Was der Exit der Fed bedeutet
Geldpolitik. Im Gegensatz zur EZB macht die US-Notenbank bislang vieles richtig. Das zeigt ein Blick auf die Renditen von Staatsanleihen. Der europäische Kleinanleger sieht sich in einem Dilemma.
Im Gegensatz zur EZB macht die USNotenbank derzeit vieles richtig. Das zeigt ein Blick auf die Renditen von Staatsanleihen.
Man sagt, dass der Anleihenmarkt als bester Indikator für die Entwicklung nahezu aller Anlageklassen dient. Ja, sogar das künftige Wirtschaftswachstum ganzer Nationen soll sich an den Renditen von Staatsanleihen ablesen lassen. Will man also die Zinspolitik der wichtigsten Notenbanken analysieren, lohnt es sich, einen Blick auf Staatspapiere mit unterschiedlichen Fälligkeiten zu werfen. Daraus lassen sich mitunter auch Anlageempfehlungen ableiten.
Vergangene Woche hat die Federal Reserve den Leitzins auf eine Spanne von 1,5 bis 1,75 Prozent angehoben. Das wurde weitgehend erwartet, bemerkenswerter ist deshalb der restriktivere Ausblick. Sprach sich im Dezember noch eine deutliche Mehrheit der Geldpolitiker für drei Erhöhungen im Jahr 2018 aus, sehen nun bereits sieben von 15 Mitgliedern des Marktkomitees vier Zinsschritte. Auch der langfristige Ausblick wurde erhöht: Bis 2020 soll der Leitzins auf knapp 3,4 Prozent steigen.
Kommt eine Rezession?
Wer das nun alles etwas langweilig findet, der soll sich einmal mit einem Händler von Staatsanleihen unterhalten. Da herrscht Aufregung pur. Und das völlig zu Recht. Im Durchschnitt wechseln pro Tag Treasuries im Wert von 500 Mrd. Dollar den Besitzer. Die Aussagen der Fed dienen dem Gros der Händler als Entscheidungsgrundlage. Eine halbe Billion Dollar. Pro Tag. Das ist mehr, als Österreich in einem Jahr erwirtschaftet. Und je nachdem, ob die Masse eher zweioder zehnjährige Papiere kauft, lassen sich Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Fed oder auch auf die nächste Rezession ziehen.
Vereinfacht ausgedrückt, spiegeln die zweijährigen Staatsanlei- hen eher das Vertrauen in die Fed wider, während die zehnjährigen das Vertrauen in die Lage der Volkswirtschaft an sich darstellen. Entwickeln sich die zweijährigen Papiere in etwa im Gleichschritt mit den Zinserhöhungen der Notenbank, dann hat diese ihre Intentionen gut kommuniziert. Aktuell liegt die Rendite bei 2,3 Prozent, vor einem Jahr lag der Wert bei 1,3 Prozent. Die Marktteilnehmer glauben der Notenbank ihre Worte und handeln entsprechend.
Wo der Leitzins in zehn Jahren liegen wird, das hingegen kann kein Mensch wissen. Entsprechend orientieren sich Händler von zehnjährigen Staatsanleihen eher an anderen Punkten.
Glauben sie, dass die Steuerreform sowie die Ausgabenpolitik Donald Trumps die Volkswirtschaft nachhaltig ankurbeln werden, dann erwarten sie auch langfristig höhere Inflationsraten und Zinsen und verkaufen dementsprechend zehnjährige Papiere. Denn deren fixer Zinscoupon ist in diesem Fall weniger attraktiv. Die Kurse fallen, die Renditen steigen.
Entsprechend gilt die sogenannte Zinsspanne zwischen zwei- und zehnjährigen Staatsanleihen als eine der wichtigsten Kennzahlen. In der Regel blüht Schlimmes, wenn sie zu klein oder gar negativ wird. Wird sie zu groß, dann hat oftmals die Zentralbank einen Fehler in ihrer Kommunikation gemacht. Aktuell liegt die Rendite für zehnjährige Papiere bei 2,8 Prozent. Die Spanne ist kleiner geworden. Vor einem Jahr betrug sie mehr als einen Prozentpunkt, jetzt in etwa 0,6 Prozentpunkte. Aber sie ist nun wieder relativ stabil und droht nicht negativ zu werden.
Die Fed hat also beim Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik bislang ziemlich viel richtig gemacht. Und die Europäische Zentralbank? Hat im Prinzip noch gar nichts gemacht, weshalb eine Analyse verfrüht wäre. Die Renditen für zweijährige deutsche Papiere sind immer noch deutlich negativ, jene für zehnjährige liegen gerade mal bei 0,5 Prozent. Dieser Markt ist wegen des gigantischen Kaufprogramms von Staatsanleihen noch völlig verzerrt. Man darf gespannt sein, was an den Märkten in einem Jahr los sein wird, wenn das Anleiheprogramm zu Ende ist und erste Zinserhöhungen ins Haus stehen. Die Latte liegt jedenfalls hoch.
Stolperstein Handelskrieg
Mögliche Stolpersteine, die für den herkömmlichen Anleger Verluste bringen könnten, gibt es freilich auch jenseits des Atlantiks. Von einem Handelskrieg über Nordkorea bis hin zu hoch bewerteten Technologieaktien, die für die nächste empfindliche Korrektur sorgen könnten. Die Gefahr eines Fehlers der Notenbank ist aber geringer als in Europa. Wer sein Geld ausschließlich im Euroraum anlegt, hängt sehr stark von der bislang nicht zu erken- nenden ExitStrategie der EZB ab. Wer in den USA investiert, setzt sich eher einem politischen Risiko aus. Ein Dilemma. Wiewohl: Wenn die USA abstürzen, leidet auch der Euroraum. Wenn die EZB einen Fehler macht, könnten die USA trotzdem verhältnismäßig unbeschadet über die Runden kommen.
Wechselkursrisiko droht
Bleibt freilich noch das Wechselkursrisiko, und das ist nicht zu unterschätzen. Gelingt der EZB ein relativ zeitnahes und unkompliziertes Anziehen der geldpolitischen Hebel, könnte der Euro an Wert gewinnen.
Für europäische Investoren in den USA würde das einen Wechselkursverlust bedeuten, der etwa die höheren Zinsen bei Staatsanleihen schnell wieder auffressen kann. Die Zeiten waren schon einmal hoffnungsfroher.