Die Presse

Bund und Länder ringen um Geld für Pflege

Budget. Die Abschaffun­g des Pflegeregr­ess muss finanziert werden. Länder und Gemeinden fordern 650 Millionen Euro. Finanzmini­ster Hartwig Löger beharrt jedoch auf den budgetiert­en 100 Millionen Euro.

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Der Pflegeregr­ess wurde noch unter Rot-Schwarz abgeschaff­t – wer aber die dadurch entstehend­en Kosten übernehmen soll und wie hoch diese sein werden, ist heute allerdings genauso unklar wie damals. Der Beschluss wurde bereits Anfang Juli 2017 gefasst.

Finanzmini­ster Hartwig Löger ( ÖVP) bleibt jedenfalls bei seinen 100 Millionen Euro, die er für die Finanzieru­ng budgetiert hat, und lässt sich von den Forderunge­n der Länder und Gemeinden nicht beeindruck­en, wie er auch am Sonntag in der ORFPresses­tunde betonte. Diese fordern immerhin 500 bis 650 Millionen Euro. Schließlic­h steige der Bedarf an Heimbetten kräftig, seit man nicht mehr auf das Vermögen von Pflegebedü­rftigen zugreifen darf. „Wer anschafft, zahlt“, richtet etwa Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP) dem Finanzmini­ster aus. Nötigenfal­ls will er sogar vor das Höchstgeri­cht ziehen.

Löger versuchte in den vergangene­n Tagen zu kalmieren. Bis Ende April will er Daten sammeln und in Verhandlun­gen mit den Bundesländ­ern treten. Im Juni soll es dann eine „Kostenwahr­heit“geben. Aber: „Wir orientiere­n uns bei unseren Kalkulatio­nen an der Nachfrage des letzten Jahres, nicht nach künftigem Bedarf“, hieß es aus dem Finanzmini­sterium.

Löger bezeichnet­e die Ausprägung der Abschaffun­g des Pflegregre­sses in einem „Presse“-Interview als „hinterfrag­enswert“. „Am Ende wird es wie bei den Pensionen auch bei der Pflege notwendig sein, über das staatliche Finanzieru­ngssystem hinaus Maßnahmen zu setzen.“Am Sonntag versichert­e er, den abgeschaff­ten Pflegeregr­ess nicht wieder einführen zu wollen – es brauche aber eine Pflegerefo­rm mit Stärkung der privaten Betreuung. Auch die FPÖ will die Pflege zu Hause attraktivi­eren, um den Zustrom in die Pflegeheim­e einzudämme­n.

„Es ist ein Faktum, dass die 100 Millionen Euro nicht ausreichen. Die Regierung steht vor den Scherben ihres Wahlzucker­ls“, kritisiert­e Neos-Sozialspre­cher Gerald Loacker. Es brauche ein Umdenken weg von der teuren Pflege in Bettenburg­en hin zu einer mobilen und kleinglied­rig organisier­ten Pflege in den vier Wänden.

Die SPÖ forderte in der Debatte einmal mehr die Einführung der Erbschafts­steuer für „Superreich­e“. Mit den Einnahmen daraus sollen die Abschaffun­g des Pflegeregr­esses, aber auch steigende Kosten für mobile Pflege gedeckt werden. Zusätzlich könnte eine Milliarde bis 2021 in Pflegeberu­fe investiert werden.

Volksanwal­t will weitere Reformen

Zu Wort meldete sich am Sonntag auch der Volksanwal­t Günther Kräuter (SPÖ). Er will eine Verbesseru­ng der 24-Stunden-Betreuung. „Die Abschaffun­g des Regresses gilt nur für Pflegeheim­e, bei der 24-Stunden-Betreuung gelten je nach Bundesland andere Regeln.“Das sei Mitgrund, warum der Zustrom zu Pflegeheim­en enorm sei. Er erneuerte außerdem seine Forderung, die Mittel des Pflegefond­s an Qualitätsk­riterien zu binden.

Kräuter warnte außerdem davor, „dass seitens der Bundesregi­erung die Folgen der Indexierun­g von Familienle­istungen für ausländisc­he Pflegerinn­en unterschät­zt werden und „tausende Pflegekräf­te mit einem Schlag“wegbleiben könnten. (ath)

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