Hauspreise ließen Teuerung wohl höher ausfallen
Inflation. Ökonomen haben eine Methode entwickelt, um eigentümergenutzte Häuser im Verbraucherpreisindex zu berücksichtigen.
Die österreichische Inflationsrate im Februar betrug nach Berechnungen der Statistik Austria 1,8 Prozent. Für die Eurozone errechnete Eurostat einen Wert von 1,3 Prozent. Das liegt weit unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp unter zwei Prozent, womit kein Druck entsteht, die Zinsen anzuheben.
Nach der Finanzkrise haben die weltweiten Zentralbanken begonnen, die Märkte mit Geld zu fluten. Sie kauften Anleihen, drückten deren Renditen und veranlassten die Investoren, auf Aktien, Immobilien, Kryptowährungen und andere Vermögenswerte auszuweichen und dort ebenfalls die Preise hochzutreiben. „Asset Inflation“heißt das Phänomen – Vermögenswertinflation.
Auf die Verbraucherpreise, die etwa als Basis für Mieterhöhungen oder Versicherungsprämienanpassungen herangezogen werden und auch ein Kriterium bei Lohnverhandlungen sind, scheint die Geldschwemme bis dato kaum Auswirkungen zu haben. Bedeutet das, dass der Durchschnittsver- braucher von der „Asset Inflation“gar nichts zu spüren bekommt?
Nicht ganz. Denn wer sich ein Haus oder eine Wohnung zulegen will, muss tiefer in die Tasche greifen als vor einigen Jahren. So weist der Häuserpreisindex (HPI) der Statistik Austria zwischen 2010 und 2016 für Österreich einen Anstieg von 41 Prozent aus. Im Verbraucherpreisindex sind derzeit aber nur die Wohnungsmieten, nicht aber die Kosten für Wohnungen und Häuser erfasst, auch dann nicht, wenn sie vom Eigentümer selbst genutzt werden – wenn es sich also nicht um Geldanlage, sondern um Konsum handelt.
Seit Jahren gibt es Überlegungen seitens der europäischen Statistikbehörde Eurostat, die Kosten für eigentümergenutzte Immobilien in den Verbraucherpreisindex aufzunehmen, um ein genaueres Bild der Verbraucherinflation zu erhalten. Berechnungsmethoden gibt es dafür mehrere, sie alle haben aber ihre Tücken. Eine Methode sieht vor, eine fiktive Miete für Eigentümer zu berechnen. Mit dieser Methode ist es aber schwer, etwaige Immobilienblasen zu erkennen, bei denen die Kaufpreise den Mieten davonlaufen. In Ländern mit hohem Eigentümeranteil (in Rumänien liegt dieser bei 97 Prozent) oder stark regulierten Mietmärkten wie Österreich ist die Methode zudem ungeeignet, die tatsächlichen Wohnungskosten zu erfassen.
Sofie Waltl vom Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER) verweist auf die heterogenen Immobilienmärkte in der EU, mit großen Mieteranteilen im deutschsprachigen Raum und sehr hohen Eigentümeranteilen in Süd- und Osteuropa.
Eine andere Methode berücksichtigt die Preise für neue Wohnungen und Häuser, nicht aber die Kosten für Grund und Boden und auch nicht die Preise für bestehende Immobilien, die von Haushalt zu Haushalt verkauft werden. Das Problem dabei: Gerade die Kosten für den Grund haben oft einen hohen Einfluss auf Preissteigerungen bei Immobilien. Sofie Waltl und die Grazer Ökonomen Robert Hill und Miriam Steurer haben eine Methode entwickelt, um diesen Problemen Herr zu werden.
Ihre Nutzerkosten-Methode berücksichtigt neben dem Kaufpreis von Immobilien (nur für den Eigennutz) auch Kreditkosten, Reparaturkosten, Abschreibungen, aber auch Opportunitätskosten (wer Geld für eine Immobilie ausgibt, kann dieses nicht für andere Güter oder Dienstleistungen ausgeben). Die Methode kann in allen EuroLändern angewandt werden.
Würde man diese Methode anwenden, hätte das großen Einfluss auf den Verbraucherpreisindex. Basierend auf Daten aus der australischen Metropole Sydney wäre die jährliche Inflationsrate in den letzten Jahren um 0,5 Prozentpunkte höher gewesen, stellt Waltl fest. Allerdings hätten die eigentümergenutzten Häuser in Sydney eine Gewichtung von 30 Prozent im Verbraucherpreisindex. „Da in Österreich die Eigentumsquote niedriger ist, wäre wohl das Gewicht etwas niedriger.“
Dennoch: Die neue Berechnung würde derzeit wohl zu einer höheren Inflationsrate führen. „Da wir uns gerade in einer Boomphase befinden, hätte unsere Korrektur den Effekt, dass die Inflationsrate tatsächlich höher wäre. In einer Zeit, wenn Immobilienpreise sinken, wäre die Inflation allerdings auch niedriger“, erklärt Waltl. Doch möglicherweise würde auch die EZB bei Einführung einer neuen Berechnungsmethode ihr Inflationsziel evaluieren und eventuell anpassen.