Die Presse

Wie die Regierung das AMS umbaut

Arbeitsmar­ktservice. Nach der Aufregung um einen Bericht zu Integratio­nsprobleme­n bestellt Kanzler Sebastian Kurz AMS-Chef Johannes Kopf zu sich. Offiziell geht es bei dem Treffen nur um Inhaltlich­es.

- VON JEANNINE BINDER

Beim Arbeitsmar­ktservice wird sich einiges ändern – das AMS werde reformiert, kündigte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) am Samstag an. Nach Ostern wird es ein Treffen der Regierungs­spitze mit AMSVorstan­d Johannes Kopf geben. Offiziell soll es dabei nur um Inhaltlich­es gehen – etwa darum, wie man das AMS beim Thema Zuwanderun­g besser aufstellen kann. Aus Regierungs­kreisen ist aber zu hören, dass vor allem die FPÖ mit Kopf unzufriede­n ist.

Im AMS müsse sich „dringend etwas ändern“, sagte Kurz im ORF-Radio. Er will eine „Taskforce“zur AMS-Reform einsetzen, bestehend aus den Regierungs­koordinato­ren Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer, Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (beide FPÖ), Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck und Finanzmini­ster Hartwig Löger (beide ÖVP). Sie sollen die AMS-Schulungen auf ihre Effizienz überprüfen. Im AMS sei man noch nicht auf die Herausford­erungen eingestell­t, die die Zuwanderun­g mit sich bringe, so Kurz.

Er reagierte damit auf einen AMS-internen Revisionsb­ericht, aus dem „Die Presse“vergangene­n Dienstag zitiert hat: Demnach gibt es Mängel bei der Integratio­n Arbeitslos­er mit nicht deutscher Mutterspra­che. Ihr Anteil liegt in Wien bei 61 Prozent. Mitarbeite­r berichtete­n in dem Dossier etwa, dass Tschetsche­nen überdurchs­chnittlich oft ge- waltbereit seien und die Vermittlun­g von Syrern und Afghanen schwierig sei, weil der Serviceged­anke abgelehnt werde. AMS-Chef Johannes Kopf betonte, er habe den Revisionsb­ericht selbst in Auftrag gegeben und sprach von Einzelbeob­achtungen.

Kopf ist derzeit auf Urlaub und unterzieht sich danach einer schon länger geplanten Knieoperat­ion, teilte er auf Twitter mit. Seine Rückkehr ist für 9. April geplant.

AMS-Budgetbesc­hluss am Dienstag

Kopf gilt als ausgewiese­ner Arbeitsmar­ktexperte, war aber nicht immer auf Linie mit dem jetzigen Bundeskanz­ler. In die Kritik geriet er etwa 2016, als er eine AMS-Befragung präsentier­te, laut der Flüchtling­e aus vielen Ländern im Schnitt besser ausgebilde­t seien als Österreich­er. Der Test basierte auf Angaben der Flüchtling­e, die nicht überprüft wurden. 2015 kritisiert­e Kurz das AMS, weil die Kompetenzc­hecks in Wien zum Teil nach Geschlecht­ern getrennt abgehalten wurden.

Die Verträge der AMS-Vorstände Johannes Kopf und Herbert Buchinger liefen ursprüngli­ch bis Ende Juni 2018. Im Oktober wurden sie vorzeitig für weitere sechs Jahre verlängert. Allerdings unter anderen politische­n Vorzeichen: Damals regierte noch eine Koalition aus SPÖ und ÖVP. Kopf wird der schwarzen, Buchinger der roten Reichshälf­te zugeordnet.

Zuletzt hat Kopf die geplanten Einschnitt­e beim Integratio­nsbudget als falsch bezeichnet. Wie berichtet, halbiert TürkisBlau die Mittel für das Integratio­nsjahr von 100 auf 50 Millionen Euro. In Summe kürzt die Regierung das AMS-Budget um 600 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings vor allem wegen der Aussetzung der Aktion 20.000 für Langzeitar­beitslose. Am morgigen Dienstag entscheide­t der AMSVerwalt­ungsrat, wie das gekürzte Förderbudg­et eingesetzt wird. Spätestens da werde man sich zu den Reformplän­en äußern, so eine AMS-Sprecherin.

Sozialpart­ner bangen um Einfluss

Im Regierungs­programm ist der „Neuausrich­tung des derzeitige­n Arbeitsmar­ktservice“ein eigenes Kapitel gewidmet. ÖVP und FPÖ stellen die „Steuerung durch Ministerie­n und Sozialpart­ner“infrage. Derzeit bestimmen die Sozialpart­ner über den Verwaltung­srat, das oberste Gremium des AMS, die Arbeitsmar­ktpolitik wesentlich mit. Der Gewerkscha­ftsbund fürchtet dessen Abschaffun­g und bangt um seinen Einfluss. Mit so einem Umbau würde sich die Regierung mehr Einfluss im AMS verschaffe­n.

Geplant ist auch, die überbetrie­bliche Lehre zurückzufa­hren. Das AMS schafft um 150 Millionen Euro pro Jahr Lehrstelle­n für Jugendlich­e, die keinen Ausbildung­splatz finden. Das Geld soll stärker zu den Betrieben umgeschich­tet werden. Bis Jahresende sollen die Vorschläge für die Reform des Arbeitslos­engelds auf dem Tisch liegen.

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