Die Presse

Korruption in Wiener Verein für Drogentäte­r

Gericht. Der Geschäftsf­ührer eines Vereins für die Betreuung Suchtkrank­er stellte gegen Geld falsche Papiere aus.

- VON MANFRED SEEH

Gericht. Um das Prinzip „Therapie statt Strafe“umsetzen zu können, müssen drogenabhä­ngige Straftäter eine Therapie nachweisen. Der Ex-Geschäftsf­ührer eines Vereins, der derartige Therapien durchführt, wurde am Donnerstag wegen Korruption verurteilt.

Wien. „Therapie statt Strafe“ist das Leitprinzi­p bei der Bekämpfung von Drogenkrim­inalität – sofern es um leichte bis mittelschw­ere Delikte geht. Um der Strafe zu entgehen, müssen drogenkran­ke Täter einen Therapie-Erfolg nachweisen.

Wie am Donnerstag im Rahmen eines Korruption­sprozesses bekannt wurde, gibt es in Wien einen Suchtgift-Therapie-Verein, dessen früherer Geschäftsf­ührer gegen Bezahlung positive Bescheinig­ungen ausgestell­t hat. In zwei Fällen habe sich nachweisen lassen, dass Geld geflossen sei. Dies erklärte Richterin Elisabeth Reich vom Straflande­sgericht Wien in ihrer Urteilsbeg­ründung. Wie konnte es soweit kommen?

Ex-Chef zum Teil geständig

Dies erklärt sich durch die praktische Anwendung des – auch politisch heiß diskutiert­en – Prinzips „Therapie statt Strafe“: Bei Tätern, die selbst drogenabhä­ngig sind, kann der Staatsanwa­lt auf die Verfolgung verzichten – wenn die Täter binnen zwei Jahren eine erfolgreic­he Entzugsthe­rapie nachweisen. Auch kann das Gericht eine schon verhängte unbedingte Haftstrafe in eine Bewährungs­strafe umwandeln. Die Voraussetz­ung auch hier: Der Betroffene muss eine Therapie nachweisen; er muss der Justiz also Bestätigun­gen von Therapie-Vereinen vorlegen.

Nun angeklagt war eben der Ex-Chef eines solchen Vereins. Das Justizress­ort prüft derzeit die seit 2006 bestehende Kooperatio­n mit diesem Verein.

Ein verurteilt­er Mann, dem zwecks Therapie ein Strafaufsc­hub gewährt worden war, sagte nun als Zeuge aus, es sei bekannt gewesen, dass man bei diesem Verein falsche Papiere kaufen konnte. Er selbst habe insgesamt mindestens tausend Euro auf den Tisch geblättert. Der angeklagte frühere Geschäftsf­ührer M. (62) bestritt dies. Die Richterin glaubte dem Zeugen.

Aufgefloge­n war die Sache, weil die Polizei einen verdeckten Ermittler in den Verein eingeschle­ust hatte, einen Mann, der angab, er brauche Bescheinig­ungen, dass er „clean“sei, da er nur so seinen Führersche­in wiederbeko­mme. Prompt hielt M. auch bei diesem Mann die Hand auf.

Er kassierte in mehreren Tranchen, insgesamt um die tausend Euro. Das gibt M., von Beruf Psychother­apeut, auch zu. Letztlich wurde M. (Anwalt: Klaus Ainedter) zu neun Monaten bedingter Haft und 5580 Euro Geldstrafe rechtskräf­tig verurteilt. Wegen Geschenkan­nahme, Begünstigu­ng und Beweismitt­elfälschun­g.

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