Kein Rauchverbot, ein Wutausbruch
Nationalrat. Die Regierungsparteien kippten das Rauchverbot in der Gastronomie – nur ein ÖVP-Mandatar stimmte nicht mit. Die Opposition hofft nun auf das Volksbegehren.
Das Rauchverbot in der Gastronomie kommt nicht, jedenfalls nicht mit 1. Mai. Der Nationalrat hat das Gesetz am Donnerstag mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ außer Kraft gesetzt, die Opposition stimmte geschlossen dagegen.
28 der 62 ÖVP-Abgeordneten waren schon 2015 dabei, als das Rauchverbot gemeinsam mit der SPÖ beschlossen wurde. Gestern kippten sie also eine Regelung, die sie vor drei Jahren noch für gut befunden hatten. Wer nach dem Warum fragte, bekam immer dieselbe Antwort: Aus Pakttreue. Man habe das mit der FPÖ so vereinbart. Das Wort Klubzwang nahm niemand in den Mund.
Besonders im Blickpunkt war der Arzt Josef Smolle, der im Jänner das Mandat von Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß übernommen hatte. Davor hatte der ehemalige Rektor der Med-Uni Graz noch angekündigt, dass er auch dann für das Rauchverbot kämpfen werde, wenn er dem Nationalrat ange- höre. Dieser Kampf erschloss sich am Donnerstag darin, dass Smolle – als einziger ÖVP-Abgeordneter – der Abstimmung fernblieb.
Die Opposition nahm ihn trotzdem in die Pflicht: Neos-Chef Matthias Strolz verlas einen Brief, den eine Lungenkrebspatientin an Smolle geschrieben hatte. Tenor: Sie fühle sich von einem so hochrangigen Mediziner im Stich gelassen. Zwischenrufe aus den Regierungsreihen verursachten bei Strolz dann einen Wutausbruch: Zum Schämen sei dieser Berufsstand, tobte er mit hochrotem Kopf. Die Antwort von ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer fiel nicht weniger emotional aus: „Sie ziehen todkranke Menschen vor die Kulisse, um politisch zu agitieren.“Ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) warf der Regierung vor, „die Gesundheit unserer Kinder zu verraten“.
Wie es nun weitergeht, wird vom Ausgang des „Don’t smoke“Volksbegehrens abhängen, das bis Donnerstag fast 550.000 Personen unterschrieben haben. Die Grenze ist im Regierungsprogramm mit 900.000 Unterschriften definiert. Dann sollen Volksbegehren automatisch zu Volksabstimmungen führen. Allerdings ist dieser Ausbau der direkten Demokratie erst am Ende der Legislaturperiode – im Jahr 2022 – vorgesehen.
Im jüngsten ORF-„Report“wollte Vizekanzler Heinz-Christian Strache eine Volksabstimmung zum Rauchverbot nicht mehr ausschließen. Dem Vernehmen nach würde die FPÖ aber nur dann einlenken, würde die Verfassungsänderung vorgezogen werden. Hier soll aber die ÖVP auf der Bremse stehen, weil so auch der Opposition neue Möglichkeiten eröffnet würden.
Jedenfalls: Der Nationalrat hat gestern auch beschlossen, dass Tabakprodukte nicht mehr an unter 18-Jährige verkauft werden dürfen. Außerdem ist das Rauchen in Autos untersagt, wenn Jugendliche mitfahren. Wer erwischt wird, zahlt bis zu 100 Euro Strafe, im Wiederholungsfall bis zu 1000 Euro.