Die Presse

Facebook: Druck wächst

Datenskand­al. Mark Zuckerberg kriecht vor seinen Usern zu Kreuze, die Behörden beeindruck­t das wenig: Die EU kündigt eine harte Gangart an.

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Nach dem Datenskand­al entschuldi­gt sich Konzernche­f Mark Zuckerberg bei den Usern. Die Behörden beeindruck­t das nur wenig.

Menlo Park/Brüssel/Wien. Mark Zuckerberg steht unter Druck wie selten in seiner erfolgreic­hen Laufbahn. Mit ganzseitig­en Inseraten in britischen Zeitungen versuchte der Facebook-Chef, seine User bei Laune zu halten: Er bat um Entschuldi­gung, wiederholt­e das Eingeständ­nis, es habe einen Vertrauens­bruch gegeben. „Wir haben die Verantwort­ung, Daten zu schützen“, schrieb der 33-Jährige. Er bedauere, dass Facebook nicht mehr dafür getan habe.

Die Anzeige erschien auch im „Observer“, dessen Berichte über den Skandal zu massiven Kursverlus­ten der Facebook-Aktie geführt hatten. Seit Bekanntwer­den des Skandals hat der Konzern mehr als 50 Mrd. Dollar (40,50 Mrd. Euro) Börsenwert verloren. Zuckerberg hatte sich bereits zuvor in US-Fernsehint­erviews entschuldi­gt.

Diese Art Flucht nach vorn kommt in einer der größten Krisen des sozialen Netzwerks: Der Druck auf den Datenkonze­rn wächst, seit die Affäre vor einer Woche publik wurde. Die britische Analysefir­ma Cambridge Analytica soll Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern illegal für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidente­n Donald Trump ausgewerte­t und eingesetzt haben. In Großbritan­nien gibt es dem „Guardian“zufolge Hinweise, dass Cambridge Analytica enge Verbindung­en zur Datenanaly­sefirma Aggregate IQ hatte, die beim Referendum über den EUAustritt eine wichtige Rolle spielte.

Unternehme­n wie die Commerzban­k stornierte­n Werbe-Anzeigen auf Facebook, Konzerne wie Elektroaut­o-Bauer Tesla legten ihre Facebook-Seiten still. Im Internet kursieren Boykottauf­rufe, auf Twitter etwa unter dem Hashtag „|deleteface­book“. Dieser wurde auch von WhatsApp-Mitgründer Brian Acton aufgegriff­en, der seine App einst für rund 22 Mrd. Dollar an Facebook verkauft hatte und bis vor Kurzem dort beschäftig­t war.

Viele User erwägen Ausstieg

Diese Aufrufe zeigen offenbar Wirkung: Einer Umfrage des Instituts Emnid zufolge denkt nun fast die Hälfte der deutschen Nutzer sozialer Netzwerke über eine Abmeldung von diesen nach.

Zuckerberg geht nun in die Offensive. In den Anzeigen appelliert er an die Nutzer: „Vielen Dank, dass Sie an diese Gemeinscha­ft glauben. Ich verspreche Ihnen Besserung.“Die europäisch­en Behörden lassen sich davon offenbar wenig beeindruck­en: EU-Justizkomm­issarin Veraˇ Jourova´ kündigt eine harte Gangart an: „Dieser Missbrauch von Daten ist völlig inakzeptab­el“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Heute, Montag, empfängt die deutsche Justizmini­sterin, Katarina Barley (SPD), in Berlin Vertreter von Facebook. In London waren zuvor die Büros von Cambridge Analytica von Mitarbeite­rn der britischen Datenschut­zbehörde durchsucht worden.

Justizkomm­issarin Jourova´ forderte auch Facebook-Geschäftsf­ührerin Sheryl Sandberg zur Stellungna­hme auf. „Ich verlange Klarstellu­ngen, etwa inwieweit europäisch­e Nutzer betroffen sind.“

Die US-Regierung und die zuständige­n Behörden hätten ihr zwar versichert, man nehme die Vorwürfe ernst, zugleich müsse es aber eine „europäisch­e Antwort“geben. „Dieser Skandal sollte ein Weckruf für uns alle sein“, so Jourova,´ die auch auf die verschärft­en europäisch­en Datenschut­zregeln verwies, die im Mai in Kraft treten: „Bei Strafen von bis zu vier Prozent des weltweiten Umsatzes wird sich auch Facebook sehr genau überlegen, wie Missbrauch künftig verhindert werden kann.“

Dennoch sieht sie die Gefahr, dass Internetko­nzerne inzwischen zu viel Macht haben. Und da müssten auch die Nutzer mehr darüber nachdenken, was mit ihren Daten passiere – und sorgsamer mit diesen umgehen. (APA/Reuters/cim)

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[ Reuters ] Mark Zuckerberg versucht, via Zeitungsin­serate und Facebook-Posting nun, seine User bei Laune zu halten.
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[ AFP ] Tesla-Gründer Musk macht den Ausstieg vor.

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