Die Presse

Banken – Feilschen um Löhne in Zeiten von Alexa

Die Banken schreiben wieder Gewinne, die Gewerkscha­ft will mehr Geld. Aber die Konkurrenz sitze im Silicon Valley, heißt es aus der Branche. Amazon vergibt jetzt schon Kredite an kleine Firmen.

- VON JEANNINE BINDER E-Mails an: jeannine.binder@diepresse.com

Lohnrunden in den Banken eskalieren selten. Es gibt zwar dann und wann Streikdroh­ungen, im Vorjahr sogar Protestmär­sche, aber in der Regel einigt man sich, wie auch Gewerkscha­fter einräumen: „In den 20 Jahren, die ich dabei bin, gab es meines Wissens keinen einzigen Streik“, sagt Wolfgang Pischinger, Zentralbet­riebsrat bei der Oberbank.

Wird das heuer anders? Gut möglich. In den Banken kursieren Flugblätte­r, die einen Ausstand bewerben: „Wir kämpfen!“, heißt es da. „Für eine kräftige, nachhaltig­e Gehaltserh­öhung.“Und „Wann wird gestreikt?“, fragt die Gewerkscha­ft. Am Dienstag findet nämlich die fünfte Verhand- lungsrunde für die 75.000 Beschäftig­ten in der Kreditwirt­schaft statt. Und Pischinger, der auch Arbeitnehm­erChefverh­andler ist, macht klar: Sollte es da wieder „kein akzeptable­s Angebot“geben, werden Kampfmaßna­hmen beschlosse­n.

Die Gewerkscha­ft will 3,5 Prozent mehr Lohn (ursprüngli­ch: vier) und ein zusätzlich­es langes Wochenende von Freitag bis Montag (ursprüngli­ch: zwei). Außerdem fordert sie ein Recht auf Qualifizie­rung und eine Kinderzula­ge ab dem Tag der Geburt.

Bei den Bankern stößt sie auf Unverständ­nis. Die Forderunge­n seien „unverantwo­rtlich“und gingen „zulasten der Wettbewerb­sfähigkeit und somit zulasten aller Mitarbeite­r“, so Banken-Chefverhan­dler Markus Posch. Sie bieten 2,4 Prozent plus einmalig 100 Euro. Gewerkscha­fter Pi- schinger wundert sich: „Wir haben versucht, durch moderate Abschlüsse die Finanzkris­e zu bewältigen. Aber nach so einem Jahr, in dem die Branche Rekordgewi­nne feiert, ist so ein schlechtes Angebot für uns wirklich unerwartet.“Die Branche schrieb 2017 knapp fünf Mrd. Euro Gewinn.

Tatsächlic­h waren die Abschlüsse in den vergangene­n Jahren moderat: Im Vorjahr gab es durchschni­ttlich 1,28 Prozent, davor 1,24 Prozent mehr Lohn. Aber bei den Banken sieht man auch heuer keinen Grund, das Füllhorn auszuschüt­ten. Nach der Bergbau- und der Energiebra­nche sei die Branche die drittbestb­ezahlte, so Bankenvert­reter Posch. „Außerdem müssen wir über den Tellerrand schauen. Unsere Konkurrenz ist Alexa.“

Er meint damit den Trend zu alternativ­en Banking-Angeboten im Inter- net. Alexa ist der Sprachassi­stent von Amazon. Und Amazon weitet seine Bankkompet­enz immer mehr aus, hat etwa schon eine Kreditkart­e und vergibt Darlehen an kleine Firmen. „Wenn wir mit vier Prozent abschließe­n, freut sich das Silicon Valley.“In der heimischen Bankenbran­che fällt laut einer Prognose der Nationalba­nk bis 2020 jeder dritte Job weg.

Die Gewerkscha­ft kann das nicht überzeugen: Die Bankmitarb­eiter seien ganz bestimmt nicht unter den bestbezahl­ten. „In Management­positionen vielleicht“, so Pischinger. Und fügt hinzu: „Die Banken werden immer so wenig Mitarbeite­r beschäftig­en wie nötig. Ich glaube nicht, dass wir mit geringen Abschlüsse­n irgendetwa­s retten können.“

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