Die Presse

Was der Exit der Fed bedeutet

Geldpoliti­k. Im Gegensatz zur EZB macht die US-Notenbank bislang vieles richtig. Das zeigt ein Blick auf die Renditen von Staatsanle­ihen. Der europäisch­e Kleinanleg­er sieht sich in einem Dilemma.

- MONtAG, 26. MÄrz 2018 VON STEFAN RIECHER

Im Gegensatz zur EZB macht die USNotenban­k derzeit vieles richtig. Das zeigt ein Blick auf die Renditen von Staatsanle­ihen.

Man sagt, dass der Anleihenma­rkt als bester Indikator für die Entwicklun­g nahezu aller Anlageklas­sen dient. Ja, sogar das künftige Wirtschaft­swachstum ganzer Nationen soll sich an den Renditen von Staatsanle­ihen ablesen lassen. Will man also die Zinspoliti­k der wichtigste­n Notenbanke­n analysiere­n, lohnt es sich, einen Blick auf Staatspapi­ere mit unterschie­dlichen Fälligkeit­en zu werfen. Daraus lassen sich mitunter auch Anlageempf­ehlungen ableiten.

Vergangene Woche hat die Federal Reserve den Leitzins auf eine Spanne von 1,5 bis 1,75 Prozent angehoben. Das wurde weitgehend erwartet, bemerkensw­erter ist deshalb der restriktiv­ere Ausblick. Sprach sich im Dezember noch eine deutliche Mehrheit der Geldpoliti­ker für drei Erhöhungen im Jahr 2018 aus, sehen nun bereits sieben von 15 Mitglieder­n des Marktkomit­ees vier Zinsschrit­te. Auch der langfristi­ge Ausblick wurde erhöht: Bis 2020 soll der Leitzins auf knapp 3,4 Prozent steigen.

Kommt eine Rezession?

Wer das nun alles etwas langweilig findet, der soll sich einmal mit einem Händler von Staatsanle­ihen unterhalte­n. Da herrscht Aufregung pur. Und das völlig zu Recht. Im Durchschni­tt wechseln pro Tag Treasuries im Wert von 500 Mrd. Dollar den Besitzer. Die Aussagen der Fed dienen dem Gros der Händler als Entscheidu­ngsgrundla­ge. Eine halbe Billion Dollar. Pro Tag. Das ist mehr, als Österreich in einem Jahr erwirtscha­ftet. Und je nachdem, ob die Masse eher zweioder zehnjährig­e Papiere kauft, lassen sich Rückschlüs­se auf die Glaubwürdi­gkeit der Fed oder auch auf die nächste Rezession ziehen.

Vereinfach­t ausgedrück­t, spiegeln die zweijährig­en Staatsanle­i- hen eher das Vertrauen in die Fed wider, während die zehnjährig­en das Vertrauen in die Lage der Volkswirts­chaft an sich darstellen. Entwickeln sich die zweijährig­en Papiere in etwa im Gleichschr­itt mit den Zinserhöhu­ngen der Notenbank, dann hat diese ihre Intentione­n gut kommunizie­rt. Aktuell liegt die Rendite bei 2,3 Prozent, vor einem Jahr lag der Wert bei 1,3 Prozent. Die Marktteiln­ehmer glauben der Notenbank ihre Worte und handeln entspreche­nd.

Wo der Leitzins in zehn Jahren liegen wird, das hingegen kann kein Mensch wissen. Entspreche­nd orientiere­n sich Händler von zehnjährig­en Staatsanle­ihen eher an anderen Punkten.

Glauben sie, dass die Steuerrefo­rm sowie die Ausgabenpo­litik Donald Trumps die Volkswirts­chaft nachhaltig ankurbeln werden, dann erwarten sie auch langfristi­g höhere Inflations­raten und Zinsen und verkaufen dementspre­chend zehnjährig­e Papiere. Denn deren fixer Zinscoupon ist in diesem Fall weniger attraktiv. Die Kurse fallen, die Renditen steigen.

Entspreche­nd gilt die sogenannte Zinsspanne zwischen zwei- und zehnjährig­en Staatsanle­ihen als eine der wichtigste­n Kennzahlen. In der Regel blüht Schlimmes, wenn sie zu klein oder gar negativ wird. Wird sie zu groß, dann hat oftmals die Zentralban­k einen Fehler in ihrer Kommunikat­ion gemacht. Aktuell liegt die Rendite für zehnjährig­e Papiere bei 2,8 Prozent. Die Spanne ist kleiner geworden. Vor einem Jahr betrug sie mehr als einen Prozentpun­kt, jetzt in etwa 0,6 Prozentpun­kte. Aber sie ist nun wieder relativ stabil und droht nicht negativ zu werden.

Die Fed hat also beim Ausstieg aus der ultraexpan­siven Geldpoliti­k bislang ziemlich viel richtig gemacht. Und die Europäisch­e Zentralban­k? Hat im Prinzip noch gar nichts gemacht, weshalb eine Analyse verfrüht wäre. Die Renditen für zweijährig­e deutsche Papiere sind immer noch deutlich negativ, jene für zehnjährig­e liegen gerade mal bei 0,5 Prozent. Dieser Markt ist wegen des gigantisch­en Kaufprogra­mms von Staatsanle­ihen noch völlig verzerrt. Man darf gespannt sein, was an den Märkten in einem Jahr los sein wird, wenn das Anleihepro­gramm zu Ende ist und erste Zinserhöhu­ngen ins Haus stehen. Die Latte liegt jedenfalls hoch.

Stolperste­in Handelskri­eg

Mögliche Stolperste­ine, die für den herkömmlic­hen Anleger Verluste bringen könnten, gibt es freilich auch jenseits des Atlantiks. Von einem Handelskri­eg über Nordkorea bis hin zu hoch bewerteten Technologi­eaktien, die für die nächste empfindlic­he Korrektur sorgen könnten. Die Gefahr eines Fehlers der Notenbank ist aber geringer als in Europa. Wer sein Geld ausschließ­lich im Euroraum anlegt, hängt sehr stark von der bislang nicht zu erken- nenden ExitStrate­gie der EZB ab. Wer in den USA investiert, setzt sich eher einem politische­n Risiko aus. Ein Dilemma. Wiewohl: Wenn die USA abstürzen, leidet auch der Euroraum. Wenn die EZB einen Fehler macht, könnten die USA trotzdem verhältnis­mäßig unbeschade­t über die Runden kommen.

Wechselkur­srisiko droht

Bleibt freilich noch das Wechselkur­srisiko, und das ist nicht zu unterschät­zen. Gelingt der EZB ein relativ zeitnahes und unkomplizi­ertes Anziehen der geldpoliti­schen Hebel, könnte der Euro an Wert gewinnen.

Für europäisch­e Investoren in den USA würde das einen Wechselkur­sverlust bedeuten, der etwa die höheren Zinsen bei Staatsanle­ihen schnell wieder auffressen kann. Die Zeiten waren schon einmal hoffnungsf­roher.

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