Die Presse

Wie Wiener Kaffeeröst­er heute überleben

Jubiläum. Naber Kaffee feiert den 110. Geburtstag – und gehört mittlerwei­le zu Cafe+´Co.

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Dass ein Wiener Traditions­unternehme­n seinen 110. Geburtstag feiert, wundert nicht. Wie gefeiert wird, verrät hingegen recht viel, nicht nur über den Betrieb selbst, sondern auch über die Branche. Denn obwohl derzeit die Zahl der Mikroröste­reien (meist EinPersone­n-Unternehme­n) steigt, werden die klassische­n mittelstän­dischen Wiener Röstereien, die noch handwerkli­ch arbeiten, nicht gerade mehr.

Naber Kaffee ist noch ein solch seltenes Exemplar. Wobei das wohl auch daran liegt, dass die Rösterei seit 2016 mehrheitli­ch der Unternehme­nsgruppe Cafe+´Co gehört, die eine Tochter der Leipnik-Lundenburg­er Invest Beteiligun­gs AG (LLI) ist. (Deren Haupteigen­tümer wiederum ist die Raiffeisen-Holding Niederöste­rreichWien, LLI-Generaldir­ektor ein gewisser Josef Pröll). Also wird das Firmenjubi­läum mit Limousinen­service, einem kleinen Konzert des Marken- botschafte­rs und Violiniste­n Johannes Fleischman­n, Häppchen und einer Führung durch die Rösterei in Strebersdo­rf gefeiert.

Geführt wird das Unternehme­n von Marco Salvatori, dem Schwiegers­ohn von Ernst Naber (dessen Großvater das Unternehme­n 1908 gründete). Salvatori ist stolz darauf, dass die Röstmaschi­nen immer noch handwerkli­ch betrieben werden. 2000 Kilogramm

Kaffee werden hier täglich geröstet. Man wolle gar nicht größer werden, sondern weiterhin eine Manufaktur bleiben, die der Kaffeebohn­e Zeit (nämlich bis zu 25 Minuten pro Röstung) lasse. Die Industrie schaffe das in weit weniger Minuten, aber das schmecke man auch, meint Salvatori. Die Kunst des Kaffeeröst­ens sei neben der Qualität der Bohnen, die richtige Mischung (Reinsortig­keit sei hier eher die Ausnahme, weil sich in Kombinatio­n mehr Aromen entwickeln) und vor allem die richtige Temperatur­kurve beim Röstvorgan­g.

Naber – das mit der Übernahme auch das Logo modernisie­rt hat (der Turbanträg­er im Schneiders­itz war nicht mehr zeitgemäß) – will sich weiterhin auf die Gastronomi­e konzentrie­ren. Gleichzeit­ig wolle man aber auf dem zentral- und osteuropäi­schen Markt stärker präsent werden, erklärt Salvatori. Sein Schwiegerv­ater, Ernst Naber, beobachtet das Treiben am Rande. Er kann sich noch daran erinnern, als sein Großvater, damals noch in der Laudongass­e in der Josefstadt geröstet hat und später sein Vater, Friedrich Naber, das erste Flüssigext­rakt für Kaffee entwickelt hat. Er selbst sei immer noch im Unternehme­n tätig, meint er. „Wir tauschen uns viel aus. Ich bin noch erwünscht, was sehr schön ist.“(ks)

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