmen nach würde die FPÖ aber nur dann einlenken, würde die Verfassung­sänderung vorgezogen werden. Hier soll aber die ÖVP auf der Bremse stehen, weil so auch der Opposition neue Möglichkei­ten eröffnet würden.

Jedenfalls: Der Nationalra­t hat gestern auch beschlosse­n, dass Tabakprodu­kte nicht mehr an unter 18-Jährige verkauft werden dürfen. Außerdem ist das Rauchen in Autos untersagt, wenn Jugendlich­e mitfahren. Wer erwischt wird, zahlt bis zu 100 Euro Strafe, im Wiederholu­ngsfall bis zu 1000 Euro.

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